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Am nächsten Nachmitag stand ich ungefähr zur selben Zeit an den Spinden und konnte mein Glück kaum fassen, als Nina mir erzählte, dass sie lernen wollte, auf Rollerskates zu fahren. Sie hatte gleich gesagt, dass sie sich bestimmt dabei verletzten würde, aber aus einem Grund, den sie mir nicht verraten wollte, wollte sie es dennoch versuchen.

Ich kniete mich vor Nina nieder und half ihr, die Skates zu schnüren, als ich ein raues Lachen hinter mir hörte. Ich erstarrte in der selben Sekunde, meine Finger verharrten und mein Herz raste, ohne das ich es wollte und kontrollierten konnte. Nur genau einer hatte diese Macht über mich. Matteo.

Seit über einer Woche ging ich ihm jetzt schon aus dem Weg. Und auch wenn er Schreckliches getan hatte und tat, vermisste ich es, mit ihm zu reden, mit ihm zu skaten. Ich vermisste ihn.

Ich versuchte, mich daran zu erinnern, dass ich das nicht fühlen durfte. Meine beste Freundin war schließlich in ihn verliebt, nein, sie liebte ihn von ganzen Herzen. Das war es doch, was sie selber immer sagte. Oder?

Also nahm ich mir einfach Ninas anderen Rollerskate vor und bannt ihn zu, tat so, als hätte ich nichts gehört.

"Luna", flüsterte er heiser, mit belegter Stimme. Ich schlucke schwer. Gott, hatte ich seine Stimme vermisst. Ich drehte mich dennoch nicht um. Ich durfte nicht, verbot es mir.

"Hallo, Nina", sagte nun auch Gaston. Klar, wo Matteo war, da war auch Gaston.

"Hey", erwiderte Nina.

Es war eine komische Stimmung zwischen uns. Ich war angespannt und hatte das Gefühl, dass es den anderen genau so ging. Ich gab mir die Schuld dafür.

Gaston räusperte sich. "Was hälst du davon, wenn wir Luna und Matteo kurz alleine lassen?"

Ich sah auf, versuchte eine Reaktion in Ninas Gesicht zu lesen, aber da war nicht der Missgefallen, den ich mir erhofft hatte. Das einzige, was ich sah, war Zustimmungung und in irgendeiner Weise verschreckte mich das. War sie vollkommen verrückt geworden? Sie würde es nicht wagen, mich mit ihm alleine zu lassen. Nein, das würde sie nicht.

Nina lachte nervös. "Das Problem ist, dass ich mich auf diesen Rollerskates echt keinen Millimeter fortbewegen kann, ohne hinzufallen"

Es hatte keinen Zweck, mir etwas einzureden. Sie würde gehen. Ich stand geschlagen auf und drehte mich um. Meine Miene war versteinert und blieb es auch, als ich ihm ins Gesicht blickte. Matteo spielte verkrampft mit seinen Fingern und lächelte ein wenig. Bildete ich mir das ein, oder war er tatsächlich nervös?

Ich sah weiter zu Gaston. Er hingegen wirkte neben Matteo wie die Ruhe selbst. Er strich sich selbstsicher durch die Haare und sah erstaunt zu Nina, als er realisierte, dass sie Skates trug.

"Seit wann...?", fragte er mit gerunzelter Stirn und deutete auf Ninas Füße. Diese zuckte mit den Schultern.

"Ich wollte es einfach Mal ausprobieren", erwiderte sie, als wäre es völlig normal und zu erwarten.

"Na, dann helfe ich dir", bot Gaston sofort an und bevor ich mich versah, half er Nina hoch und sie fuhr wackelig aus dem Raum.

Ich schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Eine tolle Freundin hatte ich da.

"Wie geht's dir?", fragte Matteo angespannt. Ich zog nur ächtlich eine Augenbraue hoch und sah ich fragend an. Das konnte nicht sein Ernst sein.

"Na, gut", sagte Matteo dann. Er klang jetzt irgendwie gereizt. "Dann frage ich halt direkt, wenn du es so willst, Luna. Ich verstehe da etwas nicht und finde, du bist mir eine Erklärung schuldig."

Als ich weiterhin schwieg, fuhr Matteo fort. "Wieso gehst du mir aus dem Weg, Luna? Ich hatte das Gefühl, dass wir Spaß zusammen hatten. Ich habe lang nicht mehr so viel gelacht. Aber seit dem Open Music bist du weggerannt, sobald ich auch nur in dein Blickfeld kam." Er trat kräftig gegen den Spindt und ich zuckte automatisch zusammen. "Erst dachte ich, dass es dir einfach nicht gepasst hat, dass du so spontan mit mir singen musstest, aber als ich mich vorhin mit Gaston unterhalten habe, kommt auf einmal dein Gitarrist zu mir." Matteo lachte verbittert und ich erschauderte. "Weißt du, was er gesagt hat?"

Eine andere Stimme, die vorher nicht da war, mischte sich ein und ich entdeckte Simon an der Tür stehen. "Ich habe gesagt, dass du Wichser Luna in Ruhe lassen sollst. Aber ich habe mich wohl nicht klar genug ausgedrückt."

Simon kam auf mich zu, nahm meine Hand und zog mich zur Tür. Ich ließ es einfach gestehen. Als wäre es meine Eintrittskarte, dieser Situation zu entfliehen. Matteo trat wieder gegen die Spindte, dieses Mal kräftiger und ich zuckte auch dieses Mal zusammen.

Erst als ich durch die Tür ging, drückte ich Simons Hand, als Zeichen, das er warten sollte und blieb kurz stehen. Ich drehte mich zu Matteo. Grimmig spannte er seinen Kiefer an. Ich seufzte und schüttelte meinen Kopf.

"Ich weiß es", flüsterte ich entmutigt, erschöpft von all dem Drama. "Nina hat euch gehört. Ich weiß es, du verdammtes Arschloch"

Ich wartete gar nicht erst auf seine Reaktion, sondern rannte so schnell wie ich konnte und zog Simon hinter mir her. Aus dem Jam & Roller heraus, durch den Park.

Erst als ich völlig aus der Puste war, blieb ich stehen und ließ mich auf eine Bank fallen. Simon setzte sich neben mich. Er wirkte gar nicht erschöpft, war schon immer der Sportlichere von uns gewesen.

"Danke", sagte ich. Mehr war nicht nötig.

Erst später bemerkte ich, dass ich mir die Möglichkeit, mich zu rächen, durch dieses Geständnis genommen hatte.

Vielleicht war es von Anfang an, zum Scheitern verurteilt worden.


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