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Matteo war tatsächlich auf der Bahn, aber er skatete nicht, nein, er saß einfach auf der Bank und starrte in der Luft herum. Das hatte ich noch nie erlebt. Sonst skatete er immer.

"Matteo?", fragte ich und er sah in meine Richtung. Es zerbrach etwas in mir, als ich ihn so traurig sah. Ich wusste nicht, was in meinem Kopf vorging, aber ich ging einfach auf ihn zu und umarmte ihn. Ich musste an Freitag denken, den Tag, an dem Ambar mein Medaillon gestohlen hatte. Matteo war so besorgt gewesen und obwohl ich es nicht zu schätzen wusste, er wollte mir mein Medaillon wiederbringen. Er hatte es mir ohne zu Zögern versprochen. Jetzt wollte ich auch für ihn da sein.
Und irgendwo tobte da ein bitterer Krieg in seinen Gedanken, in seiner Seele. Aber ich wusste nicht gegen wen er ihn führte und auch nicht, wer ihn gewinnen würde. Ich konnte es sehen, wenn ich mich in seinen niedergeschlagen blickenden Augen verfing. Ich wollte ihm die Sicherheit geben, die ich auch immer von ihm bekam.

Matteo reagierte einige Sekunden nicht auf die Umarmung und gerade als ich mich wieder von ihm lösen wollte, zog er mich zu sich. Er drückte mich sogar so fest an sich, dass ich fast keine Luft mehr bekam.
Wo war nur der Matteo hin, der immer einen schlechten Spruch auf Lager hatte?
"Danke", murmelte er in meine Haare hinein, löste sich aber nicht von mir.
Aber ich schob ihn ein kleines Stück weg. Ich wollte die Wahrheit wissen. Ich wollte einfach alles wissen.
"Warum hast du nicht gesagt, dass ihr euch getrennt habt?", fragte ich ihn direkt.
"Keine Ahnung", sagte er nach ein paar Sekunden schließlich schließlich. "Wahrscheinlich wollte ich es einfach nicht wahr haben."
"Was ist denn überhaupt passiert?"
Niedergeschlagen sah er mich an. "Ich möchte jetzt nicht darüber reden, Luna. Aber kann ich noch eine Umarmung haben? Irgendwie hat das gut getan" Zögerlich und hoffnungsvoll sah er mich an.
Ich war mir nicht sicher, ob das das richtige war. Egal wie sehr ich ihn jetzt trösten wollte, vielleicht würde ich es morgen schon wieder bereuen, überhaupt ein Wort mit ihm gesprochen zu haben.
"Schon okay", murmelte Matteo enttäuscht und stand auf, als ich ihm keine Antwort gab. Ich konnte nicht glauben, was Ambar aus dem lebensfrohen Matteo gemacht hatte.
"Warte!", rief ich und lief ihm hinterher. Das konnte ich nicht machen. Ich wusste, wie sehr man manchmal eine Umarmung brauchte. Und vielleicht brauchte nicht nur Matteo im Moment eine. Mir selber ging es doch auch nicht gut.
Also stürmte ich auf ihn zu und drückte ihn an mich. Diesmal zögerte er auch nicht. Sofort legte er seine Arme um mich. Ich dachte zurück an jenen Nachmittag an dem wir vor dem Jam & Roller standen. Ich war so neugierig gewesen, dass wir wegen mir Jim, Nico und Gaston beobachteten hatten, während sie stritten. Doch als sie plötzlich zu uns sahen, hatte Matteo mich in seine Arme gezogen.
Es war wie damals. Nur jetzt wollte ich es auch. Seine Parfum war immer noch das selbe und diese Geborgenheit, die ich bei ihm spürte, war auch noch da. Diese Umarmung tröstete mich mehr, als tausend Worte hätten mich trösten können. Alles in mir spielte verrückt.

"Genau das meine ich", ertönte die Stimme von Ambar hinter uns. Sofort riss sich Matteo von mir los. Er wurde sofort nervös und das konnte absolut nichts Gutes heißen.
Vor ein paar Wochen hatten sie sich nach unserer Umarmung geküsst, jetzt hoffte ich nur, dass sie sich nicht anschreien würden.
"Genau das, Matteo", sagte sie. Noch nie hatte ich Ambar so enttäuscht gesehen.
Ich konnte nicht anders, als mich einzumischen. "Ich habe ihn nur getröstet"", sagte ich. "Ehrlich"
Ambar lachte spöttisch.
Aber sauer auf mich war sie nicht. Das einzige, was ich sah, war Trauer und furchtbare Enttäuschung. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und eine einzige bahnte sich ein Weg über ihre Wange. Sie wischte sie sofort weg. Ich wusste nicht, was mich mehr schockierte. Dass Ambar weinte oder dass sie sich wohl beide doch noch viel mehr liebten, als ich je angenommen hatte. Zu wissen, dass sie wegen ihm weinte, das war das eine, aber es jetzt vor mir zu sehen, das veränderte etwas in mir. Das da vor mir war nicht Ambar. Für einen kleinen Moment war sie nur ein unschuldiges, verliebtes Mädchen.
Wie konnte ich jemals daran denken, Matteo und Ambar für Nina auseinander zu bringen? Was war ich bloß für ein Mensch?
"Wie kannst du mir das antun?", fragte Ambar weinerlich. "Wie?"
"Ich...", begann Matteo mit zittriger Stimme, doch Ambar unterbrach ihn sofort.
"Nein. Lass die Lügen sein. Ich will es gar nicht mehr hören. Ich hab dir gestern gesagt, weswegen es so ist wie es ist. Und du, du Matteo, du hast mir widersprochen. Weißt du noch? Merkst du es denn nicht mal? Willst du es nicht endlich einsehen?"
Ich verstand kein Wort. Wovon redete sie?
"Als ich eben rein kam und euch gesehen habe, da... da ist etwas kaputt gegangen." Eine weitere Träne lief über ihre Wange. Sie tat mir leid. Egal, was sie je getan hatte, sie tat mir in diesem Moment so unendlich Leid. "Ich gebe es auf. Ich kann nicht mehr. Alles, alles habe ich versucht, damit du nur mich siehst. Aber das hat wohl nicht gereicht. In Wirklichkeit bin ich doch schon seit Tagen nicht die, an die du denkst."
Matteo brachte kein Wort heraus. Er war mindestens so sprachlos wie ich.
"Dein Schweigen sagt mir alles" und mit diesen Worten verließ Ambar die Bahn, wahrscheinlich auch das Jam & Roller.

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4. Dezember :D

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