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Am nächsten morgen beeilte ich mich beim Frühstücken, denn ich wollte dringend nach Hause und mich endlich ausruhen. Ich hatte kaum geschlafen und Appetit hatte ich eigentlich auch nicht, aber Ninas Mutter zu Liebe aß ich doch eine von den Waffeln, die sie gemacht hatte und trank einen heißen Kakao. Erst stocherte ich nur lustlos auf meinem Teller herum und beobachtete Nina belustigt dabei, wie sie eine Waffel nach der anderen mit Sirup bestrich und in ihren Mund schob, aber irgendwann probierte ich dann doch mal. Ich hatte es nicht bereut, denn der süße Teig schmeckte köstlich und der Kakao machte mich jedenfalls ein bisschen wacher. Aber das leckere Essen hielt mich dennoch nicht davon ab, an Matteo zu denken. An sein wunderschönes Lächeln und diese... Nein! Solche Gedanken verdiente Matteo nicht. Er verdiente gar nichts mehr. Nicht Mal ein einziges Wort von mir. Nicht Mal einen Atemzug.

Warum hatte ich nicht gemerkt, dass er mich manipuliert hatte? Warum hatte es mich nicht gewundert, dass er auf einmal so nett zu mir war? Ich seufzte niedergeschlagen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Matteo hatte mich gekränkt. Sogar mehr als es gut war. Ich wollte dieses dumme Spiel nicht länger mitspielen. Ich wollte keine Spielfigur sein, keine Marionette. Und ich war mir sicher, Simon wollte das auch nicht.

Nach dem Frühstück ging ich kurz Duschen. Kaltes Wasser prasselte auf meine Haut und als ich meine Haare mit Ninas Shampoo einrieb, verbreitete sich der Geruch von Rosen. Einen kleinen Moment gönnte ich mir dann doch noch und stellte das Wasser heiß, aber das führte nur dazu, dass ich an Matteo denken musste und als ich auch nach an fing zu weinen, drehte ich augenblicklich den Wasserhahn zu und verließ die Dusche. Ich wischte einmal seufzend über den beschlagenen Spiegel und blickte in das Gesicht des Mädchens, das ich dort sah. Für einen Moment fühlte ich mich nicht wie Luna. Die einzige, die ich dort sah, war Sol. Ihre funkelnden grünen Augen, die mich in den Bann rissen, starrten mich argwöhnlich an. Langsam formte sie ein paar Worte mit ihren Lippen. Im Lippenlesen war ich noch nie gut gewesen, aber das brauchte ich auch gar nicht. Ich wusste so wieso schon, was sie mir sagen wollte, denn seit letzter Nacht gingen die Worte mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Daher drehte ich mich weg und griff zum Föhn. Der Föhn war laut, das stand außer Frage, aber die Worte, die in meinem Kopf hallten, konnte dieser Lärm dennoch nicht übertönen.

"Sieh hinter dich", schrie Sol immer und immer wieder. Frustiert rieb ich meine Fingerknöchel, bis sie anfingen zu knacken. Was wollte mir Sol bloß damit sagen? Wovor wollte sie mich warnen?

Ich beeilte mich beim Anziehen und als ich dann fertig war, nahm ich meine Roller-skates, den Helm und die Schützer und ging zur Tür.

"Luna?", rief mich Nina zurück.

Ich drehte mich um und sah sie fragend an.

"Wenn es dir nicht gut geht, kannst du immer zu mir kommen und mit mir reden. Das weißt du oder?", murmelte Nina und spielte unsicher mit einer Haarsträhne.

Ich lächelte schwach. "Ich weiß. Ich kann dir vertrauen und du, Nina, kannst übrigens auch immer zu mir kommen"

"Keine Lügen", flüsterte Nina entschlossen.

"Keine Lügen mehr", antwortete ich.

Einen Moment starrten wir uns einfach nur an. Ich kaute nachdenklich auf meiner Lippe herum. Da war noch etwas, dass sie wissen sollte.

"Also, du weißt ja, dass Matteo und Ambar denken, dass du in Gaston verliebt bist", begann ich.

Nina nickte und verdrehte dann die Augen. "Ja, das hast du mir vor einer Weile schon erzählt. Völliger Schwachsinn."

"Also, bevor ich das jetzt sage, musst du mir erst versprechen, dass du nicht sauer auf mich bist."

"Spucks einfach aus Luna", sagte Nina auf einmal misstrauisch und sah mich prüfend an.

"Ich gebe zu, ich weiß das jetzt schon eine ganze Zeit", gestand ich nervös. "Ich habe damals gehört, wie Matteo auch Gaston davon erzählt hat. Er weiß es auch. Sie alle denken, dass du in Gaston verliebt bist." Ich schluckte. "Ich wollte dir das schon viel früher erzählen, aber du sahst immer so traurig aus und da wollte ich dich nicht noch mehr belasten"

Nina schwieg.

"Nina?", entschuldigte ich mich zerknirscht. "Ernsthaft, es tut mir leid"

"Ist das alles?", fragte sie leise und zog die Augenbrauen hoch.

Verwirrt legte ich meine Stirn in Falten. Was? "Wie meinst du das?"

"Ich möchte wissen, ob das alles ist."

In meinem Kopf ratterte es. Worauf wolle sie hinaus? "Mh...", machte ich. "Ja?"

Nina schnaubte. "Na, dann ist es egal. Ich hab mir das eh schon gedacht. Manchmal macht Gaston so seltsame Andeutungen und ich bin ja nicht dumm. Es hat nicht lange gedauerd, bis ich darauf gekommen bin, dass er auch denkt, ich steh auf ihn."

Ich lächelte erleichtert. "Du bist die Beste, Nina. Ehrlich"

Schwach lächelte sie mich an und für einen Moment bildete ich mir ein, Traurigkeit in ihren Augen aufblitzen zu sehen, aber dieser Funken war so schnell verschwunden, dass ich mich zu fragen begann, ob ich mir das vielleicht nur eingebildete hatte.

Mit einem Seufzen drehte ich mich um und öffnete die Tür.

"Es tut mir auch leid, Luna", murmelte Nina so leise, das ich es fast nicht verstand. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch und ich war mir sicher, dass sie davon ausging, dass ich sie nicht hörte. "All die-"

Nina entfernte sich wohl, denn sie war immer leiser geworden und ich konnte sie nicht mehr verstehen. Ich wusste nicht, wofür sie sich entschuldigte, aber das war mir in diesem Moment auch nicht wichtig.

Ich schloss die Tür hinter mir und fuhr los. Der Wind wehte durch meine Haare, als ich um die Ecken bog.

Das einzige, was zählte war: Keine Lügen mehr.

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Ich wünsch euch noch einen schönen Abend❤️

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