Sandora war ganz begeistert als sie hörte, dass Lena mitkam. Immer wieder drehte sie sich zu ihr herum, um ihr ihre volle Aufmerksamkeit zu widmen. Die ganze Fahrt über plante sie die Aktivitäten des Abends: Kissenschlachten, DVDs gucken...
Irgendwann schaltete sich Niel ein.
„Denk daran, dass ihr morgen zur Schule müsst. Ihr solltet lieber etwas früher schlafen gehen…“
Sein Einwand wurde gnadenlos überhört. Lena ließ sich von Sandoras Euphorie anstecken und sie kicherten die ganze Fahrt über beinahe ununterbrochen. Als sie ankamen, war Niel schließlich auch am grinsen.
Er parkte das Auto in einer schmalen Einfahrt. Lena stieg aus und sah sich um. Im abendlichen Zwielicht erkannte sie ein niedriges Haus mit weißer Fassade. Die Fensterläden waren in einem einladenden Blau gestrichen. Vor der Tür bot eine niedrige Veranda ausreichend Platz für einen Grill und Essbereich. Insgesamt sah das Häuschen irgendwie… gemütlich aus.
Sandora lief auf den Eingang zu. Ihre langen Haare wehten verspielt im Wind. Was für ein fröhliches Gemüt! Warum konnte Lena nicht so offen und sorgenfrei sein? Das Leben wäre so viel leichter…
Niel riss sie aus ihren Gedanken, indem er sie leicht an der Schulter berührte. Sie schaute zu ihm auf.
„Kommst du?“
Sie nickte und folgte ihm ins Haus. Dort begrüßte Sandora gerade ihren Vater, indem sie ihm um den Hals fiel.
„Nicht so stürmisch!“, konnte der Mann nur noch rufen. Dann schaffte er es, sich von seiner Tochter zu befreien. „Warum seid ihr denn so spät dran?“
Niel stellte sich sofort. „Ich habe nicht auf die Zeit geachtet. Tut mir Leid…“
Sein Vater setzte eine tadelnde Miene auf. „Dass das aber nicht noch Mal passiert.“ Niel nickte unter seinem strengen Blick. Dann hellte sich die Miene des Mannes wieder auf. Seine meerblauen Augen richteten sich auf Lena. „Und wer bist du?“
„Das ist Nell!“, rief Sandora freudig, bevor Lena antworten konnte. „Darf sie heute hier übernachten? Bitte!“
Der Mann musterte sie interessiert, aber nicht unfreundlich. „Du scheinst mir ein anständiges Mädchen zu sein. Bleib, solange du willst.“
Lena fragte sich einen kurzen Moment, ob er das vielleicht ernst meinte. Sie hatte gerade noch die Möglichkeit, ein knappes „Danke“ hervor zu bringen, bevor sie von ihrer Freundin in den nächsten Raum gezogen wurde.
* * * * * * * * * * * * * * * * * *
Sandoras Zimmer war individuell und kreativ.
Besser konnte man es nicht beschreiben. Es war nicht besonders groß und nicht sehr ordentlich. In einer Ecke stapelten sich eine Menge CDs. Die Wände waren in einem hellen Orangeton gestrichen, an einer war ein Sonnenaufgang in den schönsten Farben aufgemalt. Überall hingen Fotos mit den verschiedensten Motiven: Blumen, Urlaubsfotos, Landschaften… Auf einer Collage von etwa fünfzehn Bildern sah man immer dieselbe Kuh – aus unterschiedlichen Richtungen und Kameraeinstellungen fotografiert.
Das Zimmer haute Lena regelrecht um. Sie hatte sich immer für einen ziemlich kreativen Menschen gehalten, doch dieses Zimmer strotzte nur so vor Inspiration und Talent. Sie wurde fast ein bisschen neidisch auf Dora. Aber auch nur fast.
Sandora ließ sich auf einem schmalen Bett nieder und bedeutete Lena, es sich ebenfalls gemütlich zu machen.
„Tut mir Leid wegen des Chaos…“
„Ist nicht schlimm.“ Sie setzte sich zu ihr. „Dein Zimmer ist echt der Hammer. Wie kommst du nur auf solche Ideen?“
Sie wies auf ein grünes, aus Pappmaschee gebasteltes Abbild einer Gitarre, das an der Wand hing. In großen, violetten Lettern hing darüber:
DU LIEST GERADE
Das Tagebuch - Ein Traum aus Tinte
Teen Fiction„Es wird bald regnen." Die schwarzen Wolken, die sich vom Horizont her langsam und bedrohlich auf sie zuschoben, würden in einigen Minuten über dem Wald angekommen sein. Annell wollte sich gar nicht vorstellen, in was für einer Hölle aus prasselndem...