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• J A M I E •

Etwas genervt gehe ich Mittwochnachmittag zur Tür. Wieso klingelt Sam überhaupt? Er spaziert doch sonst auch immer herein. Ich habe gerade so gemütlich gelegen. Ich bin noch nicht einmal halbwegs angezogen. Der Pulli hat irgendwie auf der Narbe gejuckt. Also Pulli aus. Und jetzt nur in Jogginghose zur Tür ist nicht unbedingt cool. Dafür ist es viel zu kalt draußen. Papa würde sicherlich nur lachen und meinen, dass man in Kanada das auch im Winter so macht. Es war schön, dass er das Wochenende da war. Ich habe mich richtig gefreut.

"Sam. Verdammt du weißt doch wo der Schlüssel ist. Benutz ihn." fluche ich etwas, als ich die Tür öffne.

Doch wer steht da? Nicht Sam.

"Jay. Na Kleiner?" mich strahlt mein Ex an. Der erste Typ, den ich je annähernd geliebt habe. Den ich ewig schon nicht mehr gesehen habe. Seit er damals wegziehen musste. Doch ich freue mich tierisch ihn zu sehen. Schließlich endete diese Beziehung nicht mit Streit und mit vielen negativen Gefühlen, wie mit dem Kerl nach ihm. Unsere Beziehung ging wegen der Entfernung zu Ende. Im gegenseitigen Einvernehmen. Das fand ich damals wirklich schade. Aber es hat einfach nicht geklappt.
"Kayden." freue ich mich und umarme ihn.

"Was machst du hier?" frage ich und lasse ihn rein. Mir ist einfach viel zu kalt, um in der Tür stehen zu blieben.
"Ich hab gehört, was passiert ist und musste einfach nach dir sehen." Ein zartes Lächeln umspielt seine Lächeln. Dabei mustert er mich etwas. Ganz ungeniert, lässt er den Blick über meinen nackten Oberkörper schweifen. Das wird er wohl auch nie wieder los.
"Und dafür musst du her kommen?" frage ich weiter, doch ich freue mich wirklich über den unangemeldeten Besuch, während ich mir ein lockeres Tanktop überziehe. Kayden kann sonst den Blick nicht von mir lassen.

Manche Tage hat er mich so lange angeschaut, dass ihm fast ein Sabberfaden am Mundwinkel klebte. Das hat etwas genervt, aber auch nur weil ich damit nicht umgehen konnte. Heute geht's. Durch das vermehrte Schwimmtraining und die Wettkämpfe habe ich gelernt damit umzugehen.

"Ich war gerade bei meiner Oma und dachte, ich komme vorbei." Kayden setzt sich auf die Couch und schaut mich immer noch so an. Er kann es nicht lassen. Doch es stört mich nicht. Irgendwie verbreitet es ein angenehmes Gefühl.
"Was hättest du gemacht, wenn ich nicht da gewesen wäre?" necke ich ihn und setze mich dazu. Unsere kleinen Neckereien.
"Dann wäre ich später wieder gekommen." Sein Grinsen. Es macht mich immer noch schwach. Doch es hat nicht mehr die selbe Wirkung auf mich wie früher. Es ist einfach nicht Sam's Lächeln.
"Übrigens meint es die Natur viel zu gut mit dir." Er macht es sich etwas gemütlicher und schaut mich von der Seite an. Wieder mustert er mich. Sicherlich hat er etwas gefunden, das sich in den Jahren verändert hat. Ich bin schließlich keine 15 mehr.
"Du wirst mit den Jahren immer heißer." wispert er leise und rückt ein Stück dichter, doch er scheint zu sehen, dass ich das darauf nicht eingehen werde. Er bleibt mit einem Stück Abstand sitzen.

"Erzähl lieber was passiert ist. Die Narbe sieht doch sehr unschön aus. Die versaut etwas die Optik." bittet er mich ruhig. Es ist seltsam, dass er hier neben mir sitzt. Es ist einfach viel zu lange her. Und jetzt so zu tun als wären nicht Jahre vergangen. Doch es ist auch schön.
"Hmm. Hirnlose Menschen halt." Ich zucke leicht mit den Schultern. Das Thema ist einfach durch für mich. Ich musste das jetzt schon so oft erzählen, dass ich keine Lust mehr habe. Es ist langweilig. Immer wieder das selbe zu erzählen.

Er verdreht die Augen und schaut mich dann wieder eindringlich an, als müsste er dennoch mehr wissen. Mit einem Augenaufschlag und eine Kopfbewegung versuche ich ihm zu verstehen zu geben, dass es nicht weiter der Rede wert ist.

"Ach komm schon. Was hast du..." Seine Frage kann er nicht beenden, da Eric zur Tür hereinstürmt. Er hat sichtlich schlechte Laune. Und sie verfinstere sich noch mehr, als er Kayden erblickte.
"Muss ich dem Ekel eine reinhauen?!" fragt Eric mich und wirft Kayden einen bitterbösen Blick zu. Ich weiß, woran er denkt. Er denkt an den Typen, der mich so verletzt hat.
"Entspann dich. Du weiß, dass hätte ich selbst gemacht, wenn es nötig wäre." grinse ich ihn amüsiert an. Er ist ja nicht ohne Grund mein bester Freund.
"Ich trau deinem Gehirn nicht, solange wie du diese Medikamente frisst, als wären es Bonbons." herausfordernd schaut er zurück. Eric hat wirklich schlechte Laune. Ich glaube, er hat irgendetwas mit Hannah.

SeelenverwandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt