70. Neuanfang

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Tief durchatmen. Konzentriere dich einfach nur auf das Ziel und du wirst es treffen. Blende alles andere aus, achte nur auf den Bogen in deiner Hand und auf das Ziel, das du mit dem Pfeil treffen möchtest.

„Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so schnell Bogenschießen gelernt hat wie du." Lächelnd ließ ich den Pfeil fliegen, der fast die Mitte der Zielscheibe traf, ehe ich mich zu Sif drehte, die sich an den Zaun des Übungsplatzes gelehnt hatte und mich angrinste.

„Ich habe es früher schon mal gelernt gehabt."
„Und wie viele Jahrhunderte seit dem nicht mehr angewendet?"
„Aber nur weil ich damals fast Volstagg mit einem Pfeil umgebracht hätte", erwiderte ich und lief mit dem Bogen in der Hand auf sie zu. Es war schon merkwürdig, wie viel sich in einer so kurzen Zeit hatte ändern können. Es waren gerade einmal zwei Monate vergangen seit Odin mir verkündet hatte, dass Aras wiederkommen würde und in der Zeit war alles anders geworden.

Thor war kaum mehr hier, seit er sicher war, dass ich auch vollkommend gesund war. Er verbrachte fast ausschließlich seine Zeit auf Midgard, richtete von mir aus meinen Freunden schöne Grüße aus und ließ sich kaum mehr hier blicken. Zwischen Sif und Fandral lief ein geheimes nicht wirklich geheimes was auch immer und ich trainierte jeden Tag so lange, dass ich abends nur noch tot in mein Bett fiel und glaubte vor Schmerzen zu sterben. Das kam davon, wenn man Monate nur in einer Ecke saß und nichts mehr tat. Ich hatte so vieles zum Teil verlernt gehabt, jedoch wollte ich trainiert sein. Ich wollte mich wehren können, wollte kämpfen können, denn ich würde das brauchen, ich wusste es. Ich hatte keinem erzählt, dass Aras bald hier sein würde, dass ich bald weg sein würde, verheiratet und alles andere als glücklich, doch ich bereitete mich darauf vor. Ich würde mich diesem elendigen Schicksal zwar stellen, jedoch nicht kampflos. Ich würde mich nicht von diesem Bastard unterdrücken lassen, ich würde standhaft sein und wenn es sein muss sein schlimmster Albtraum als Frau werden, dafür musste ich trainiert sein. Ich hatte keine Ahnung, ob ich auch nur den Hauch einer Chance haben würde, wenn es mal hart auf hart kommen würde, da ich bei einem Nahkampf gegen Fandral immer noch verlor, doch alleine der Wille würde für mich immerhin zählen. Ich könnte so mehr mit mir selbst leben.

„Vollstag war auch selbst Schuld, das habe ich dir schon früher gesagt."
„Naja, jetzt lerne ich es wieder", seufzte ich und räumte den Bogen auf, ehe sie mir half auch meine anderen Waffen einzusammeln und wegzuräumen.

„Und du bist gut. Woher kam dein plötzlicher Wille überhaupt?", fragte sie mich, ehe sie mit mir zurück zum Palast lief.

„Keine Ahnung. Vielleicht kann ich Loki so irgendwann die Nase brechen", meinte ich und versuchte zu lächeln, doch es war nach wie vor alles andere als leicht seinen Namen auszusprechen oder überhaupt an ihn zu denken. Er war immerhin so gütig gewesen mich wirklich in Frieden zu lassen seit meiner Ansage. Ich versuchte zwar seine Anwesenheit zu ertragen, ohne das heulen anzufangen, versuchte nicht völlig zu erstarren, wenn ich ihn sah und er mich begrüßte, doch es war nicht einfach. Das war auch ein Grund, wewegen ich dieses Training zu schätzen wusste. Ich sah ihn so kaum und konnte mich von allem ablenken.

„Ich helfe dir liebend gerne dabei, aber ich glaube es gibt da eine enorm lange Liste an Leuten, die das auch gerne mal möchten", lachte sie und zog mich durch die kühlen Gänge des Palasts. Draußen war es seit Wochen nur noch kalt. Alles war trist geworden, die Blätter fielen, andauernd regnete es und im Palast war es von den Temperaturen kaum anders. Ich fragte mich wirklich, ob es jemals so kalt gewesen war oder ob das Gerede der Bediensteten stimmte, die von einem großen Unheil sprachen, alten Sagen, wo jede Katastrophe mit dem Wetter verkündet wurde, doch ich glaubte es kaum. Das einzige Unheil, das kam, wäre Aras und mächtig genug für eine Naturkatastrophe war er nun wirklich nicht.

Loki|| He will be the death of me ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt