Kapitel 37 - Geisterstunde

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Kiéra 

Bevor einer meiner überfürsorglichen Brüder auf die Idee kam, dass es doch keine gute Idee sei, mich die Stadt im Alleingang erkunden zu lassen, machte ich mich daran, schnellst möglich das Grundstück zu verlassen. Ich liebte die beiden abgöttisch, aber schon früher waren sie viel uz sehr um meine Sicherheit besorgt. Ich fühlte mich eingeengt, gefangen und ich wollte, dass das ein Ende hatte. Vor allem, wo ich endlich aus meinen letzten Käfig ausbrechen konnte.

Kaum dass die Pension hinter den Bäumen verschwunden war, ließ ich mir Zeit. Sogar der Wald schien sich verändert zu haben, als würde ich Mystik Falls zum allerersten Mal sehen. Ich schloss die Augen und hörte einfach nur zu, selbst hier am Stadtrand ließ sich die Natur nicht von den Menschen stören. Ich hörte die Vögel singen, als wollten sie den Lärm der Städter übertönen, ich hörte das Rascheln der Blätter, wenn sich Tiere hindurchschoben, das Kratzen kleiner Krallen an Baumrinden und ich hörte, in meinen Vampirohren, überschalllautes Flügelschlagen.

"Hallo Castiel", begrüßte ich den Engel in meinem Rücken. Ich musste mich nicht umdrehen, ich konnte sein Herz schlagen hören, sein Blut konnte ich riechen. Und ich erinnerte mich an das Geräusch seiner Flügel, als er die letzten Male auftauchte.
"Kiéra", grüßte er und stellte sich neben mich, den Blick auf die befahrenen Straßen von Mystik falls geheftet.
"Was tust du hier?", fragte ich gerade heraus, denn ich hatte bisher nicht das Gefühl, dass Engel etwas von Höflichkeitsbesuchen hielten.
„Ich wollte mit dir sprechen", gestand er und wenn ich ihn so aus dem Augenwinkel betrachtete, konnte ich fast die Reue in seinem steinernen Blick erkennen.
„Du willst mir ins Gewissen reden", präzisierte ich seine Worte.
„Ja."


Er schwieg eine Weile, es schien als wüsste er nicht genau, wie er mir meinen Tod am besten schmackhaft machen konnte. Das letzte Gespräch hatte ich noch gut vor Augen.
„Hat der Himmel dich geschickt?"
„Ja", seufzte er. „Er besteht auf deinen Tod."
„Gibt es keinen anderen Weg?"; fragte ich leise. Dieses unsterbliche Leben habe ich nie gewollt, aber jetzt wo ich es hatte, wollte ich es auch nicht verlieren. Nicht, wo ich endlich die Möglichkeit hatte zu leben.
„Ich weiß es nicht, vielleicht", gestand Castiel. „Aber es ist der sicherste Weg sie alle zu retten."
Ich dachte an meine Brüder, an Sam und Dean. An all die Menschen, die Wesen, die ich in den letzten Tagen kennengelernt habe und die mir ohne zu zögern ihre Hilfe versprachen. Wäre mein Tod nicht ein kleiner Preis für ihre Leben?
„Tut es weh?", fragte ich den Engel.
„Du wirst nichts spüren", versprach er und kam auf mich zu. Als wäre diese eine Frage, eine Aufforderung gewesen. Eine Erlaubnis.
Sehnsüchtig blickte ich tiefer in den Wald hinein und wich zurück.
„Ich will mich verabschieden", flüsterte ich und blickte dem Engel flehend entgegen doch er schüttelte nur den Kopf.
„Sie würden mich zu stoppen wissen. Ich kann das nicht zulassen."
Mit jedem Schritt den er auf mich zukam, wich ich einen zurück.
„Es tut mir leid, dass es keinen anderen Weg gibt", sagte er und ich glaubte ihm. Aber es würde ihn nicht von seinem Vorhaben abbringen.
„Mach es dir nicht so schwer", bat Castiel. „Ich verspreche dir, dass du nicht spüren wirst. Du schläfst einfach nur ein, Kiéra."

Ich glaubte ihm. Aber das linderte meine Furcht nicht. Ich verstand seine Gründe, bei Gott ich konnte sie nachvollziehen. Aber ich wollte einfach nicht sterben. Ich habe so lange für mein Leben gekämpft. Ich habe so lange überlebt und all das soll nichts bedeutet haben?
 „Bitte Castiel", flehte ich. „Gib mir einen letzten Tag. Einen Tag, an den ich mich erinnern kann, ich flehe dich an."

Statt einer Antwort blieb der Engel stehen und starrte mich mit weit aufgerissenen Augen einfach nur an, ehe er in gleißendem Licht verschwand.
Ich schlug mir schützend die Arme vor die Augen und krümmte mich zusammen, wusste nicht wie mir geschah. Angestrengt lauschte ich, was war geschehen? Ich verstand nicht.
„Alles in Ordnung", hörte ich eine tiefe Stimme an meinem Ohr und ich spürte eine Hand an meinem Rücken.
„Er ist weg", versicherte man mir und packte mich bei den Schultern, zog meinen Oberkörper hinauf. „Dir geschieht nichts."
Ich ließ die Hände sinken und öffnete vorsichtig die Augen, ließ den Blick schweifen und konnte den Engel nicht ausmachen.
„Was ist passiert?", fragte ich und konnte frisches Blut riechen. Die Hände vor meinen Augen waren blutverschmiert.
„Ist er tot?", fragte ich zögerlich und schaffte es nicht, den Blick von seinen Händen zu lösen.
„Nein, ich habe ihn weggeschickt."
„Wie?"
„Mit einem Siegel. Schau hin", forderte er mich und dirigierte mich zu einer Baumgruppe zu unserer linken. Blut tropfte von einem der Stämme, ein Symbol prangte an der Rinde. Eine Sprache, die ich noch nie gesehen hab. Am Boden lag ein junges Mädchen, die toten Augen waren starr zum Himmel gerichtet.
„Du hast sie getötet", stellte ich fest und drehte mich noch immer nicht um. Selbst dann nicht, als ich seine Präsenz direkt hinter mir spüren konnte.
„Ich hatte keine Kreide zur Hand", gestand er und ich spürte seinen Atem an meinem Ohr. „Und dein Leben war ihres wert. Was hätte ich tun sollen?"
„Was ist mit deinem Blut?" fragte ich atemlos.
„Es hätte mir nicht annährend so viel Freude bereitet, wenn ich mein eigenes genommen hätte."

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