stark

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"Ihre Tests lassen zu wünschen übrig", sagte mein Chemie Lehrer und legte ihn auf meinem Tisch.
Die Farbe des roten Stifts sprang mir sofort entgegen. Das riesige 'D' auch. D. Durchgefallen.

Ich seufzte nur.

**************

"Ich bin durchgefallen", sagte ich zu Simon. Wir hatten beschlossen, eine Runde im Park zu skaten. Es war Nachmittag und die Sonne schien, dennoch wehte ein frischer Wind und ich rieb meine Hände aufeinander, damit sie warm blieben. Der Herbst kam langsam und es wurde mal wieder Zeit, mir ein paar wärmere Klamotten zu kaufen.

"Monica und Miguel werden dich nicht mehr auf die Bahn lassen oder?" fragte Simon nachdenklich.

Ich nickte. "Ja, dieser Test war so 'ne Art Bedingung gewesen." Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, da sie vor meinen Augen hing. Sie war kürzer als die anderen und fiel immer wieder aus der Haarspange heraus, die ich trug. Furchtbar lästig. "Um ehrlich zu sein, ich hab keine Ahnung, was ich jetzt machen soll, Simon. Aber weißt du was?"

Ich sah zu ihm hin. Simon zuckte nur ahnungslos mit den Schultern.

"Diesmal gebe ich nicht auf", meinte ich entschlossen. "Es ist so viel passiert in den letzten Tagen, das mich traurig gemacht hat, da werde ich nicht zulassen, dass man mir das Jam & Roller auch noch wegnimmt."

"Oh mein Gott", hauchte Simon plötzlich.

"Was?", verwirrt sah ich ihn an. Was war denn jetzt los?

Simon antwortete mir nicht, sondern lachte zufrieden und drehte spontan auf seinen Skates ein paar Kreise. Belustigt sah ich ihm dabei zu.

"Luna ist zurück", lächelte er schließlich, als er wieder stehen blieb, und ich grinste. "Die Luna, die nicht aufgibt, ist endlich wieder da"

Ja, ich würde mir meine Laune nicht mehr so schnell verderben lassen.

'Glaub mir, jetzt aufzugeben, wäre dein größter Fehler', hatte Simon zu mir gesagt, als wir das letzte Mal im Park waren, und er hatte ja recht. Ich konnte nicht einfach aufgeben, das war mir klar geworden. Wo sollte denn ich hingehen, wenn ich mich mit meinen Freunden treffen wollte? Wo konnte ich lernen, während ich den besten Erdbeer-Milchshake der Welt trank? Das Jam & Roller war ein Zufluchstort für mich. Ich war gerne dort. Ich wollte nicht, dass man mir diesen Ort nahm, deshalb würde ich darum kämpfen, wenn es nötig war.

Nina hatte ähnlich reagiert, als ich ihr klarmachte, dass ich nicht aufgeben würde. Sie hatte gelächelt und angefangen, leise zu applaudieren, bis ich es ihr, peinlich berührt, verbot.

"Hast du eine Idee, wie ich es Mama und Papa am Besten erzähle?", fragte ich.

"Was auch immer du sagst, Luna, ich habe das Gefühl, dass das ihnen nicht reichen wird.", antwortete Simon und zog nachdenklich die Stirn kraus.

Langsam nickte ich. "Mh, das könnte sein."

************

Ich saß -wie sollte es auch anders sein- im Jam & Roller und trank genüsslich einen Erdbeermilchshake, während ich meine Hausaufgaben machte. Schuldgefühle plagten mich, weil ich trotz des Verbots meiner Eltern hier war, aber ich versuchte es, so gut wie möglich, zu unterdrücken.

Nina war mir zwei Aufgaben voraus, aber das störte mich nicht im Geringsten. Ich wusste, ich durfte abschreiben, wenn sie fertig war. Und es war ja nicht so, dass ich es selber nicht konnte, aber mal ehrlich, warum selber machen, wenn du die richtigen Lösungen von Nina haben kannst? Ich grinste. Mama sollte ich von dieser Meinung lieber nichts erzählen.

Als ich schließlich nicht weiterkam, holte ich meinen Test heraus. Irgendwie musste ich doch etwas verändern können.

"Denkst du, man kann aus einem D ein C machen?", fragte ich.

Nina hob den Blick und betrachtete meinen Test skeptisch."Nein, zu auffällig." Nachdenklich nahm sie ihn mir aus der Hand und strich über meinen Namen. "Wenn man doch nur....", murmelte sie so leise, sodass ich es kaum hören konnte, und legte ihren Test neben meinen.

"Das ist unfair", schmollte ich. "Was korrigiert der bei mir mit rot und bei dir mit grün?"

Nina lachte und trank dann einen Schluck aus ihrem Avocado-Shake. "Am Abend vom Open Music hat mir Gastón einen Maracuja-Milchshake mitgebracht, erinnerst du dich?", Sie schüttelte sich und verzog angewidert das Gesicht. "Das war das ekeligste, was ich je getrunken habe"

Verwirrt sah ich sie an. "Ehrlich?", fragte ich. "Sah gar nicht so aus"

Nina zuckte belanglos mit den Schultern. "Was hätte ich denn machen sollen? Gastón bringt mir nie was mit und dann macht er das einmal und ich sag: Sorry, aber dein Geschmack muss furchtbar sein. Das schmeckt abartig?"

Ich lächelte verschmitzt. "Ja?"

Nina verdrehte grinsend die Augen. Dann sah sie wieder zu den Tests. Ich folgte ihrem Blick.

Ich betrachtete unsere Namen. Ninas Handschrift war etwas verschnörkelter als meine, aber sonst eigentlich recht ähnlich. Wenn ich sagte, ich hätte mit einem neuen Stift geschrieben, würde niemand bezweifeln, dass das nicht mein Test wäre. Nur leider stand mein Name nicht auf dem Test sondern Ninas.

Doch plötzlich traf mich eine Idee wie der Schlag. Meine Augen weiteten sich begeistert. Das war die Lösung!

"Du hast doch so ein Bearbeitungsprogramm auf deinem Laptop oder?", fragte ich gedehnt. Nina konnte doch gar nicht 'nein' sagen. Hoffte ich zumindest.

Misstrauisch nickte Nina. "Luna, Was hast du vor?"

Ich biss mir auf die Lippe und erklärte ihr dann:"Wir scannen den Test einfach ein. Mit dem Programm schneiden wir deinen Namen aus und drucken den dann aus. Ich schreib mein Namen drauf und fertig!"

"Luna...-"

"Bitte, bitte", unterbrach ich Nina bettelnd. "Ich will doch sooo gerne bei diesem Wettbewerb mitmachen"

Nina lachte. "Ich wollte doch nur sagen, dass ich es mache"

"Ernsthaft?" Mir fiel ein Stein vom Herzen. "Danke, danke! Nina, du bist die Beste"

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Wünsch euch noch einen schönen Abend❤️

Look behind you #LutteoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt