Und

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Simon verließ das Wohnzimmer und warf noch einen Blick auf Luna, die jetzt ruhig und selig auf dem Sofa schlief. Sie hatte ihm eine riesen Angst gemacht, als sie ihn mit dem Anruf aus dem Schlaf gerissen hatte und er glaubte, noch nie so schnell gerannt zu sein wie an diesem Morgen. Seit 12 Jahren hatte er diese Panik nicht mehr in ihrem Gesicht gesehen.
Es hatte ihm das Herz gebrochen.

Aber er hatte es geschafft, sie durch den Tag zu bringen. Irgendwie. Mehr oder weniger.

Und er konnte verstehen, wieso ihre Eltern so reagiert hatten, als sie erfuhren, dass Luna sie hintergangen hatte, aber was es in ihr angerichtet hatte, hätte er niemals erwartet. Er dachte, es sei vorbei gewesen und würde nie wieder kommen.
Tatsächlich war es aber, als hätte man ihr wunderbares Herz für einen Moment in zwei Teile gebrochen. So wie früher. Genau so wie früher.

Er seufzte und wählte die Nummer von Lunas Eltern. Schließlich musste ihnen jemand ja sagen, wo sie war. Es tutete einige Male, bevor sich jemand meldete.

"Simon?", fragte Miguel. "Bist du es?"

"Ja", antwortete er und seufzte, bevor er weitersprach. "Ich wollte, dass sie wissen, dass Luna bei mir ist"

Einige Sekunden war es still. "Ist sie Okay?"

"Ich weiß nicht, Seniõr", sagte Simon ehrlich.

"Was heißt das?", fragte Miguel und hörte sich jetzt nicht mehr so erleichtert an, wie am Anfang des Gesprächs. Zitterte seine Stimme?

Simon lehnte sich an das Geländer im Treppenhaus. Es war etwas zu kalt hier, aber wenigstens weckte er niemanden auf, während er telefoniere.

Er holte tief Luft. "Sie hat mich heute Morgen angerufen und ich habe mich sofort auf den Weg gemacht, weil ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Aber..." Simon fehlten die Worte und er trat unruhig einige Schritte auf und ab.

"Aber was?"

"Ich möchte nicht in Frage stellen, wie Sie heute Morgen mit Luna gesprochen haben, aber sie hat mir erzählt, ihr würdet nicht mehr wollen, dass sie eure Tochter ist."

"Mein Gott, dass haben wir doch nie gesagt!", widersprach Miguel sofort und klang etwas ärgerlich.

Obwohl es Simon einige Momente später schon bereute, lachte er leise. "Vermutlichen sehen Sie es als Konsequenzen von Lunas Verhalten an, aber haben Sie daran gedacht, dass ihr Verhalten auch Konsequenzen haben könnte?"

Einige Sekunden vergingen. "Simon, ich denke nicht, dass du in der Position bist, so etwas zu behaupten", warnte ihn Miguel.

Wut brodelte unwillkürlich in Simon auf und er krallte seine Finger in das Gelände, damit er damit nicht herumfuchtelte. "Luna hatte seit Jahren keine Panikattacke mehr und wenn es jetzt wieder anfängt, dann ist es Ihre und auch nur Ihre Schuld!", seine Stimme war laut und zornig und er musste sich zwingen, nicht die Kontrolle zu verlieren. Er konnte nicht klar denken. Was hatten sie seinem wunderbaren Mädchen nur angetan?

Die Leitung knisterte und dann hörte Simon eine Weile nur Geräusche und einige leisen Stimmen aus dem Hintergrund, die diskutierten, bis sich wieder jemand meldete.

Dieses Mal war es Monica: "Bist du dir ganz sicher, Simon?"

"Ich wünsche, ich wäre es nicht"

••••••••

Diese Nacht hatte ich keine seltsamen Träume von Sol und Ma, die mich vor Dingen warnten, die womöglich niemals passieren würden. Nein, ich träumte etwas anderes. Ich träumte von Matteo.
Er stand einfach da, direkt vor mir und lachte über etwas, von dem ich nicht wusste, dass es da war. Er hörte gar nicht mehr auf und ich konnte nur an eins denken: er sah wunderschön aus, wenn er lachte. Ich beobachtete ihn ununterbrochen und wünschte mir heimlich, dass dieser Moment niemals enden würde. Stellte mir vor, ihn einzupacken und mich daran zu erfreuen, wenn es mir schlecht ging.
Sah so die Unendlichkeit aus? War das das Paradies? War es ein Augenblick in dem man sich befand und wünschte, nicht mehr fortgehen zu müssen?
Mit Freuden würde ich für immer in diesem Moment leben. Es war das Schönste, das ich je gesehen hatte.

Sonne fiel auf sein Gesicht und ein paar seiner Locken fingen an, zu glitzern. Er sah mich an und es war, als würden wir uns schon ewig kennen. Matteo sprach zu mir, aber obwohl ich verstand kein Wort, als wäre es eine andere Sprache, die er sprach, beruhigte es mich. Lange Zeit ging es so weiter, er lachte, sprach mit mir, nahm meine Hand und führte mich herum. Ja, es war fantastisch. Es war das Paradies. Und für diese Nacht vergaß ich all die furchtbaren Dinge, die mich im echten Leben quälten und mir die Freude raubten.
••

Als ich aufwachte, fühlte ich mich gleich etwas besser. Der Schlaf hatte mir gut getan und der Traum mich irgendwie aufgemuntert. Und auch wenn es sich falsch anfühlte, daran zu denken, ich würde alles dafür tun, um noch einmal an diesem Ort sein zu können. Zusammen mit Matteo.

Ich öffnete die Augen und sah, wie Simon hin und her lief.
Wahrscheinlich suchte er sich seine Sachen in dem Chaos zusammen.

Ich gab einen Laut von mir und richtete mich auf. Simon sah zu mir.

"Kommst du mit ins Roller?", fragte er.

Ich rieb mir über die Augen, streckte mich und nickte dann. Ja, was sollte ich schon alleine in Simons Wohnung bleiben?

"Sollte ich meine Eltern anrufen?", fragte ich Simon, als wir das Treppenhaus hinabliefen.

"Das hab ich gestern Abend gemacht", erklärte er. "Ich denke, sie waren wirklich erleichtert."

Ich nickte nur.

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