104. Tage der Finsternis

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Loki

Ich hatte keine Ahnung mehr, wie ich zurück in mein Zimmer gekommen war, wann wir den Saal verlassen hatten und ich erinnerte mich auch nicht daran, was auf dem ganzen Weg hier her geschehen war, ich wusste nur, dass ich mir immer noch eigenartig erstarrt vorkam, während ich auf meinem Bett saß und zu Thor und Volstagg blickte. Ich wusste kaum mehr, was Wirklichkeit war und was nicht, doch das alles ergab einfach kaum Sinn, für niemanden.

„... Suchtrupps aufstellen, irgendwas! Sie ist vielleicht verwirrt und weiß nicht wohin oder..."
„Thor, das alles ist doch absurd", unterbrach Volstagg meinen Bruder, der sich wohl schon eine ganze Weile in Rage geredet hatte, mindestens genauso verwirrt zu sein schien, wie ich und hilfesuchend sich im Raum umsah. Es war eben alles andere als leicht zu verstehen, dass sie lebte und hier irgendwo sein sollte. Ihr Körper war weg und doch war sie nirgends. Hätte ich nicht selbst geglaubt gehabt, sie gesehen zu haben, hätte ich an alle mögliche Optionen denken können, die das erklären würden, an alle außer der Tatsache, dass sie wirklich lebte. Wir hatten sie schließlich tot da liegen gesehen, ich hatte gesehen, wie sie dieses Gift genommen hatte, hatte ihre letzten Atemzüge mitbekommen und nun sollte sie einfach wieder leben? Es war unmöglich! Es konnte gar nicht wahr sein und vermutlich hasste ich einfach nur die Tatsache, dass mir so viele falsche Hoffnungen hiermit gemacht wurden. Pläne zu schmieden sie zu finden, sie sicher heimzubringen, es klang wie ein Traum, doch ich sah kein gutes Ende hierfür. Sie war schließlich nicht da, sie war weg und das konnte alles bedeuten.

„Ich weiß, dass es absurd ist, doch hast du sie gesehen? Sie ist weg, diese Frau hat sie gesehen, Loki hat sie gesehen... Asgard erblüht zu neuem Leben und..."
„Tut es eben nicht. Sieh dir die Pflanzen doch einmal an", bemerkte Volstagg und tatsächlich nahm ich schockiert wahr, wie die Pflanzen auf meinem Balkon anfingen langsam wieder zu vertrocknen, wie alles Leben erneut aus ihnen verschwand.

„Was geht hier vor sich?", fragte ich verwirrt nach, verstand immer weniger von dem, was hier eigentlich ablief. Ich wollte doch einfach nur Marcy sehen, sie bei mir wissen, wissen, dass alles gut war und doch spürte ich, dass das nicht so schnell passieren würde. Ich dachte an ihren Schrei nach mir zurück, wie sie von etwas gejagt wurde, der angeblichen Göttin des Todes, doch was hatte es damit auf sich? Wenn hier alles wieder anfing zu sterben, was bedeutete es bitte? Frustriert schüttelte ich den Kopf, während ich die Blumen ansah, als wären sie schuldig für das, was hier passierte, doch sie konnte nicht wieder fort sein, falls sie je zurück gekehrt sein sollte.

„Wir müssen nochmal mit dieser Zofe reden, sie muss uns genau sagen, was sie gesehen hat!", erwiderte Thor energisch, sah beinahe schon genauso frustriert wie ich zu den sterbenden Pflanzen, doch ich wusste genau, wie er sich fühlte. Wenn alles wieder anfing zu sterben, dann bedeutete es bitte was? Dass sie wieder fort war? Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen, hatte das Bedürfnis aufzuschreien, irgendwas kaputt zu machen, doch in meinem Zimmer gab es so gut wie nichts heiles mehr.

„Ich kann sie holen gehen, doch sie hat alles gesagt, Thor", sagte Volstagg dazu nur, ehe er dennoch ging und ich seufzend zu Thor aufsah.

„Also habe ich sie wirklich gesehen gehabt", murmelte ich leise und schüttelte erneut den Kopf, „Ich dachte ich hätte geträumt gehabt, doch sie war hier gewesen, bei mir, nur habe ich es nicht verstanden."
„Von was sprichst du?", fragte Thor mich, der meinen um geschmissenen Sessel wieder aufrichtete und sich nun auf diesen niederließ.

„Ich habe dir doch von meinem Traum erzählt, den in dem ich sie gesehen hatte... vielleicht war er gar nicht so unecht gewesen."
„Ich weiß langsam gar nicht mehr, woran ich glauben soll. Wenn sie von den Toten erwacht sein sollte... es wäre unmöglich. Aber die Alternative würde bedeuten, dass sie nie tot gewesen wäre und das heißt..."
„Du hast zugelassen, dass man ihr aus lebendigem Leib unser Kind herausschneidet", vollendete ich seinen Satz, lachte trocken von dieser Tatsache auf und spürte, wie schlecht mir wurde. Mich würde es nicht wundern, wenn Marcy wirklich einfach abgehauen wäre, nach allem was gewesen war, wenn sie unser Kind gesehen hatte. Ich selbst wollte am liebsten ja einfach nur noch abhauen, allem entfliehen und gleichzeitig einfach nur noch bei ihr sein, doch ich konnte es nicht. Es war alles so viel, es fühlte sich an, als würde man ersticken unter all den Sorgen, all den Dingen, die man gesehen hatte und doch musste man weiter stark sein. Wie sollte man denn stark sein? Wie sollte ich es, wenn ich vorhin noch hatte sterben wollen?

Loki|| He will be the death of me ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt