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Morgen würde ich den Test schreiben, der entschied, ob ich weiterhin auf die Bahn dürfte oder nicht. Nina half mir heute noch einmal beim lernen. Sie erklärte mir das jetzt schon zum dritten Mal, aber ich verstand immer noch nur Bahnhof. Außerdem schweiften meine Gedanken immer wieder ab. Würde Matteo wirklich mit Amber reden?

"Luna?", Nina fuchtelte mit ihrer Hand vor meinen Gesicht herum.  "Hallo? Wenn du mir nicht zuhörst, wirst du das nie verstehen"
"Ach Nina", seufzte ich entmutigt. "Ich kann mich einfach nicht konzentrieren. "

Einen Moment sah mich Nina mitleidig an, dann schaute sie zu ihrem Handy, da dies klingelte.

"Deine Mama?", fragte ich. Wahrscheinlich machte sie sich wieder Sorgen. Ihre Mama neigte dazu.

Nina sah auf ihr Display und schüttelte den Kopf. "Nein, das war nur eine Nachricht, dass es auf Fab & Chic ein neues Video gibt"

"Zeig Mal", sagte ich und rückte zu ihr rüber. Nina klickte das Video an.
Erst hörte man nur Delfis Stimme aus dem Off, das bald wieder ein Open Music wäre, doch dann sah man jemand anderen. Sie sagte, jetzt käme eine Kostprobe, was die Zuschauer alles erwarten würde. Es war Simon. Es saß mit seiner Gitarre auf der Bühne des Jam & Rollers und spielte eine Melodie. Eine Melodie, die mir schon gestern sehr bekannt vorkam. Ich wusste, was Folgen würde.
Ich selber lief in das Bild herein und legte meine Hand auf Simons Schulter, während ich die ersten Zeilen von 'Eres' sang.
Nina verkrampfte sich. Sie hatte gecheckt, wann diese Aufnahme entstanden war und mit was sie Enden würde.
"Sie hat es aufgenommen", hauchte sie. Ich erinnerte mich daran, wie Delfi ganz vertieft auf ihr Tablet gestarrt hatte, als wir sangen. Jetzt machte es auf einmal einen Sinn.
"Das ist eine absolute Katastrophe", flüsterte Nina panisch, als auch sie im Video auftauchte. "Sie haben ins Internet gestellt, wie ich singe"

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Eine Dreiviertelstunde hatte ich gebraucht, um Nina zu beruhigen. 45 Minuten hatte ich auf sie eingeredet, dass alles halb so schlimm wäre, doch Nina wollte das nicht wahr haben. Ganz verzweifelt hatte sie mir gesagt, dass sie jetzt lieber nach Hause gehen würde. Ich ließ sie gehen.
Jetzt saß ich wieder an meinen Aufgaben und versuchte es ein weiteres Mal.
"Lieferfee", sagte Matteo auf einmal und setzte sich neben mich.
"Matteo, ich hab dir gesagt ..."
"Amber ist nicht hier", unterbrach er mich sofort. "Also bleib ruhig und lauf nicht wieder weg"
Ich lachte leise. "Amber hat nichts damit zu tun", sagte ich. Er sollte nicht glauben, dass es an seiner Freundin lag. Er sollte sich nicht mit ihr streiten. Nicht meinetwegen. Aber wahrscheinlich wusste es Matteo so wieso schon besser.
"Na dann", sagte er nur und grinste. "hast du erst Recht keinen Grund abzuhauen"
Ich stöhnte. Ich würde ihn wohl nie überzeugen können, mich in Ruhe zu lassen. Und ganz tief im Inneren wusste ich vielleicht auch, dass ich das gar nicht wollte, dass ich seine Nähe mochte und es gern hatte, wie er alles verstand ohne das ich es ihm überhaupt erzählt hatte. Aber mein Stolz war zu groß, um es mir einzugestehen. Er würde wohl immer nur der Snob sein.
"Weißt du, was mit Nina los ist? Sie sah ganz schön mitgenommen aus", fragte Matteo.
"Delfi hat auf Fab & Chic ein Video von Nina, mir und Simon hochgeladen", begann ich zu erklären und dachte gar nicht daran, dass Nina das vielleicht gar nicht wollte. "Sie hat gefilmt, wie wir gestern gesungen haben", antwortete ich.
"Aber wo liegt das Problem?"
"Nina denkt, es lachen sie alle aus deswegen.", sagte ich. "Sie ist schüchtern. Das weißt du ja selber"
"Mh", meinte Matteo und überlegte. "Ich rede mal mit Amber. Sie kann Delfi bestimmt überzeugen, das Video zu löschen"

Ich nickte nur und widmete mich wieder meinen Aufgaben.

•••••••••••••••••••

Die Blicke des Lehrers klebten auf mir. Er hatte mich eben schon ermahnt, aber auf Ninas Blatt zu schauen, war so verlockend gewesen. Verzweifelt starrte ich auf mein eigenes. Ich las mir die Aufgaben immer und immer wieder durch, aber ich wusste nicht wirklich, was die Antwort war. Ich hätte mehr lernen müssen. Das wurde mir jetzt klar. Jede Kleinigkeit hatte mich abgelenkt und das hier war das Resultat. Ich wusste keine einzige Antwort. Mama würde mir verbieten auf die Bahn zu gehen, wenn ich nicht bestand. Also versuchte ich mein Bestes und schrieb jede kleine Information, die mir einfiel, in irgendwelche Aufgaben. Es war besser als gar nichts zu schreiben. Das sagte Nina auch immer.

Als die anderen Schüler begannen ihreTests abzugeben, wurde immer nervöser und meine Hände fingen an zu zittern. Das konnte doch nicht wahr sein! Ich durfte nicht durchfallen!
"Valente? Die Zeit ist um", streng sah der Lehrer zu mir herüber. Ich war tatsächlich die letzte.
Ich hatte kein Wahl. Also stand ich auf und gab den Test ab.
Mit einem Seufzen ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen. Nina sah mich von der Seite an. Ihr Blick sagte alles. Hoffnungslos stützte ich meinen Kopf auf den Armen.
Das war's dann wohl!

•••••••••••••••••

Ein weiterer Tag war vergangen. Ich war im Jam & Roller und holte mir meine Skates aus dem Spind. Dann schloss ich ihn wieder ab und drehte mich um. Amber kam mir entgegen. Ich wollte ihr gerade 'Hallo' sagen, da bemerkte ich, wie wütend sie aussah. Oh je, dachte ich. Das könnte ja heiter werden!
Kaum war sie vor mir, riss sie mir die Skates aus der Hand und warf sie hinter sich.
Schockiert starrte ich sie an. Was sollte das denn jetzt?
"Amber", sagte ich entrüstet. "Was ist los? Warum wirfst du meine Skates weg?"
"Was los ist?", bedrohlich kam sie mir näher. Die Wut stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ich verkrampfte mich und unsicher trat ich einen Schritt nach hinten. Das konnte nichts Gutes heißen. "Was fällt dir eigentlich ein, dich an meinen Freund ranzumachen?", schrie sie. "Wie kannst du, gerade du, es wagen?"
Erstaunt und total verwirrt zugleich sah ich sie an. "Amber, ich weiß nicht, was los ist.", verteidigte ich mich. "Ich schwöre es"
"Es reicht", schnaubte sie hasserfüllt und warf sich ihre Haare aus dem Gesicht. "Luna, es reicht"
"Kannst du mir ...", begann ich. Ich wollte doch nur wissen, was los war. Warum sollte ich ihr Matteo weggenommen haben? Ich verstand gar nichts mehr. War irgendetwas vorgefallen, das ich nicht mitbekommen hatte?
"Nein", unterbrach sie mich zornig. "Es reicht mir"
Ein paar Sekunden starrte sie mich einfach nur an und ich wusste nicht, ob die Stille oder ihr Geschrei schlimmer war. Ich traute mich nicht, ein Wort zu sagen. Lieber wartete ich auf ihre Reaktion.
Und plötzlich sah ich da dieses Funkeln in ihren Augen. Dieses bösartige Funkeln vor dem ich mich immer fürchtete und etwas in mir zog sich zusammen. Was hatte sie vor?!
"Gib es mir", sagte Amber todernst und total verbittert. "Gib mir deine Kette"
Mein Mund klappte auf und meine Kehle schürte sich zu.
"Du willst mein Medaillon?"

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