115. Alte Freunde

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„Bereust du es?" Leise hallten diese Worte durch den Raum, brachten mich dazu wirklich darüber nachzudenken, doch zu einer wirklichen Antwort kam ich dabei dennoch nicht. Bereute ich es? Bereute ich es Aras getötet zu haben? Eine Person freiwillig auf eine grausame Art getötet zu haben? Nicht wirklich, um ehrlich zu sein. Er hatte es verdient gehabt zu sterben, doch der Anblick davon, die Gewissheit, dass ich zu der selben Sache fähig gewesen war, wie Aras selbst, das war das, was mir wirklich zu schaffen machte. Es war wahrscheinlich auch das einzige, was mir überhaupt zu schaffen machte.

„Nein", erwiderte ich leise und drehte mich zu Loki, der sich neben mich aufs Bett gesetzt hatte und nun meine Hand in seine nahm, mich anlächelte.

„Gut, du solltest es auch nicht bereuen. Du hast nichts falsches getan." Meine Mundwinkel zuckten leicht von seinen Worten, es wunderte mich schließlich nicht, dass er das sagte. Loki würde nie etwas falsches am Morden sehen und er selbst hätte Aras vermutlich noch länger gequält, bis er ihn getötet hätte. Nun passten wir offiziell perfekt zusammen, doch es störte mich weitaus weniger, als es das vielleicht sollte, vermutlich eben weil Aras es eben wirklich verdient hatte. Dafür hatte er zu vieles getan, dafür hatte er es einfach zu weit getrieben gehabt.

„Und was machen wir jetzt? Ich habe das Gefühl, nun wo alles vorbei ist, wo es keinen Krieg mehr gibt, keine Probleme irgendeiner Art, ist das Leben so... seltsam. Wir müssen uns mal über nichts Gedanken machen, keine Angst haben, es gibt nichts mehr zu erledigen, also was fangen wir mit den nächsten hunderten von Jahren mit unseren Leben an?", fragte ich grinsend, verscheuchte jeden Gedanken an Aras und dessen Hinrichtung, die gerade einmal erst gestern stattgefunden hatte und wo dessen Leiche keine Bestattung erhalten hatte, die sondern einfach in einem Loch vergraben wurde, mehr hatte er eben auch nicht verdient.

„Ja, wir haben keine Sorgen mehr", murmelte Loki fast so, als gäbe es noch einen Haufen Sorgen, doch bevor ich mich davon hätte beunruhigen lassen können, lächelte er schon wieder breit und unbeschwert, nahm meine Hand in seine und zog mich hoch, „Wir sollten vielleicht wieder anfangen zu trainieren. Du bist völlig aus der Übung und ich denke Sif wäre begeistert dich auf der Trainingsfläche wieder zu sehen."
„Wirklich? Du willst unsere freie Zeit als erstes mit Training verschwenden?"
„Ich will nur, dass du dich verteidigen kannst, wenn es je zu einem erneuten Angriff kommen sollte", bemerkte er wie die Unschuld selbst und ich verdrehte schmunzelnd die Augen, nickte jedoch ergeben.

„Na gut, na gut. Dann geh dich umziehen oder willst du in deinen edlen, königlichen Gewändern trainieren gehen?", fragte ich neckend und küsste ihn flüchtig auf die Wange dabei.

„Alles was du willst, Prinzessin." Mit den Worten lief er schon aus dem Zimmer heraus, ließ mich alleine zurück, wo ich kopfschüttelnd mit nach wie vor einem Lächeln im Gesicht meine Trainingskleidung suchte und daran dachte wieder zu kämpfen. Es war wirklich lange her, seit ich das letzte Mal richtig gekämpft hatte und eigentlich gefiel es mir auch nicht unbedingt daran zu denken ein Schwert wieder zur Hand zu nehmen, es brachte zu viele schlimme Erinnerungen hervor, doch ich konnte nicht mehr ständig in Angst leben. Es war schon schlimm genug, dass ich jede Nacht fast am schreien war, plötzlich in Gedanken abschweifte, teilweise halluzinierte, ich konnte so mein Leben nicht noch weiter von den Ängsten und diesem Trauma leiten lassen. Ich musste weiter machen, ich musste es wenigstens versuchen.

Überrascht zuckte ich zusammen, als es an meiner Türe klopfte, seufzte jedoch gleich belustigt von Lokis merkwürdigem Verhalten auf und lief schon auf die Türe zu.

„Seit wann klopfst du bitte an?", fragte ich witzelnd und riss die Türe auf, nur um völlig überrascht zu der Person zu sehen, die da vor mir stand, denn das war nicht Loki.

Loki|| He will be the death of me ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt