- 2 - mein leben

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"Ich will mein Leben ändern", teilte ich meinen zwei besten Freunde mit, während ich meine Bücher auf den Tisch knallte und mich auf den Stuhl neben ihnen fallen ließ.

Miles sah mich mit erhobenen Augenbrauen an, während Kat genervt ihre Augen verdrehte.

"Hatten wir dieses Thema nicht schon oft genug, Grace?", sie warf mir einen kurzen Blick zu, bevor sie sich wieder ihrem Frühstück zu wendete.

"Also ich finde die Idee nice, mein Leben kann auch mal wieder etwas mehr Action gebrauchen", gab Miles gelassen von sich und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

Ein Lächeln entstand auf meinem Gesicht, aber es wurde ein paar Sekunden später wieder von Kat zerstört.

"Sorry Leute, aber ich hab keine Zeit dafür mein Leben erneut auf den Kopf zu stellen. In zwei Monaten fangen die Prüfungen an."

Miles und ich seufzten gleichzeitig.

Prüfungen. Dieses Thema hatte ich lange versucht zu verdrängen. Ich hatte es in die hinterste und tiefste Ecke meines Kopfes gesteckt, aber es ließ sich immer mal wieder blicken und bereitete mir Kopfschmerzen und Panikattacken.

Wie gerne ich mich doch vor dem ganzen Thema drücken würde. Doch dies war leider nicht möglich, ganz egal, wie sehr ich mich dagegen wehrte. Wir alle mussten da durch.

"Das bedeutet aber wir haben noch zwei Monate Zeit", bemerkte Miles und grinste uns beide an.

"Du bist ein Idiot", seufzte Kat, doch sie konnte nicht verhindern, dass ein kleines Grinsen auf ihren Lippen entstand.

"Du liebst mich"

"Okay! Hört auf oder ich muss mich gleich übergeben!", ich hielt mir meine Ohren zu und schloss meine Augen, "sagt Bescheid, wenn ihr fertig mit flirten und rummachen seid"

Kat schlug mir gegen meinen Arm und ich begann zu grinsen.

"Bevor ich etwas mit ihr anfange, bleibe ich lieber mein Leben lang alleine", zischte Miles und ich konnte mein Lachen nicht mehr zurück halten.

Waren meine Freunde nicht bezaubernd? Also ich wäre gerne mit uns befreundet gewesen. Schließlich waren wir die nettesten Menschen auf diesem Planeten. Manchmal.

Als ich meine Augen wieder öffnete, erblickte ich sofort den Jungen, der mich seit Anfang an in seinen Bann gezogen hatte. Der Junge, den meine Augen sofort fanden, wenn er den Raum betrat. Der Junge, der immer so arrogant und eiskalt wirkte. Adam.

Seit einer gefühlten Ewigkeit schwärmte ich ihm schon hinterher und dabei würde es wohl auch für immer bleiben. Einer Schwärmerei. Aber es war nicht das erste Mal, ich schwärmte gefühlt jedem Jungen hinterher, der einiger Maßen meinem Typ entsprach oder einfach nur gut aussah.

Trotz allem würde ich mich wahrscheinlich nie auf einen von diesen Typen einlassen, meine Ansprüche waren einfach viel zu hoch. Und genau das war das Problem.

Ich hatte noch nie einen Freund, versteht mich nicht falsch, ich fand es nicht schlimm und ich musste auch nicht unbedingt einen Freund haben, aber bei meinen Ansprüchen würde dies vorerst auch so bleiben. Ich ließ mich eben nicht auf jeden daher gelaufenen Typen ein.

Und zu alledem wollte ich die Gruppe an Menschen, die mich richtig kannten und denen ich vertraute, so klein, wie möglich halten. Menschen waren grausam.

Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass mich Adam faszinierte.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Kat mich in die Seite stupste und nach ein paar Mal blinzeln, musste ich überrascht feststellen, dass ich immer noch auf die Stelle starrte, an der Adam gerade noch gestanden hatte.

"Dein Traumprinz sitzt dahinten", meinte Kat nur und zeigte mit einer kurzen Kopfbewegung in seine Richtung.

Verwirrt blickte ich sie an. "Ich war nur in meinen Gedanken vertieft?", es war mehr eine Frage, als eine Aussage.

Kat begann zu schmunzeln, "natürlich warst du das."

Innerlich hoffte ich, dass diese Schwärmerei so schnell wieder verschwand, wie sie gekommen war. Wenn ich etwas nicht leiden konnte, dann war es, wenn meine besten Freunde versuchten mich mit einem Typen zu ärgern.

Ich war keins dieser Mädchen, das einem Jungen verträumt hinterherschaute und sich in Gedanken die gemeinsame Zukunft vorstellte. Oder ihm hinterher lief nur um vielleicht für ein paar Sekunden seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Oder hoffte, dass er mich irgendwann von alleine bemerkte und feststellte, dass ich die Liebe seines Lebens war.

Ich war ein Realist und davon überzeugt, dass diese Dinge nur in Büchern passierten. An dieser Einstellung würde sich wahrscheinlich auch nie etwas ändern.

Und ich würde mich nie auf dieses Niveau herunterlassen und jemandem hinterherlaufen, ganz egal, wer es war. Ich kannte meinen Wert und wusste gut genug, dass ich es nicht nötig hatte jemandem hinterherzulaufen.

Vielleicht machte mich das zu etwas besonderem, vielleicht aber auch zu einem sturen und arroganten Dickkopf.

Aber genau das war ich. Stur, arrogant und dickköpfig. Einige Menschen hatten mich zu dem gemacht. Hatten mich dazu gebracht nicht jedem zu vertrauen und nicht jeden an mich heranzulassen. Hatten mir gezeigt, wie grausam diese Welt und vor allem die Menschen in ihr waren.

Trotzdem gab es immer wieder Momente und Menschen, die mir zeigten, dass diese Welt doch nicht ganz so grausam war. Dass es sich lohnte sich zu öffnen, zu vertrauen, zu lieben und zu leben.

Wie der Moment, als Miles, Kat und ich uns auf dem Weg nach Hause befanden, wir gemeinsam in Miles' Auto saßen, zur lauten Musik sangen und tanzten. Wir waren glücklich und fühlten uns frei. Und für diese paar Minuten waren wir das auch. Frei von Sorgen, frei von Problemen. Das einzige was für uns zählte, war es den Songtext so laut zu singen, dass die Leute uns in der Nachbarstadt noch hören konnten.

Dieses Auto, diese kurze Fahrt, diese alten Lieder brachten uns näher, näher als wir uns sowieso schon waren. Wir wurden zu einer kleinen, glücklichen Familie.

In solchen Momenten liebte ich mein Leben mehr, als alles andere.

ein Leben wie diesesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt