Kapitel 22 - „Du verstehst das falsch!"

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Kiéra

„Erinnert ihr euch daran was die Wolfsmutter sagte? Sie habe ihren Ehemann zum Wohle aller getötet. Naja oder von ihrem Sohn töten lassen."
„Zum Wohle aller?! Was soll das denn bedeuten?"
„Genau das hat sie uns nicht verraten Bobby. Wir stehen vor genauso vielen Fragezeichen wie du", schimpfte Dean.
„Ist doch auch was", sagte dieser und überging die bissige Bemerkung des hitzigen Jägers. "Dann wissen wir jetzt wenigstens, wo wir anfangen können."
"Super Idee. Willst du dir einfach einen Wolf an die Leine legen und ihn fragen? Ich bin mir sicher er erzählt uns wahnsinnig gern von seinem Masterplan."
Genervt lies sich Dean wieder auf die Couch fallen. Er hatte eindeutig schlechte Laune und ich wurde das Gefühl nicht los, dass es meine Schuld war. Aber was hatte er denn bitte erwartet? Vielleicht sind schon eineinhalb Jahrhunderte vergangen, aber ich war einmal ein Mensch. Und ich erinnerte mich daran. Und selbst als Vampir hatte ich Gefühle. Nur weil die alten Geschichten ein Monster aus mir machen wollten, war ich es noch lange nicht. Die Angst in den Augen der Menschen verletzte mich. Und Deans Angst zu spüren war noch schlimmer, denn ich mochte ihn. Und es fühlte sich eine Zeit lang so an, als würde er mich auch mögen. Er versprach mir seine Hilfe um meine Brüder zu finden und machte mir Hoffnung.

Du versteht das falsch... hörte ich seine Stimme in meinem Kopf. Seine Erklärungen hatte ich abgewürgt, was hätte ich denn falsch verstehen können? Ich habe sein rasendes Herz gespürt, er versteifte sich als er meinen Atem spürte, ehe er schauderte. In der Erwartung ich würde ihn beißen. Was hatte ich da denn falsch verstanden?

Ich hob den Kopf. Sam, Bobby und der Engel waren in ihre eignen Gedanken versunken und heckten vermutlich irgendwelche Pläne aus. Da ich die Geschichte der Brüder kannte hoffte ich nur, dass sie nicht größenwahnsinnig wurden. Sie waren Menschen, dass schienen sie zwischenzeitlich zu vergessen. Und Dean? Er starrte mich unverwandt an. Seine grünen Augen folgten jeder meiner Bewegungen, aber Angst konnte ich nicht in ihnen sehen.
Du verstehst das falsch...
Als er merkte, dass ich ihn ebenfalls ansah, versuchte er sich an einem Lächeln. Ganz leicht hoben sich seine Mundwinkel. Er hatte ein schönes Lächeln, es wirkte so ehrlich, vertraut, freundlich.
Du versteht das falsch...
Ich schaffte es nicht mich zu einem Lächeln durchzuringen, aber ich wandte den Blick auch nicht ab. Als seine Augen meine trafen, schlug ich den Blick nieder. Doch einen Wimpernschlag später, sah ich ihn erneut an. Wieder trafen sich unsere Blicke und er lächelte wieder, ein klein wenig breiter als zuvor.
Du verstehst das falsch...
Es lag keine Angst in seinen Augen also konzentrierte ich mich auf seinen Herzschlag. Ich konnte ihn hören, ganz klar. Er war noch immer schneller als der seiner Freunde, aber er hatte sich beruhigt. Keine Angst... Aber er hatte sich gefürchtet in meiner Nähe. Oder etwa nicht?
Du versteht das falsch...

Dean stand auf und kam auf mich zu. Sein Herzklopfen wurde lauter und abwartend verfolgte ich jede seiner Bewegungen. Neben dem Sessel, auf dem ich mich nach wie vor nicht rührte, blieb er stehen und sah auf mich herab, ehe er sich daneben hockte. Nicht einen Moment ließ er meinen Blick los, Auge in Auge. Er hob die Hand und ließ sie unschlüssig über meiner schweben, ehe er leicht den Kopf schüttelte und sie ebenfalls auf die Armlehne legte. Neben meine Hand, er berührte mich nicht. Aber wieder schlug sein Herz schneller, je näher er mir kam. Ich starrte auf die kleine Lücke zwischen seinen Fingern und meinen. Kaum ein Blatt Papier passte dazwischen, aber irgendwie schien sie unüberwindbar. Für ihn, wie für mich.
"Bitte Kiéra", sagte er leise. "Du verstehst es falsch. Ich fürchte mich nicht."
"Ich kann deinen Herzschlag hören."
Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust. Ich spürte sein Herz, unter meiner Handfläche, gegen seinen Brustkorb schlagen.
"Es ist keine Angst", sagte er und ich legte den Kopf schief.
"Was ist es dann?"
"Ich..."
Seufzend zog ich meine Finger zurück. Ich würde nicht darauf warten bis er sich eine Ausrede ausgedacht hatte.
"Warte Kiéra", er bekam mein Handgelenk zu fassen und legte seine Hände um meine, begann mit meinen Fingern zu spielen. Er sah mir nicht in die Augen.
"Ich... Lass mich versuchen es dir zu erklären."
Wartend sah ich ihn an, aber er blickte nicht auf. Er betrachtete meine Finger in seinen, strich darüber, lächelte leicht. Der knallharte Jäger den ich kennengelernt hatte, der mich töten wollte bei nur einer falschen Bewegung, wirkte auf einmal so klein. Dean Winchester war nervös.

"Ich glaube, deine Idee ist gar nicht so blöd Dean", zerriss Sam die Stille seiner Worte.
"Falsches Timing Sammy", knurrte Dean, richtete sich aber auf. Er setzte sich neben meinen Arm auf die Lehne und lies mich nicht los. Er sah mich nicht an, doch er lies mich auch nicht los.
"Du willst die einfach fragen?", kam es dann von ihm als er sich daran erinnerte, was er im Affekt gesagt hatte.
"Nicht direkt. Kiéra."
Ich riss meinen Blick von Deans Profil los und sah zu dem jüngeren Brüder.
"Und du glaubst, die Wölfe würden mir irgendetwas verraten? Ich bin ein Vampir. Außerdem müssten wir erstmal einen finden."
"Haben sie denn die Wahl? Ob sie dir etwas sagen oder nicht?"
"Du denkst an Manipulation", sprach ich Sams Gedanken laut aus und dieser nickte.
Missmutig stütze ich den Kopf in meine freie Hand.
"Ich hasse meine Manipulation."
"Dann finden wir einen anderen Weg", sagte Dean gleich und erntete einen irritierten Blick von seinem Bruder.
"Und der wäre?", fragte er doch Dean blieb stumm.
"Warum hasst du deine Manipulation?", fragte Bobby und überging den kleinen Hahnenkampf einfach.
"Weil... weil ich ihnen damit den freien Willen nehme. Ich zwinge ihnen etwas auf und wenn es nur die Preisgabe von Informationen ist. 136 Jahre habe ich in einem Käfig gehockt. Ich weiß wie es sich anfühlt die Kontrolle zu verlieren und ich hasse schon die Vorstellung daran, jemand anderem das anzutun. Und ich hasse mich dafür, dass ich es kann. Und... und das es so einfach ist, fast als würde ich Atmen. Ich kann ihnen die Kontrolle nehmen, ihre Entscheidungen, ihren Willen und die Erinnerung und das mit nur einem Atemzug. Und ich hasse es."
"Du hattest die Wolfsmutter manipuliert."
"Ich weiß..."
"Warum?", bohrte nun auch Sam nach.
"Ich hatte ein ungutes Gefühl bei ihr. Ich... ich kann es nicht erklären, nenne es von mir aus einen sechsten Sinn. Sie bat mich nicht herein, dass heißt das wir aufgeflogen wären. Außerdem..."
"Ja?", fragte Dean nun auch zaghaft nach.
"Ihr wärt allein gewesen. Ich hatte Angst dass euch etwas zustößt, wenn ich nicht dabei bin. Es..."
Ich brach ab, wusste nicht was ich noch sagen sollte und ließ meinen Blick wieder zu den Fingern des älteren Jägers gleiten. Verschränkt mit meinen.
"Aber wir sind Jäger", protestierte Sam verständnislos.
"Ich weiß", war alles was ich darauf erwiderte.

"Kiéra", sagte Sam eindringlich. "Es ist unsere beste Chance. Je eher wir Informationen haben, umso eher können wir etwas tun. Denn wenn der Teufel persönlich seine Finger im Spiel haben könnte, dann steht die Welt kurz vor dem Abgrund."
Ich seufzte resigniert und nickte dann.
"Aber wo bekommen wir einen Wolf her? Ich glaube nicht, dass sie gleich für ein Kaffeekränzchen an die Tür klopfen."
"Wenn Cas recht hat, dann sind sie wegen dir hier", druckste Sam wider herum.
"Du wärst der perfekte Köder", setzte er vorsichtig hinterher.
"Oh Nein Sammy", rief Dean und baute sich vor seinem Bruder auf. Er hatte meine Hand losgelassen.
"Sie ist bestimmt nicht unser Köder. Neuer Plan, sofort!"
"Einverstanden", unterbrach ich Dean und dieser sah mich fassungslos an.
"Es ist unsere beste Chance", festigte ich meinen Entschluss.
"Wir wissen nicht wie viele es sind. Die Bisse können für dich tödlich enden. Das ist viel zu gefährlich.", redete der Winchester auf mich ein.
"Ich weiß."
"Wenn du heute stirbst, siehst du deine Brüder niemals wieder...", bläute er mir ein.
"Ich weiß", antwortete ich wieder.
Ich war ganz ruhig geworden. Ich spürte keine Angst, Wut oder Trauer. Vor meinem inneren Auge sah ich einen Krieg wüten. Millionen Menschen ohne Heimat, verletzt, tot. Brüder die gegen Brüder kämpften, die Leichen der Unschuldigen, die Klageschreie der Hinterbliebenen. Damon und Stefan... Es war, als hätte der Wind dieser Bilder meine Kerzen ausgeblasen und ich sah klar.

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Ich lebe noch! Und hab euch ein neues Kapitel mitgebracht 😄
Ein wenig kürzer als sonst, ich weiß, aber mir hat das Ende so gut gefallen 🙈
Dafür gibts aber diese Woche auf jeden Fall noch ein zweites! Ganz ehrlich versprochen!!
Aber jetzt erstmal viel Spaß bei diesem hier 😊

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