[Kapitel 32.]

199 11 2
                                    

Basti saß nervös im Schneidersitz auf seinem Bett und drückte ständig auf die F5-Taste seines Laptops, um sein E-Mailpostfach zu aktualisieren. Das Fenster seines Zimmer stand offen und der Wind wehte erfrischend, durch sein ZImmer. Jede Minute müssten die Klausurenergebnisse reingeflattert kommen. Er hatte sich wirklich reingehangen und alles gegeben, um diese Klausur zu bestehen. Er hatte es schließlich Sina versprochen gehabt und sie hatte ihm lange genug regelrecht eingeprügelt, wie wichtig das Studium doch war. Hatte ihm stundenlang klar gemacht, wie wichtig es war, etwas festes in der Hand zu haben, falls es mit der Musik einmal nichtmehr klappte und sowas konnte schließlich schneller gehen, als man dachte.
"Sie haben eine neue E-Mail", ertönte eine roboterartige Frauenstimme auf  seinem PC auf einmal und siehe da: Uni Wuppertal. Die Ergebnisse. Er atmete tief durch. Sein Herz klopfte schwer. Noch nie war er so aufgeregt vor einem Prüfungsergebnis gewesen, aber er wusste, wie viel davon abhängig war. Nicht nur der weitere Verlauf seines Studiums, aber auch seine Belohnung. Hatte er nicht bestanden, konnte er Sina nicht wiedersehen und das war seine Hauptmotivation die letzten Stunden vor der Klausur und auch währenddessen gewesen. Früher hatte er es für schwachsinnig gehalten ein Motivationsbild bei Prüfungen vor sich zu haben, wie bei Fack Ju Göhte, aber das schon leicht mitgenommene Foto von sich und dem Mädchen, welches er während der Prüfung auf dem Tisch neben sich liegen hatte, hatte ihm wirklich Kraft gegeben und ihn nur angespornt noch intensiver nachzudenken. Alles was er tat, tat er, um Sina glücklich zu sehen, um sie nicht zu enttäuschen. Nie war er motivierter gewesen, wenn es um Schule oder seine Bildung allgemein ging und das verwirrte nicht nur ihn selbst, aber auch seine Eltern.

"Sag mal, was ist denn mit dir los? Es ist 2 Uhr nachts und du lernst noch? Dir ist das doch sonst egal und du nutzt jede Gelegenheit, um dich vorm Lernen zu drücken?" Sein Vater stand in dunkelblauer Pyjamahose und altem, weißen T-Shirt in seiner Zimmertür und sah ihn verwirrt an. Er hatte das Licht im Zimmer seines Sohnes durch den Türspalt gesehen und dachte, er war vielleicht eingeschlafen, ohne das Licht vorher auszuschalten. Aber als er leise die Tür öffnete, entgegnete ihm ein Anblick, den er so nicht kannte und der ihn sehr überraschte. Basti saß auf seinem Bett, um ihn herum Bücher und Blätter wild durcheinander verteilt. Konzentriert schaute sein Junge in ein aufgeklapptes, dickes, blaues Buch mit roter Aufschrift, während er nachdenklich an einem Bleistiftende nagte. Der junge Mann erschrak und sah seinen Vater mit großen, müden, schon roten Augen an. "Wir schreiben morgen, ich geh nur nochmal alles Mögliche durch, damit wirklich nichts schief gehen kann", er lächelte seinen Vater schlapp an, bevor er sich wieder seinem Buch widmete. "Junge es ist spät, mach nichtmehr so lange, sonst kannst du dir morgen gar nichtsmehr merken, vor lauter Erschöpfung!" Besorgt schaute er seinen Sohn, der nur mit einer schwarzen Adidas-Jogginghose und einem dunkelgrauen V-Neck bekleidet war, an und seufzte. "Alles gut, ich will nur noch einmal diese Aufgabe durchgehen. Die ist wirklich hartnäckig! Was mach ich, wenn so eine Aufgabe sonst dran kommt? Ich muss das morgen schaffen, darf die Arbeit nicht versauen!" Basti war höchstmotiviert, dafür, dass er wirklich mit der Müdigkeit zu kämpfen hatte. Nachdem er das Gespräch mit Sina beendet hatte, hatte er sich direkt über seine Unterlagen gestürzt, um die versäumte Zeit nachzuholen. Erlaubte sich keinen Gedankengang abseits der Aufgaben mehr. "Hattest du einen Geistesblitz oder wieso die plötzliche Sinneswandlung? Geh schlafen..", Thomas zog die Augenbrauen zusammen und kratzte sich an der Schläfe."Das ist kompliziert Papa, aber ja, 5 Minuten. Gute Nacht", er lächelte kurz und biss sich auf die Lippe, als er wieder mit den Gedanken zu seinen Unterlagen zurückkehrte. "Gute Nacht Sebastian", erwiderte sein Vater nur kurz und schloss seufzend die Tür. Irgendwas stimmte mit seinem Sohn nicht, aber es war zu spät in der Nacht, um jetzt weiter nachzustochern. Vielleicht wusste ja seine Mutter was.

Dieser aber, war das Verhalten schon länger aufgefallen. Sie hatte schon über einen längeren Zeitraum, die vergangenen Wochen, beobachtet, wie ihr Sohn immer wieder zum Telefonieren verschwand, oft abwesend war, viel lächelte, wenn sein Smartphone aufleuchtete. Die Frage, ob er eine Freundin hatte, von der die Eltern nichts wussten, verneinte er jedoch stets - und anders konnte sich seine Mutter die Zeichen nicht erklären. Alles deutete daraufhin. Er nahm Farbe an, wenn man ihn auf sein Verhalten ansprach und wurde schüchtern, ließ sich aber nichts entlocken.
Zum Glück hatte sein Vater nicht das Foto von Basti und dem Fan auf seinem Nachttisch gesehen. Das hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Margit gefiel es, wenn ihr Sohn lächelte. Er hatte ein sehr schönes Lächeln. Dennoch machte sie sich oft auch Gedanken. Sie bekam oft mit, wie der Junge nachts wach war, wenn er tief und fest schlafen sollte. Hörte ihn reden, leise Lachen, auch wenn sie ihn nicht verstand und auch nicht lauschen wollte. Es war immerhin seine Privatsphäre und das akzeptierte sie. Irgendwann würde er sich ihr schon anvertrauen, auch wenn bislang jeder Nachstocherversuch ohne Erfolg war. Er konnte und wollte den Grund für sein Verhalten nicht erklären. "Es ist halt so", war seine Standardantwort. Nicht trotzig oder zickig, immer im beruhigenden Ton, die Mundwinkel nach oben gezogen, aber ohne Hintergrundinformationen. Basti wusste schließlich selbst nicht, wie er die Situation erklären solle. "Matt wird Vater und ich mutiere zum Ersatzvater des Kindes", klang nicht gerade beruhigend.
Und warum er das tat konnte er noch viel schlechter beantworten. Er wusste sich doch selbst nicht zu erklären was er fühlte und wieso er es tat. Warum sich plötzlich alles um Sina drehte. Warum sein Herz schneller schlug, wenn er auch nur an sie dachte. Warum sich alles in ihm zuschnürte, wenn er sich Sorgen machte. Warum es ihn erleichterte, wenn er sie am Telefon hatte. Sorgenfrei war, solang er ihre Stimme hörte. Wusste, wie es ihr und dem Baby ginge. Der Sänger hatte noch nie so gefühlt, aber er wusste auch nicht, mit wem er darüber reden konnte. Mit Matt sicherlich nicht, seine Eltern wollten ihm nur eine Beziehung anhängen, Außenstehende wären über die Umstände zu geschockt, außerdem durfte keiner davon erfahren, dass Matt Vater wurde und die anderen Jungs? Die würden ihn nur auslachen. Da war er sich sicher. So musste er einfach mit den Umständen leben; irgendwann würde es sich sicherlich selbst aufklären und es war ja nicht so, dass ihm die Situation nicht gefallen würde.

Meinst du es ernst? [Eine Feuerherz FanFiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt