Während ich, wie fast jeden Tag, auf meinem Bett lag, die Decke anstarrte und über mein langweiliges Leben nachdachte, kam mir die Frage, ob ich vielleicht irgendwas in meinem Leben falsch gemacht hatte. Die Frage schwirrte mir nun schon seit ein paar Tagen durch den Kopf. Machte ich vielleicht einfach zu wenig aus meinem Leben? Sollte ich mehr unternehmen? War ich selbst der Grund dafür, dass mein Leben so langweilig war?
Konnte ich mein Leben eigentlich als langweilig und normal bezeichnen? Was war normal eigentlich? Und vor allem war nicht jedes Leben auf seine eigene Art und Weise spannend und besonders? Ich meine, niemand lebt genau das Leben, das du führst. Genauso, wie es nur dich einmal auf dieser Welt gibt, gibt es auch dein Leben nur einmal.
Für mein Leben hatte ich mir einige Ziele gesetzt. Im Ausland leben. Eine Weltreise machen. Kinder bekommen. Heiraten. Ein Buch schreiben und veröffentlichen. Aber das wichtigste Ziel von allen, mein Leben voll und ganz genießen und das Beste daraus machen. Ich wollte nicht irgendwann kurz vorm Sterben feststellen, dass ich nicht richtig gelebt hatte. Ich wollte die Zeit, die ich hatte, nutzen.
Ich wollte ein Leben, für das es sich zu leben lohnte.
Langsam öffnete ich meine Augen, blinzelte ein paar Mal, um mich an die Sonne, die direkt in das Zimmer schien zu gewöhnen, und blickte mich kurz verwirrt um. Nach einigen Sekunden wurde mir jedoch klar, dass ich in meinem Bett, in meinem Schlafzimmer lag. Kurz gesagt, ich war zu Hause.
Das große bequeme Bett stand immer noch vor der hellgrauen Wand, der weiße Kleiderschrank nahm immer noch die gesamte linke Seite des Zimmers ein, der altmodische weiße Schreibtisch, auf dem die vielen Bilder und der Laptop platziert waren, stand immer noch gegenüber von dem Bett, vor dem großen Fenster, das mir einen perfekten Blick auf den angrenzenden Wald gab.
Alles war genauso, wie gestern und vorgestern und vorvorgestern, trotzdem hatte ich das Gefühl, dass etwas anders war. Und dann fiel es mir auf.
Das hier war nicht mein Zuhause, wegen der Möbel, den ganzen Sachen oder den Erinnerungen, das hier war wegen einer ganz bestimmten Person mein Zuhause. Weil er hier war. Weil mein Zuhause immer da sein würde, wo er war. Weil er, schlicht und einfach, mein Zuhause war.
Nachdem ich ein paar Minuten lang grinsend die Decke angestarrt hatte, setzte ich mich endlich auf. Ich rieb mir kurz über meine verschlafenen Augen und strich mir die braunen Strähnen, die sich aus meinem Dutt gelöst hatten, aus meinem Gesicht, als er auf einmal das Zimmer betrat. Ganz automatisch schweifte mein Blick zu ihm und ich konnte nicht verhindern, dass sich bei seinem Anblick ein kleines Lächeln auf meine Lippen schlich.
Er trug nur eine graue Jogginghose, die locker auf seinen Hüften saß, und ein paar nasse, dunkelblonde Haarsträhnen fielen ihm in die Stirn, was mir zeigte, dass er gerade duschen gewesen war. Meine Augen wanderten, wie von alleine, über seinen Oberkörper und ich konnte nicht anders, als mir dabei auf meine Unterlippe zu beißen. Er war immer attraktiv und würde mich immer so verrückt machen, wie jetzt gerade, ganz egal, ob er oberkörperfrei war oder ein altes Shirt und eine ausgeleierte Jogginghose trug.
Als er mich bemerkte, sein Blick war bis jetzt auf das Handy in seiner Hand gerichtet, lächelte er mich augenblicklich an und sogar seine Augen begannen zu strahlen. "Guten Morgen, gorgeous", seine Stimme war immer noch ein wenig rau. Er kam langsam auf mich zu gelaufen, schmiss sein Handy achtlos neben mich auf das Bett und lehnte sich dann vor, um mir einen Kuss auf meine Nasenspitze zu drücken.
Ich sah zu ihm herauf und grinste ihn an, bevor ich sein Gesicht in meine Hände nahm, ihn ein Stück zu mir herunterzog und meine Lippen auf seine legte. Er lächelte in den Kuss hinein, was mein Herz sofort höher schlagen ließ und für ein angenehmes Kribbeln in meinem Bauch sorgte. Nach all der Zeit hatte er immer noch dieselbe Wirkung auf mich wie früher. Und ich glaubte, dass sich das auch nie ändern würde.
Als wir uns lösten, lehnte er seine Stirn gegen meine und sah mir tief in meine schokobraunen Augen. "Ich bin so unglaublich glücklich", flüsterte er und drückte mir erneut einen sanften Kuss auf meine Nasenspitze.
Mein Lächeln wurde immer und immer größer. "Du machst mich so unglaublich glücklich", gab ich leise zurück und ließ mich von seinen meerblauen Augen in ihren Bann ziehen. Es dauerte nicht lange, da trafen unsere Lippen erneut für einen sanften, liebevollen Kuss aufeinander.
Miles und ich waren kurz nachdem wir mit unserem Studium fertig geworden waren, in das Haus am See gezogen. Dort, wo alles angefangen hatte. Dort, wo Miles mich vor einigen Jahren gefragt hatte, ob ich jemals verliebt gewesen war. Damals hatte ich die Frage mit einem Nein beantwortet, heute jedoch war die Antwort ein fettes, riesiges, in Großbuchstaben geschriebenes Ja.
Aber ich war nicht nur verliebt gewesen, ich war es immer noch. Hals über Kopf. Mit den Schmetterlingen, dem Herzklopfen, den zitternden Knien und dem Feuer in mir. Ich hatte mich gegen das Nichts und für das Alles entschieden. Und es war die beste Entscheidung meines Lebens.
An die wahre Liebe hatte ich nie geglaubt, ich war einfach davon überzeugt, dass es sie nur in Büchern oder Filmen und nicht in der richtigen Welt gab, doch ich wurde eines Besseren belehrt. Denn während ich hier auf unserem Bett, in unserem gemeinsamen Haus, saß, Miles über mich gebeugt war, seine Lippen auf meinen, wusste ich, dass ich die wahre Liebe wirklich gefunden hatte.
Ich wünschte, ich könnte in der Zeit zurückreisen, um meinem früheren, 17-jährigen Ich zu erzählen, was noch alles auf mich zu kommen und wie viel sich ändern würde. Damals hatte ich mir über jede Kleinigkeit Sorgen gemacht und alles hinterfragt, doch heute wusste ich, dass das unnötig gewesen war. Ich hätte die Zeit einfach genießen und abwarten sollen, denn am Ende ergibt alles einen Sinn.
Mein Leben war nicht langweilig, nicht heute und damals erst recht nicht. Ich war einfach zu blind gewesen, es zu merken. Genauso blind, wie bei Miles. Doch mein Leben hatte mir, Gott sei Dank, gezeigt, dass es eben nicht langweilig war. Dass immer wieder neue Herausforderungen auf mich zu kommen würden, denen ich mich stellen musste. Dass jede kleine Entscheidung und jedes kleine Ereignis mein Leben auf den Kopf stellen konnte.
Damals wollte ich ein Leben haben, für das es sich zu leben lohnte und genau das hatte ich bekommen. Und ich hätte nie damit gerechnet, dass mein Leben plötzlich so eine Wende nehmen würde.
Ich hatte richtig gelebt und ich lebte immer noch richtig. Klar, ich hatte auch einige falsche Entscheidungen getroffen, aber alle Entscheidungen hatten mich letztendlich hier hergebracht und ich konnte mir kein besseres Leben vorstellen. Zugegeben, es war nicht genau das Leben, das sich mein 17-jähriges Ich gewünscht hatte, aber dieses Leben war tausendmal besser.
Denn dieses Leben machte mich wunschlos glücklich.
- THE END -
aber, weil ich dieses buch und die charaktere sooo sehr liebe, wird es noch ein bonuskapitel geben :)
(seht es als verfrühtes weihnachtsgeschenk haha)
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ein Leben wie dieses
Teen Fictionalter titel - my simple life Ein Leben, in dem man nur existiert, anstatt zu leben, kann man nicht Leben nennen. Grace hat sich in den Kopf gesetzt, aus ihrem Leben ein erzählenswertes Abenteuer zu machen und genau das versucht sie mit ihren besten...