Kapitel 1 - Ein weiterer sinnloser Tag...

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Es war ein wunderschöner, warmer Frühlingsmorgen. Die ersten Sonnenstrahlen fielen fröhlich durch die nur halb geschlossenen Fensterläden, erleuchteten das schmale Zimmer und kitzelten Lena an der Nase. Gähnend und noch ganz verschlafen öffnete diese die Augen.

Es war hell.

Schnell schloss sie die Augen wieder und wünschte sich, sie könnte einfach liegen bleiben und wieder einschlafen. Aber – einmal wach – funktionierte das leider nicht mehr. Lena verfluchte diese Tatsache und stieg aus ihrem warmen, bequemen Bett.

Ein weiterer sinnloser Tag für ein weiteres sinnloses Leben in einer weiterhin sinnlosen Welt.

Blinzelnd sah sie sich in ihrem Zimmer um. Es war winzig, aber aufgeräumt und sauber.

Lena hatte den gesamten vergangenen Abend damit verbracht, wirklich alles seinem Platz zuzuordnen, jede Unaufgeräumtheit zu beseitigen und jeden Millimeter des Fußbodens unnormal genau unter die Lupe zu nehmen. Jeden noch so kleinen Fussel hatte sie verschwinden lassen. Den ganzen langen Schreibtisch geordnet.

Und sie hatte sämtliche Bücher in beiden Regalen einzeln abgestaubt!

Dann war sie schon um neun Uhr abends ins Bett gefallen und eingeschlafen. Das war vermutlich auch der Grund, weshalb sie jetzt schon wach war. Sie schielte auf den Wecker, der bisher stumm geblieben war. Fünf Uhr dreiundzwanzig. Viel zu früh. Trotzdem setzte sie sich in Bewegung, um sich für die Schule fertig zu machen.

Auf dem Weg zum Badezimmer stutzte sie kurz und blieb stehen. Ihr Leben war sinnlos und das würde es auch bleiben, wenn sie sauber war. Kurz dachte sie daran, sich wieder in ihr Bett zu begeben.

Mit einem Ruck zwang sie sich dann doch dazu, ins Bad zu gehen und sich unter das heiße Wasser zu stellen. Die Zähne putzte sie sich nur notdürftig und zum Föhnen hatte sie gar keine Lust. Sie ließ die Haare einfach, wie sie waren. Sollten sie doch an der Luft trocknen! Dann zwängte sie sich in ihre Jeans und ein schlichtes Top.

Zurück in ihrem Zimmer begrüßte sie ihr Wecker, den sie vergessen hatte, auszustellen, mit nervigem Gepiepe. Lena drückte mit einem lauten Seufzer auf den Off-Knopf.

Sie verfehlte ihn um zwei Zentimeter.

Das durfte doch nicht wahr sein! Beim zweiten Versuch fand ihr Finger endlich die richtige Stelle. Jetzt in wirklich schlechter Laune, verließ sie das Zimmer.

Im Esszimmer angekommen, begrüßte sie ihr drei Jahre älterer Bruder Julian. Eigentlich begrüßte er sie gar nicht, sondern saß reaktionslos am Tisch und starrte sein Brötchen an. Dieses war zwar schon geschmiert, allerdings noch nicht angebissen. Lena schloss daraus, dass er sich in ähnlich guter Laune wie seine Schwester befand.

Das Mädchen konnte es ihm nicht verdenken. Seit ihre Mutter vor zwei Wochen gestorben war, war nichts mehr so, wie es sein sollte. Die ganze Familie litt unter diesem Verlust. Lena hatte eine Woche lang nur geheult. Ihr Vater verschanzte sich seitdem durchgängig hinter seiner Arbeit. Lena sah ihn kaum noch.

Missmutig ging sie in die Küche. Erst nachdem sie den Kühlschrank geöffnet und dessen Inhalt etwa eine Minute lang ausdruckslos angestarrt hatte, merkte sie, dass sie keinen Hunger hatte. Sie schloss die Tür wieder. Zurück im Esszimmer fragte sie ihren Bruder:

„Ist Papa schon weg?“ Sie kannte die Antwort bereits, hatte aber das Gefühl, sie müsste zumindest etwas gesagt haben, bevor sie wieder in ihr Zimmer ging.

Julian nickte nur und Lena kehrte in ihr Zimmer zurück.

Nach kurzer Überlegung setzte sie sich an den Schreibtisch. Sie stützte den Kopf in ihre Hände, atmete einmal tief ein und wieder aus. Komm schon, Lena, versuchte sie sich selbst zu motivieren, konzentrier dich. Du schaffst das. Noch einmal atmete sie tief ein und stand auf. Sie packte die Bücher, die sie für den heutigen Unterricht brauchte in ihre Tasche. Sie warf einen weiteren Blick auf den Wecker. Es war noch nicht viel Zeit vergangen.

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