Kapitel 44 - Unbeschreiblich beängstigend

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In diesem Augenblick verließ Annell Lenas Körper schlagartig und das Mädchen wäre beinahe in sich zusammen geklappt. Sie hielt sich an Niels Arm fest und rieb sich ihren dröhnenden Kopf.

Sobald die furchterregenden Gestalten außer Sichtweite waren, drehte Niel sich mit einem fragenden Gesichtsausdruck zu ihr um.

Wer war das? Und warum haben sie dich verfolgt?“ Seine Stimme überschlug sich beinahe und er begann zu zittern, als würde ihn der Schock erst jetzt einholen.

Lena fiel ihm schluchzend um den Hals und vergrub ihr schmerzendes Gesicht an seiner Schulter.

„Ich weiß es nicht.“, brachte sie gebrochen hervor und fing ebenfalls an zu zittern. Sie drückte sich so fest an ihn, wie sie nur konnte, um das Gefühl zu haben, es wäre alles wieder in Ordnung. Es half ein wenig.

Niel begann, ihr beruhigend über den Rücken zu streichen. „Ist ja schon gut. Jetzt sind sie weg.“, flüsterte er, obwohl er selber kaum weniger erschrocken war als sie.

Herr Melching stürmte durch die Hintertür auf sie zu. Lena sah ihn nicht, da sie ihren Kopf nicht aus Niels Halsbeuge nehmen wollte.

„Was ist hier los? Ich habe Schreie gehört. Ist etwas passiert?“                            

Niel erzählte ihm in allen Einzelheiten, was geschehen war. Er beschrieb die merkwürdigen Gestalten und dass sie eine fremde Sprache gesprochen hatten. Niels Vater hörte ihm aufmerksam zu. Kurze Zeit später kam auch Sandora, die erschrocken und gespannt erzählt bekam, was passiert war.

Lena traute sich nicht, sich von Niel zu lösen. Sie wusste selber nicht genau, warum. Er gab ihr ein Gefühl der Sicherheit. Sie hatte Angst, auf der Stelle in Ohnmacht fallen zu müssen, wenn er sie nicht mehr festhielt.

„…Als sie das Haus gesehen haben, haben sie wohl geahnt, dass es hier zu viele Zeugen gibt, die ihnen gefährlich werden könnten. Dann sind sie geflohen.“, beendete er seine Beobachtung.

„San, ruf sofort die Polizei.“, gebot Herr Melching seiner Tochter, welche daraufhin sofort im Haus verschwand. Dann wandte er sich an Lena. „Wie geht es dir?“

Mühsam hob sie nun doch das Gesicht von Niels Schulter. Kurzzeitig sah sie nur Schwarz, bevor sich ihre Augen wieder ein wenig erholten. Sie hatte aufgehört zu weinen, musste jedoch ziemlich rot und verquollen aussehen. Ganz zu schweigen von dem Blut, das ihr im Gesicht und in den Haaren klebte.

Herr Melching sog bei ihrem Anblick scharf die Luft ein. „Am besten, ich rufe auch noch einen Krankenwagen. Wie ist das passiert? Haben sie dich geschlagen?“

Lena bekam kein Wort heraus und nickte nur. Der Mann verschwand daraufhin im Haus, um Tücher und einen Verbandskasten zu holen. Lena hielt das für eine gute Idee. Ihre Nase brannte inzwischen wieder höllisch. Vorhin hatte sie es im Adrenalinrausch gar nicht mitbekommen, doch jetzt fühlte sie beinahe nur noch den stechenden, nahezu unerträglichen Schmerz in ihrem Gesicht.

Niel warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. „Kannst du laufen?“, fragte er besorgt. Er hatte sich bisher noch nicht getraut sie los zu lassen, aus Angst, sie könne in sich zusammenkippen. Lena nickte zögerlich und schritt auf die Tür zu, durch die Herr Melching gegangen war. Ihre Beine waren zwar unbeschadet, allerdings ließen Schock und Erschöpfung sie zittern und wanken. Niel legte sichernd einen Arm um ihre Taille, um sie im Notfall halten zu können. Gemeinsam strebten sie das Haus an.

Niels Vater kam ihnen auf halbem Weg entgegen und hielt Lena ein Tuch hin, das sie sich auf die Nase halten sollte, um die Blutung einzudämmen. Sie musste aufpassen, nicht die falschen Stellen zu berühren, damit es nicht zu sehr wehtat.

Im Wohnzimmer verfrachteten sie sie auf einen Sessel und legten – weil sie sich nicht einig waren, ob es sinnvoll war oder nicht – ihre Beine hoch. Sandora brachte ihr eine trockene Decke. Dann untersuchte Herr Melching ihre Nase. Er ging vorsichtig vor, doch es tat trotzdem weh. Niel hielt die ganze Zeit über ihre Hand, um sie zu beruhigen und zu trösten.

Nach einer Menge Getupfe und einem weiteren feuchten Tuch gegen die Blutung lautete die Diagnose:

„Ich fürchte, deine Nase ist gebrochen. Der Krankenwagen müsste schon auf dem Weg sein.“

In diesem Moment klingelte auch die Polizei an der Tür. Sie war gar nicht erfreut darüber, dass man sie nicht mit Lena sprechen lassen wollte. Nach den ersten Stunden würden die Opfer wichtige Details bereits wieder vergessen, klagten sie. Als der Krankenwagen kam, hatten sie sich bereits so weit durchgerungen, dass einer von ihnen mitfahren und bis zum Krankenhaus Fragen stellen durfte. Herr Melching war sehr hartnäckig, weshalb Lena nur eine freundliche Polizistin mitgeschickt bekam. Sie hatte einen langen, blonden Pferdeschwanz und aufgeschlossene, braune Augen. Lena erzählte ihr alles, woran sie sich erinnern konnte, während sie ins Krankenhaus gefahren wurde.

Sie nahm die Welt um sich herum nur noch wie durch einen Schleier wahr. Es schien alles so irreal. Vielleicht, weil sie etwas so unglaubliches erlebt hatte, dass es sie für den Moment aus der Wirklichkeit herausgerissen hatte.

Die Ärzte stellten fest, dass ihre Nase leicht angebrochen war. Sie bekam ein großes, verbandsähnliches Pflaster und einige Salben für die etlichen blauen Flecken, die sie sich beim Fallen und Laufen zugezogen hatte. Dann wurde sie wieder nach hause geschickt – sie solle sich ausruhen. Auf Lenas Bitten und Argumente hin, sie bekäme zuhause ohnehin keine Ruhe, fuhr die Polizistin sie zurück zu Niel und seiner Familie. Sie bestand aber darauf, dass Lena ihren Patenonkel anrief und ihm erzählte, was passiert war.

Lena versprach es.

Die anderen Polizisten waren bereits wieder abgezogen. An der Eingangstür kam Niel ihr entgegen. Er war sichtlich erleichtert, sie wohl auf zu sehen – so wie der Rest der Familie auch. Lena wurde auf ein Sofa gezwungen. Sandora und ihr Vater verschwanden in der Küche, um das Mittagessen vorzubereiten. Niel setzte sich neben sie.

„Das war vielleicht ein Schock.“, begann er. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht. Und diese Männer…“ Er schüttelte den Kopf. „Je länger ich darüber nachdenke, desto unlogischer kommt mir das Ganze vor. Du hast es doch auch gesehen, oder?“ Er drehte sich zu ihr herum und schaute sie erwartungsvoll aus seinen großen, meerblauen Augen an. „Es war fast, als hätten sie mir gehorcht. Es war total abgedreht…“

Lena wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Er hatte schließlich Recht, doch das konnte sie ihm nicht sagen. Zumindest nicht jetzt. Vielleicht später?

„Manche Menschen sind schon seltsam.“, antwortete sie deshalb nur.

„Ja“, er lachte sarkastisch auf, „So seltsam, dass sie Mädchen auf der Straße überfallen und entführen wollen.“ Er stützte seine Ellenbogen auf die Knie und ließ den Kopf in seine Hände fallen. „Das war alles ein bisschen viel auf einmal.“

Lena nickte.

Er hatte Recht: Es war viel – und obendrein unbeschreiblich beängstigend.

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Ok - nur ein kurzes Kapitel, sorry :) Woanders hätte der Schnitt nicht gepasst - dafür wird das nächste umso länger!! :D :**

Aber mal ehrlich: Jetzt war es doch kitschig, oder? ;)

Vielen Dank auch für inzwischen über 3600 Reads *-* Ihr seid soooo super!! :D :***

LG Zara <3

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