• S A M •Jamie schrieb mir in seiner Mittagspause, dass die Freunde nach dem Training noch zu McDonald's gehen würden. Ich bin jetzt echt gespannt ob es so schlimm wird, wie er meint. Ich war vorhin schon etwas enttäuscht, als ich kapiert habe, dass kaum einer zu wissen scheint, dass er nicht auf Mädchen steht. Ein bisschen betrogen habe ich mich schon gefühlt. Aber er sah auch so niedergeschlagen aus, als würde es ihn selbst stören. Deswegen interessiert es mich umso mehr wie seine Freunde so sind.
Ich kann das ganz leise Seufzen nur schwer unterdrücken, als ich das Restaurant der Fastfood-Kette betrete. Ach verdammt. Das hätte er ruhig sagen können. Seine Freunde sind wenigstens genauso muskulös wie Jamie. Man sieht ihnen an, dass sie gemeinsam im Schwimmteam sind. Es ist einfach ... Ich stehe doch so sehr auf Muskeln. Deswegen habe ich Jamie doch überhaupt erst angequatscht. Etwas oberflächlich, ich weiß, aber was soll ich machen. Gerade bereue ich es jedoch nicht.
Als ich mich in die Schlange zum Bestellen einreihe, schaue ich kurz zu Jamie rüber. Ich kann ein leichtes Glitzern in seinen Augen erkennen, doch es verschwindet recht schnell, als er wieder seinen Freunden zuhört. Die Gruppe fällt regelrecht auf mit ihrem lauten und doch sehr kindischen Verhalten. Während ich warten muss, beobachte ich weiter. Vier der sechs Jungs sind laut, schmeißen sich gegenseitig mit Papier und kleinen Pommes ab und benehmen sie wie kleine Kinder. Da fällt mir ein Grund ein, weswegen ich meistens nichts mit Jüngeren anfange. Sie können sich oft nicht benehmen. Zum Glück scheint Jamie da anders zu sein. Er hält sich sehr zurück und ist recht still. Genau wie ein anderer. Die beiden sind wohl eher die Ruhigen der Gruppe.
Nachdem ich mein Essen bekommen habe, suche ich mir einen Platz nah genug um die Freunde zu belauschen und dennoch mit genügend Abstand um nicht zu auffällig zu sein. Mir fällt als erstes auf, dass Jamie nicht gut drauf ist. Er stochert fast in seinem Essen rum. Die Pommes tunkt er viel zu lange und viel zu desinteressiert in seinen Ketschup und sie brauchen noch länger bis er sie isst. Es gefällt mir gar nicht ihn so zu sehen. Er ist doch sonst immer gut gelaunt und ein wahres Energiebündel.
Ich will mich schon fast fragen, was los ist, da höre ich das Gespräch mit an. Einer der Freunde boxt Jamie leicht am Arm und fordert ihn auf doch endlich zu erzählen.
„Komm schon. Wir erzählen dir auch alles." lacht der große Typ mit braunen Haaren. Jamie seufzt jedoch nur und verzieht das Gesicht. Ich sollte wohl in nächster Zeit etwas die Krallen einziehen, damit er keine Kratzer mehr abbekommt, um zu vermeiden, dass er von seinen Freunden nicht weiter so ärgert wird. Es tut mir wirklich leid, ihn in diese Lage gebracht zu haben.
„Jamielein. Welches Mädchen hat dich so zugerichtet?" Blöd grinst ihn der nächste an. Vor Schreck halte ich in meiner Bewegung inne.Irks. Jamie und ein Mädchen. Die Vorstellung in meinem Kopf wie er mit einem Mädchen rummacht, ist echt ekelhaft. Er ist doch meiner.
„Es war kein Mädchen." knurrt Jamie leise und vollkommen genervt. Dabei sieht er nur stur auf das Tablett vor sich.
Habe ich mich gerade verhört? Hat er das wirklich gesagt?
Die vier lauten Jungs lachen jedoch nur schallend los und auch der fünfte, der eigentlich eher ruhiger ist, gluckst leise. Was sind das für Idiotien?!
„Was sonst? Eine Katze oder was?" prustet einer los und der nächste setzt gleich einen hinter her. Wirklich. Ich muss mich echt zusammenreißen, um nicht rüber zu gehen, Jamie von seinem Stuhl hoch zu zerren und dann mit nach Hause zu nehmen.
„Ganz schön große Katze." sagt der zweite und setzt die Hand an Jamie's Oberkörper und platziert je einen Finger auf einem Kratzer. Sehr genervt lässt es Jamie über sich ergehen.Er versucht sich nicht anmerken zu lassen, wie sauer er eigentlich ist. Wie kann er dabei nur so ruhig sein? Man sieht ihm zwar an, dass er sehr genervt ist, aber er erträgt den Blödsinn seiner Freunde stumm. Mir wird jedoch immer mehr klar, weswegen er seinen Freunden nichts erzählt. Er hat doch gerade deutlich gesagt, dass es kein Mädchen war und sie glauben ihm nicht, sie überlegen nicht mal eine Sekunde. Mir wird bewusst, dass es wahrscheinlich sogar besser ist, wenn er es ihnen verheimlicht. Sie würden es vermutlich nicht verstehen oder Sprüche bringen. So wie es Kinder eben tun. Denn was anderes sind sie nicht, in deren Köpfen ist noch kein Funken Vernunft angekommen. Wie bei Kindern.
Ganze zehn Minuten hält es Jamie noch aus, dann schaut er auf sein Handy, murmelt etwas von wegen seine Mutter möchte ihn sehen und lässt die Gruppe zurück. Sie schauen ihm kurz nach, doch wundern sich nicht weiter und machen unbeschwert mit dem selben Unfug weiter wie zuvor. Ich habe die Lüge jedoch bemerkt. Er hat mir erzählt, dass sie nur gestern Nachtschicht hatte und den Rest der Woche Spätschicht, daher sollte sie gar nicht zu Hause sein. Für sie war er offiziell gestern Nacht bei einem seiner tollen Freunde. Was er mir heute morgen auch gebeichtet hat.
Auf meine Nachricht, wie es ihm jetzt geht, erhalte ich keine Antwort. Deswegen entscheide ich, die Beobachtungen abzubrechen und mich um ihn zu kümmern. Ich habe da so eine Vermutung, wo ich ihn finden kann.
Wie angenommen. Jamie hat den Ort gewählt, den er durch mich kennen gelernt hat. Als ich die Sitzgruppe in der hintersten Ecke der obersten Etage der Bibliothek sehe, hängen nur zwei Füße über die Armlehne. Mehr ist von Jamie nicht zu sehen. Er muss gerade richtig genickt sein.
„Hey, mein Großer." Murmle ich leise und versuche einfühlsam zu klingen. Mit verzogenem Gesicht schaut er zu mir auf, hebt jedoch den Kopf, damit ich mich setzen kann und legt diesen in meinem Schoß ab.
„Ich bin nie dein Großer. Immer dein Kleiner." murmelt er. Augenblicklich wird er ruhiger und seufzt leise. Das war wohl genau das Richtige für ihn.
„Heute bist du mein Großer, denn an deiner Stelle wäre ich ausgeflippt. Du hast das ganz toll gemacht."Mit einer Hand streiche ich durch die dunklen Haare und mit der anderen kraule ich zärtlich über den breiten Rücken. Nonverbal versuche ich ihm ganz viel Zuneigung zu vermitteln und ihn auch zu bestärken. Er soll ganz schnell wieder mein Energiebündel werden, das den ganzen Tag lacht.
„Ich hatte es schon auf der Zunge. Ich war drauf und dran ihnen an den Kopf zu klatschen, dass ich schwul bin." brummt Jamie wobei sich die Vibrationen seiner Stimme auf mein Bein übertragen.
„Deswegen bist du mein Großer. Ich verstehe weswegen du es ihnen nicht sagst. Die sind solche Kindsköpfe, da würde ich es auch lassen." Bestätige ich ihn, worauf er sich auf den Rücken dreht und zu mir auf schaut. Er bekommt große Augen und scheint mir fast nicht zu glauben.
„Wirklich?" fragt er leise nach, doch ich streiche ihm zärtlich über die Stirn, lehne mich zu ihm runter und küsse ihn kurz.
„Ja, wirklich. Nur deiner Mama solltest du es vielleicht irgendwann mal erzählen. Ich möchte mich auch mal bei dir vor meinen Mitbewohnern verstecken können." Kichere ich und hoffe, dass er es versteht. Ob er es seinem Vater erzählt hat, weiß ich nicht, aber er redet über ihn auch nicht sonderlich viel. Ich weiß nur, dass er in Kanada lebt.
„Okay, ich erzähle es Mama." nickt er minimal, trotzdem reicht es, um mir ein Lächeln ins Gesicht zu treiben.
„Dann bin ich noch stolzer als heute." Wispere ich und lehne mich wieder zu ihm um ihn zu küssen. Und so wie Jamie von seiner Mutter bis jetzt berichtet hat, kann ich mir vorstellen, dass sie da einfach nicken wird und damit ist die Sache gegessen. Zudem kommen noch Laurel's Erzählungen, wenn die nicht zu übertrieben sind, dann ist sie ein sehr toleranter Mensch. Was durchaus passen könnte, immerhin hält sie Jamie's Freunde mit aus und die erträgt er ja kaum selbst.
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Seelenverwandt
Teen Fiction***** IN BEARBEITUNG ***** - ( enthält Rechtschreib-/ Grammatikfehler)- Seelenverwandt (adj.) two people, or two souls, who might not be blood-related, but are two of a kind Von diesem Gefühl hat Jamie keine Ahnung. Er hat es noch nie erlebt. Er w...