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S A M

Ich will gerade eigentlich gar nicht, dass er nach Hause geht. Dieser Tag ist bis jetzt so schön gewesen. Da möchte ich jetzt nicht allein gelassen werden. Er verbreitet mit seiner bloßen Anwesenheit so einzigartige Gefühle. Ich weiß echt nicht was das sein soll.

Und weil ich ihn nicht gehen lassen möchte, gebe ich ihm nicht sein T-Shirt, nach dem er jetzt das dritte Mal fragt. Mit einem frechen Grinsen schaue ich ihn einfach an und halte eisern das Oberteil fest.
„Jetzt verstehe ich, weswegen du dich nicht auf Jüngere einlässt. Zwei Kindsköpfe kann ja nicht gut gehen." Kommentiert er nur mit einem leichten Kopfschütteln. Doch sein Lächeln dabei sagt was ganz anderes. Wenn es ihn nerven würde, dann würde er ja nicht so süß lächeln. Außerdem sagt das gerade der, der drei Jahre jünger ist als ich.
„Habe ich etwa jemals behauptet, dass dem nicht so ist?" kichere ich nur. Ich habe gerne Flausen im Kopf und das eigentlich nicht zu wenig. Dass er das noch nicht mitbekommen haben soll, erstaunt mich ja schon fast. Um jetzt noch einen oben drauf zu setzen, ziehe ich mir sein Oberteil einfach über. Dann kann er es mir nicht einfach aus der Hand nehmen. Was bei ihm doch recht körperbetont anliegt, hängt bei mir gerade einfach nur. Es ist bestimmt zwei Nummern zu groß. Ich kann doch auch nichts dafür, dass ich so ein halbes Hemd bin. Kann doch nicht jeder wie so ein Muskelpaket aussehen wie er. Genau dafür grinst er mich gerade an. Ich würde fast sagen, dass sexy etwas anderes ist.

„Auf was habe ich mich hier bloß eingelassen?" murmelt Jamie leise und macht einen Schritt auf mich zu. Ich will schon frech mit den Schultern zucken, doch er küsst mich einfach. Ich gehe schnell darauf ein und lege ihm die Arme um den Hals, während ich mich von ihm näher ziehen lasse. Was ich nicht hätte tun sollen. Für ihn war das nur ein Vorwand, denn schneller als mir lieb ist, greifen seine Finger nach dem Saum des T-Shirts und versuchen es mir auszuziehen. Doch zum Glück reagiere ich schnell genug und bringe mich in Sicherheit.
„So wird das nichts." Kichere ich nur. Wieder schüttelt er lächelnd den Kopf.
„Dann soll ich so nach Hause gehen?" fragt er und deutet auf seinen nackten Oberkörper.
„Du kannst auch einfach hier bleiben, dann musst du nichts anziehen." Argumentiere ich keck. Wegen mir muss das nicht sein. Er sieht einfach echt heiß aus. Dieser perfekt trainierte Körper. Es ist genau das richtige Maß an Muskeln an ihm. Wirklich. Da kann sich vermutlich kaum einer das Sabbern verkneifen. Ihn könnte man auch in irgendeinem Kalender abdrucken.

Mit einem sehr breiten Grinsen schnippt er mit den Fingern vor meinem Gesicht rum.
„Doch das müsste ich, weil du mich die ganze Zeit anstarren würdest." Antwortet er lediglich und hält die Hand auf. Ich will ihm das T-Shirt aber nicht wiedergeben. Es riecht so ganz leicht nach ihm, sodass ich mich noch etwas wohler fühle. Also versuche ich es ein letztes Mal. Der Hundeblick. Passend dazu lege ich den Kopf leicht schief und mache große, traurige Augen. Nur ein kleines Stück schiebe ich die Unterlippe vor. Seufzend lässt Jamie daraufhin die Augen rollen.

Ja, ich habe gewonnen!
„Dann gib mir was anderes." Meint er nur. Also gebe ich ihm den Hoodie, den ich vorhin anhatte. Der könnte vielleicht sogar etwas passen. Mir ist der ein kleines Stück zu groß, aber nur so mag ich meine Pullover.

Naja gut. Der Hoodie, der an mir locker hängt und kuschlig ist, liegt bei ihm eng an. Das Grinsen verkneife ich mir nur mit Mühe.
„Feststellung. Du bist ganz schön drahtig." Lacht er nur und zupft an dem Saum umher. Drahtig? Interessante Bezeichnung. Besser als halbes Hemd ist es dennoch.

So wie er werde ich nie aussehen, dafür fehlt mir einfach die Veranlagung. In meiner Familie sind alle schlank und recht groß. Gut, zweitens passt bei mir auch nur bedingt. Jamie überragt mich um etwa fünf Zentimeter. Er ist halt das Bild eines Mannes.

„Willst du dich jetzt beschweren?" ärgere ich ihn trotzdem. Ich habe heute einfach eine fantastische Laune. Ich fühle mich gerade in der Lage Bäume auszureißen. Und Fakt ist, das liegt alles nur an ihm.
„Das würde anders klingen." Schmunzelt er nur und greift nach seinem Rucksack. Schon verziehe ich wieder das Gesicht. Er soll nicht gehen. Obwohl ich nicht will, bringe ich ihn noch bis zu Tür. Wo ich einen sehr sinnlichen Abschiedskuss bekomme, der mich etwas entschädigt.

Ich habe kaum die Tür geschlossen und will wieder zurück in mein Zimmer, da stehen meine Mitbewohner im Flur.
„Hast du dich etwa bei den zukünftigen Sportlehrern bedient?" fragt Felicity neugierig. Mir war ja irgendwie schon klar, dass sie jetzt etwas fragen muss, aber dass sie die anderen mit reinzieht? Eher nicht. Obwohl. Eigentlich schon.
„Ähm." fange ich nur an. Ich habe so irgendwie das Gefühl, dass Jamie später kein Sportlehrer werden will.
„Ähm ist keine Antwort. Raus mit der Sprache." fordert nun David. Ich muss hier wieder ausziehen. Die fragen mir zu viel. Ganz eindeutig. Wieso merke ich das erst nach gut einem Jahr?
„Wir müssen doch wissen wen du hier in unsere Wohnung lässt." argumentiert jetzt auch noch Laurel. Unweigerlich rolle ich nur mit den Augen. Vielleicht hilft es ja wenn ich ihnen ein paar Bröckchen hin werfe.
„Nein, er ist kein Lehramtsstudent für Sport." antworte ich daher nur. Ich finde das Wort Sportlehrerstudent klingt irgendwie komisch, aber ich weiß auch nicht wie man das sonst nett umschreiben kann.

„Aber definitiv Sport macht er. Bei dem Rücken." kommentiert Felicity. Es wäre ja wohl noch schlimmer, wenn er ohne Sport so aussehen würde. Dann würde ich mir überlegen was ich falsch mache.
„Jap." bestätige ich und versuche mich an ihnen vorbei zu zwängen und in die Küche zu huschen.

Ich habe Hunger. Seltsamerweise habe ich das immer, wenn ich Sex hatte. So ähnlich wie Kifferhunger. Nur ist es bei mir „der Hunger danach". Und dann artet das auch immer aus und ich werde zum Profi in gesunder Ernährung. Ohne Scheiß, da frage ich mich manchmal was mit mir eigentlich nicht stimmt.

„Welchen?" will Laurel wissen. Seelenruhig mache ich mir dabei ein Brot. Viel werden sie aus mir nicht rausbekommen, was sie auch zu merken scheinen. Da ich nicht reagiere, als ich von den dreien angestarrt werde.
„Irgendwas wofür man einen Rücken wie eine Schrankwand braucht." bemerkt Felicity wieder. Was hat sie nur mit seinem Rücken? Vielleicht weil sie nicht mehr von ihm gesehen hat.
„So schlimm?" wundert sich Laurel. In der Zeit lege ich etwas Salat auf mein Brot und schneide noch etwas Gurke.
„Definitiv." erwidert Felicity und greift links und rechts an meine Seiten und zieht das T-Shirt so, das es nicht mehr so locker an mir runter hängt.
„Hmm. Ja. Schrankwand oder mit Bauch." bestätigt meine brünette Mitbewohnerin ihr. Mit Bauch? Ich verhören mich wohl gerade. Das soll jetzt bloß keiner falsch verstehen, aber ... gut. Das kann man nur falsch verstehen.
„Vergiss es. Der war eine Schrankwand." berichtet Felicity weiter.
„Mein Gott. Ihr könnt jemanden wunderbar auf etwas runter reduzieren. Wie wär's wenn du uns sagst wie er heißt, dann reden die zwei Grazien nicht immer von einer Schrankwand." mischt sich David genervt ein und klaut mir eine Scheibe Gurke von meinem Brot. Zur Sicherheit packe ich eine zweite Scheibe Brot oben drauf, dann kann er mir nicht noch mehr Belag klauen.
„Stimmt schon. Allein die Vorstellung. Ich und eine Schrankwand. Ist ja gar nicht so viel Holz und hat auch überhaupt keine Kanten. Das kann ich mir richtig gut vorstellen." antworte ich so sarkastisch wie es nur geht. Doch David verzieht das Gesicht. Er will einen Namen und daraus resultiert dann, dass die beiden Damen dann anfangen werden, mehr über ihn heraus zubekommen.
„Danke verzichte. Da finde ich Jamie besser. Darf ich dann jetzt in Ruhe essen oder werde ich weiter verhört?" frage ich und schaue die drei Verhörspezialisten eindringlich an.

Meine Freundinnen verschwinden in Laurel's Zimmer und scheinen das Internet nach Jamie zu durchforsten, was ohne Nachname aber recht schwierig werden könnte. David setzt sich zu mir an unseren kleinen Esstisch und leistet mir Gesellschaft.
„Ich bin nur neugierig. So als Mann. Felicity scheint ihn dir ja fast ausspannen zu wollen, so wie sie immer wieder anfängt. Was für einen Sport muss ich anfangen?" grinst er mich an. Jaja. So als Mann. Sobald er die Chance hat, trägt er die Informationen, die er jetzt sammelt an die anderen weiter und hilft ihnen beim Stalken. Er ist doch der Schlimmste von allen.
„Keine Ahnung, ob Schwimmer andere Rücken haben. Hatte noch nie was mit einem anderen." Das sollte jetzt aber reichen. Mehr bekommen sie nicht. Mal sehen wie lange es dauert, bis mir die ersten Recherche-Ergebnisse vorgelegt werden.

SeelenverwandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt