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Die letzten Meter auf dem Heimweg ließ ich mir besonders Zeit. Ich wollte gar nicht wissen, ob meine Lehrerin schon bei Mama angerufen hatte. Aber mit jeden Schritt, den ich noch ein bisschen langsamer ging, wurde mir bewusst, dass das Herauszögern im Endeffekt gar nichts brachte.
Seufzend öffnete ich die Haustür.

Ich hatte mich mental schon auf das Gespräch mit Mama vorbereitet. Doch es war gar nicht so, wie ich es erwartet hatte, nein, es war schlimmer.
Mama saß am Tisch direkt neben Papa und die beiden sahen sofort auf, als ich hereinkam. Ihre Mienen waren finster und es herrschte ein unangenehmes Schweigen.
"Hallo?", sagte ich unsicher. 
"Luna, setz dich doch bitte Mal zu uns", erwiderte Papa nur. Spätestens jetzt realisierte ich, dass das das Ende war.
"Deine Lehrerin hat bei uns angerufen", begann Mama. "Sie sagt, du passt nicht auf im Unterricht"
"Ja, ich weiß", rechtfertigte ich mich. "Aber es ist nicht, wie ihr denkt. Ich habe nur so viel Kopf im Moment. Und wenn ich dann in der Schule bin, denke ich einfach über alles nach, aber nicht über Mathe"
Mama seufzte. "Genau das ist doch das Problem, Luna" Ich sah Unsicherheit in ihren Augen aufflackern, aber sie sprach die Worte trotzdem aus. "Ich will das nicht tun. Aber Du weißt doch was jetzt kommt. Ich denke, es ist an der Zeit, dass du dich mehr auf die Schule konzentrierst und nicht mehr ins Jam & Roller gehst."
Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Das konnte sie mir nicht antun. Hilfesuchend sah ich zu Papa. Dieser aber zuckte nur mit den Schultern. Bestimmt war er anderer Meinung, aber wollte Mama nicht widersprechen.

"Bitte, gib mir Hausarrest", flehte ich verzweifelt. "Alles, was du willst! Aber lass mich weiterhin auf die Bahn gehen"

Es vergingen einige Minuten. Mama und Papa schienen sich mit ihren Blicken zu unterhalten. Ich saß einfach nur still daneben und hoffte, dass sie ihre Meinung ändern würden. Ich konnte mir mein Leben ohne das Roller gar nicht mehr vorstellen. Es gab nichts, was ich so sehr liebte wie das Jam & Roller. Es war wie ein zweites Zuhause für mich geworden. Außerdem fuhr ich ja nicht nur auf meinen Skates dort, ich lernte auch, ich machte meine Hausaufgaben. Selbst mit meinen Freunden traf ich mich dort. Die Wettbewerbe, das Open Music. Ich könnte ewig so weitermachen. Das dort war meine Welt, dort konnte ich sein, wer ich wirklich war. Und jetzt wollte man mir diesen Ort nehmen?
"Ich habe einen Vorschlag", sagte Mama plötzlich. Ein Vorschlag, ein Kompromiss? Das klang gut, nein, das klang sehr gut.
"Wenn du den letzten Test bestanden hast, für den du so viel gelernt hast, dann will ich mal nicht so sein und hebe das Verbot auf. Aber auch nur dann"

Jegliche Hoffnung war dahin. Denn diesen Test hatte ich verhauen. Keine Ahnung, was mit mir los gewesen war. Aber ich hatte alles vergessen.
"Okay", murmelte ich niedergeschlagen und stand auf. "Danke"
So schnell ich konnte, lief ich in mein Zimmer. Alles, alles was mir passierte, wurde immer schlimmer. Es ging nichts mehr gut. Kein Funken Glück. Gar nichts. Ich würde schon glatt behaupten, dass ich eine richtige Pechsträhne hatte.

Ich zog mein Smartphone aus der Hosentasche und rief Simon an. In diesem Moment konnte ich gut ein paar seiner tröstenden Worte gebrauchen.
Es piepte und er nahm an. Ich ließ Simon nicht sprechen, ich redete gleich drauf los.
"Es tut mir leid, wenn ich störe, aber ich weiß nicht mehr weiter", seufzte ich. "Alles geht schief. Mein Medaillon ist weg und Nina ist auch enttäuscht von mir. Wenn ich den Test nicht bestanden habe, darf ich nicht mehr auf die Bahn gehen. Du weißt doch, dass ich einen totalen Blackout hatte. Niemals habe ich ihn bestanden. Nie. Und weißt du was? Nicht mal beim Open kann ich mitmachen. Weil ich nicht mitbekommen habe, dass es morgen ist und ich mich deswegen nicht eingeschrieben habe. Ich kann nicht mehr. In den letzten Wochen geht alles den Bach runter. Das wird mir alles zu viel.
Ich flehe dich an, sag mir irgendetwas, dass mich beruhigt. Irgendwas tröstendes. Bitte"
Einige Sekunden bekam ich keine Antwort. Ich fühlte mich komisch. Warum antwortete Simon denn nicht?
"Ähm...", murmelte ich. "Also wenn du... wenn du nicht antwortest, werde ich jetzt auflegen." Unsicher kaute ich auf meiner Unterlippe. Was war denn los? Hatte ich etwas falsches gesagt?

"Ich bin gleich da", kam eine Antwort.

Erschrocken riss ich meine Augen auf. Das Handy fiel mir aus der Hand. Ich war wie versteinert.
Das war nicht die Stimme von Simon! Nein, das war Matteos! Aber wie? Wie war das passiert?
Die Worte, die er gesagt hatte, spukten in meinem Kopf. Panik breitete sich in mir aus!
Matteo würde vorbei kommen? Er würde für mich vorbeikommen? Es war schon fast Nacht!
War er denn eigentlich vollkommen irre?! Ambar war auch hier und wenn sie ihn sah, dann wollte ich bestimmt nicht in der Nähe sein!

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6. Dezember :D

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