[Kapitel 10.]

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An besagtem Tag stand Sina vor ihrem viel zu großen Kleiderschrank und verzweifelte komplett. Normalerweise machte Sie sich nichts daraus, was sie anzog, wenn Sie arbeiten ging, da die Kleidung höchstwahrscheinlich eh schmutzig wurde und gerade Obstflecken oft schwer zu entfernen waren, aber es war kein Tag wie jeder andere und sie wollte nicht ungepflegt wirken. Wollte zeigen, dass Sie selbstbewusst und stolz war. Auch mit Babybauch. Vor allem auf ihren Babybauch. Die kleine, nicht mehr ganz so unscheinbare Wölbung. Es war ein warmer Tag und so entschied sie sich für ein weißes, schlichtes Top mit der Aufschrift „Proud" und einen geblümten Rock, der bereits unter ihrer Brust begann und somit die Schwangerschaft perfekt unterstrich. Auch wenn sie Angst hatte, wollte sie sich nicht verstecken. Wollte sie ihre kleine Tochter, die in ihr heranwuchs nicht verstecken, dass deutete für sie nur daraufhin, dass sie sich für das Kind schämen würde, was sie nicht tat. Sie schämte sich vielleicht dafür, wie es entstanden ist, aber nicht für ihr eigen Fleisch und Blut selbst. Schließlich konnte das kleine Wesen am wenigsten dafür und wann richtige Zeitpunkt war, das „Geheimnis" aufzudecken, wusste niemand. Wenn es geschah, dann war es vom Schicksal so gewollt.

Sie packte ihr Schürze und ihr Handy in ihre Tasche und machte sich auf den Weg in Richtung Hafen.

Die vier Stunden Arbeit vergingen zugleich gar nicht, aber auch viel zu schnell. Der Obst- und Gemüsestand war gut besucht und sie zauberte dem ein oder anderen Kind  mit einem Apfel ein Lächeln ins Gesicht, dennoch konnte Sie sich kaum auf ihre Kundschaft konzentrieren, schweifte immer wieder mit den Gedanken ab. So merkte sie gar nicht, als ihre Freundinnen den Weg zu dem Verkaufsstand gefunden hatten und Sina ungläubig beäugten. Sie wollten nicht glauben, was Sie da sahen. Wie ihre Freundin den letzten Kunden mit einem Lächeln die Tüte in die Hand drückte und dabei sachte über ihren Bauch streichelte.

„Oh mein Gott!! Sina!!", quietschte Johanna laut und erschreckte die Brünette dabei so sehr, dass diese eine Schachtel Erdbeeren, die sie gerade frisch zusammengepackt hatte, fallen ließ. Sina schaute schockiert in die Richtung der drei jungen Damen, die genauso angespannt zurück starrten. Sina realisierte schnell, warum sie so starrten und wurde unruhig. Es waren ihre Freundinnen, richtig? Sie würden schon nichts böses sagen? Nervös lächelnd wich sie den Erdbeeren auf dem Boden aus und ging um den Stand herum auf die Mädchen zu. „Hi", piepste sie schüchtern. Was sollte sie nur tun? Sie entschloss nach kurzem Überlegen die Mädchen einfach zu umarmen und in ihre Arme zu ziehen. Mareike, Johanna, doch Isabella blockte ab. „Warum hast du nie etwas erwähnt?", konfrontierte sie die Schwangere sofort. Sina fühlte sich augenblicklich unwohl und fing an zu schwitzen. Was sollte Sie darauf nur antworten? Um sich drehte sich plötzlich alles und sie stolperte langsam zurück gegen den Tisch des Standes, überrascht und schockiert von der Verweigerung des Mädchens. „Ich...", hektisch drehte sie sich um und verschwand wieder hinter den Stand, um die Erdbeeren aufzusammeln, die überall rumgerollt waren und sich verteilt hatten. „Ich wollte nicht verurteilt werden", murmelte sie dabei, in der Hoffnung nicht gehört geworden zu sein. Aber Isabella hörte sie und schaute ihre Freundinnen vielsagend an. Isabella war schon immer so gewesen. Der „Boss" der Gruppe. Sie hatte die Anderen in der Hand gehabt. Was sie sag, galt. Wenn sie etwas nicht mochte oder machen wollte, dann wurde es nicht gemacht. Wenn sie jemanden nicht mochte, durften der Rest die Person auch nicht mögen. Sie hatte ein riesiges Talent dafür Drama zu starten und ihren Freundinnen ein schlechtes Gewissen einzureden. Ihnen Schuld einzureden. Und so wie es in diesem Moment aussah war Sina auf dem besten Wege auf der BlackList des aschblonden Mädchens zu landen und eine der Menschen zu werden, die Isabella auf allen Wegen vermeiden wollen würde.

Zum Glück kam nicht lange drauf Sinas Ablösung, ein mittelalter Mann mit kurzen schwarzen Haaren, der sie beruhigend anlächelte und so packte die junge Frau eilig ihre Sachen und stoß zu den drei Mädchen, die geduldig warteten. Isabella schaute sie prüfend an. „Hör zu Isa, ich wollte nicht, dass das Ganze die Runde macht, wollte einfach nicht als irgendetwas abgestempelt werden. Versteh das bitte einfach. Und hey, wir sind wegen den Jungs hier und nicht um uns zu streiten. Ich freu mich, euch alle wieder zu sehen", sie lächelte in die Runde, in der Hoffnung auf Zustimmung zu stoßen, die glücklicherweise auch kam. „Na dann wollen wir die Jungs nicht länger warten lassen – weißt du wo's lang geht Sina?" Und das tat sie. Es war nicht der erste Tag des Rostock-Sails und sie hatte sich am Vorabend schon einmal umgeschaut, zur Vorbereitung. Und so machte sich die Gruppe, geführt, von der werdenden Mutter auf den Weg zu der eher kleineren Bühne am Ufer der Ostsee. Dort tummelte sich schon der ein oder andere Fan, aber die vier fanden noch einen schönen Platz, bei dem Sinas Freundinnen vorne mit dabei waren und das Mädchen selbst etwas abgeschattet, sicher verweilen konnte. Sie freute sich die vier jungen Sänger wieder auf der Bühne sehen zu dürfen, lange genug hatte sie verzichtet, aber sie war nervös. Es war nun doch 5 Monate vergangen und sie wunderte sich, was aus den Vieren geworden war.

„Hier sind sie für euch, live und in Farbe – Feuerherz!" und das Intro begann. Sina zitterte. Sie hatte Angst, dass Matt sie sah und 1 + 1 zusammenzählen konnte. Sie hatte Angst, dass überhaupt irgendjemand 1 + 1 zusammenzählen konnte. Zusammenzählen würde.

Meinst du es ernst? [Eine Feuerherz FanFiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt