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• J A M I E •

Zu Hause merke ich, dass mit Sam etwas nicht stimmt. Er antwortet relativ wortkarg auf meine Nachrichten. Er hatte vorhin doch noch gute Laune. Was ist in der Zeit passiert? Sollte ich vielleicht wieder hin und bei ihm sein? Oder sollte ich ihm etwas Abstand geben?
Argh. Ich weiß nicht, was gerade richtig ist. Das nervt. Ich versuche es einfach noch einmal.

Ist alles okay? Du wirkst irgendwie niedergeschlagen.

Ich hoffe es klappt. Ich zermartere mir gerade das Hirn, was ich gemacht haben könnte. Denn sicher ist, irgendetwas hat er. Ich hoffe jedoch, dass es nicht wegen mir ist.

Aha. Wirke ich so?

Wenig später erhalte ich die Antwort. Toll. Das ist nicht besser.

Ja. Haben deine Mitbewohner etwas zu ihrer Recherche gesagt?

Ich will es doch nur verstehen und dann helfen. Aber das kann ich nicht wenn er nicht mit mir redet. Das ist einfach doof. Zum Glück ist Mom gerade nicht da und bekommt nicht mit, wie ich frustriert an die Decke starre. Dann würde sie mich löchern mit ihren Fragen.

Ja.

Nicht die umfangreiche Antwort die ich erwartet habe, aber ein Anfang. Ich kann mir auch fast denken, was sie gesagt haben.

Lass mich mal ganz mutig raten. Sie wissen, dass du nichts mit Jüngeren anfängst. Und sie haben herausgefunden, dass ich 17 bin. Das haben sie dir vorgehalten und jetzt bist du angefressen, weil sie sich eine Meinung gebildet haben. Stimmt's?

Hoffentlich war das kein Schuss ins Blaue. Ungeduldig kaue ich auf der Lippe umher, als ich auf die Antwort warte. Ich will nicht vollkommen daneben liegen. Trotzdem halte ich meine Vermutung für zutreffend. Es wäre ja nicht das was ich bereits kenne. Überhaupt nicht. Das kotzt mich so an.

Ja.

Puh. Jetzt weiß ich wenigstens schon, wo das Problem ist. Dafür muss jetzt nur noch eine Lösung her. Doch ich brauche auch noch ein paar Infos. Innerlich verfasse ich jedoch noch ein kurzes Stoßgebet, dass er deswegen nicht mit mir Schluss macht. Wenn selbst seine Mitbewohner wissen, dass er nichts mit Jüngeren anfängt, dann scheint das ja ernst zu sein. Ob es Grund genug ist, weiß ich nicht. Ich hoffe nicht.

Haben sie denn mit ihrer Meinung Recht?

Meine Nachricht ist kaum gesendet, da bekomme ich schon die direkte Antwort.

Nein. Absolut nicht. Sie haben halt behauptet, dass du ein halbes Kind bist. Und jetzt komm mir nicht, ich hätte es auch gedacht. Ich weiß jetzt aber dass es anders ist.

Ein angenehmes Gefühl macht sich in mir breit, dass er mich so verteidigt. Es gefällt mir. Und es macht nicht den Anschein, als würde er mich verlassen. Gott sei Dank. Da fällt echt was von mir ab. Auch wenn es nur für ein paar Minuten da war. Das war ein sehr, sehr unangenehmes Gefühl.

Lass sie doch. Was sie denken ist mir doch total egal. Es ist doch viel wichtiger was du denkst. Sie sollten dir mehr vertrauen und es einfach akzeptieren. Du bist doch alt genau eigene Entscheidungen zu treffen oder hast du mich etwa angelogen und bist der jüngere von uns beiden?

Innerlich kichere ich etwas. Jetzt muss nur noch Sam es so verstehen. Er soll wieder fröhlich sein und so gut gelaunt wie vorhin. Da hat er so niedlich gelächelt, das fand ich süß.

Obwohl du Recht hast, bist du doof. Was machst du am Wochenende?

Na endlich. Der Smiley ist hoffentlich da, weil er schmunzeln musste. Ich nehme es jetzt mal stark an. Außerdem vermute ich, dass er nicht gefragt hätte, was ich am Wochenende mache, wenn er noch schlechte Laune hätte.

Hab Samstag einen Wettkampf. Sonntag können wir was machen.

Seine Antwort lässt nicht lange auf sich warten und fällt fast so aus, wie ich es angenommen hätte.

Darf ich zugucken kommen? Wollen wir dann Sonntag nur ein bisschen gammeln und spontan entscheiden was wir machen?

Klar, aber sei mir nicht böse wenn ich dich nicht beachte. Ich bekomme da nie was mit. Nicht einmal wenn Mama mit dabei ist. Das mit Sonntag klingt gut.

Ich bin da wirklich schlimm. Ich bekomme da immer so einen Tunnelblick. Obwohl ich sagen muss, dass ich wegen Samstag nicht aufgeregt bin. Fast schon gelangweilt. Da wird nichts Neues passieren. Es ist das selbe wie immer. Die anderen Schwimmer kenne ich alle und ich muss sagen, dass mir da der Reiz fehlt. Ich weiß was ich zu tun habe und wie ich eine Platzierung weit vorn bekomme. Das ist fast Routine. Das geht immer zwischen den selben drei Schwimmern aus. Wirklich jedes Mal. Mich langweilt so etwas. Ich glaub ich muss mal eine längere Strecke machen. Eben etwas das mich mehr an meine Grenzen bringt. Mal schauen was der Trainer sagt.

„Schatz? Hast du mich gar nicht gehört?" Ich bemerke Mom erst als sie mich anspricht. Ich blinzle einmal und richte mich etwas auf. Sie hat sich ganz schön angeschlichen.
„Ich muss dir ein Glöckchen verpassen, dann kannst du dich nicht mehr anschleichen." kichere ich nur und umarme sie kurz. Leise lacht sie auf.
„Du warst zu sehr mit deinem Handy beschäftigt." meint sie nur. Sie soll mir jetzt nicht vor halten, dass ich das öfter mache. Nur wenn Sam schreibt. Bei den anderen lasse ich es auch mal eine Weile liegen.

Ich folge ihr in die Küche, um das Abendessen zu machen.
„Hatte ich dir schon gesagt, dass ich Samstag arbeiten muss?" fragt sie und beginnt den Kühlschrank auszuräumen.
„Ja. Und Sonntag auch. Apropos Wochenende. Kann sein das Samstag wieder mal Party ist..." während ich das sage verdrehe ich kurz die Augen.
„... und Sonntag bin ich unterwegs. Wenn es okay ist." erzähle ich ihr. Sie lacht wieder leise, als ich von der Party erzähle und die Augen verdrehe.
„Wieso gehst du dann hin, wenn du eh keine Lust hast?" fragt sie stattdessen.
„Das habe ich dir doch schon öfter erklärt. Ich kann mir was anhören, wenn ich nicht gehe. Was ist mit Sonntag?" erkläre ich ihr ein weiteres Mal. Rory und Colton meckern doch immer, wenn ich versuche mich um eine Party zu drücken und etwas sauer sind sie dann auch. Ich füge mich da einfach der stummen Regel, dass nach jedem Wettkampf Party sein muss.
„Mach doch. Ich komme doch eh erst spät nach Hause." sagt Mama schließlich. Mein Sonntag mit Sam ist also auch sicher.
„Hast du dann Montag und Dienstag frei?" frage ich sie noch und decke schon den Tisch.
„Genau. Hoffentlich habe ich dann mal etwas Frühschicht." seufzt sie nur. Ja ja, das Leben einer Krankenschwester. Es ist nicht immer einfach, aber wir haben uns daran gewöhnt.

„Und streng dich Samstag an. Auch wenn ich nicht dabei bin." mahnt sie mich noch, doch ihr leichtes Grinsen verrät, dass sie mich nur etwas ärgern will.
„Jaja. Wie immer." wieder lasse ich kurz die Augen rollen. Dabei mache ich mir Essen auf und warte bis sie auch so weit ist.
„Was ist bei dir nur schief gelaufen, dass dir sowas aufregendes zu langweilig wird?" Mama schmunzelt und ist an der Antwort wirklich interessiert. Wenn ich die nur hätte. Ich weiß es doch auch nicht.
„Wenn du es weißt, sagst du es mir dann auch. Vielleicht kann ich dann was ändern." grinse ich nur. Aber ich kann doch nichts dafür, wenn mir da der Reiz fehlt, was mir den entsprechenden Ansporn liefert.

Moment.
Vielleicht habe ich Samstag einen neuen Reiz. Sam wird zuschauen. Ich muss Samstag eine Glanzleistung hinlegen. Er wird es schließlich sehen. Und Mom freut sich wenn sie etwas bekommt, das sie sich in die Vitrine stellen kann. Also mein Plan ist jetzt, dass ich meine persönliche Bestzeit unterbiete und trotzdem den Coach frage ob wir nicht das nächste Mal auf etwas mehr Strecke gehen können. Die 200m sind mir dennoch zu wenig. Wenn ich für mich schwimmen gehe, dann mache ich ja auch solange bis ich kaum mehr aus dem Becken komme, aber dann fühle ich mich einfach besser. Dann ist mein Bewegungsdrang etwas befriedigt.

SeelenverwandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt