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• J A M I E •

Ich mag Krankenhäuser langsam echt nicht mehr. Besonders, wenn ich Patient bin. Das ist so langweilig. Ich hätte mich ja auch zu Hause ausruhen können, aber irgendwie waren alle dagegen. Der Arzt meinte, er hätte mich hier besser im Blick und könnte besser die Heilung der Wunde beobachten. Und Mama will mich in ihrer Nähe haben, damit ich nicht wieder etwas anstelle. Sie hat mir doch wirklich eine Standpauke gehalten. Zwar hat sie meinen Beweggrund verstanden, aber ich solle nächstes Mal an der Umsetzung nochmal arbeiten. Was auch immer sie damit sagen wollte.

Irgendwie schaffe ich es mir den Vormittag mit sinnlosen Spielen auf dem Handy zu vertreiben. Aber ganz ehrlich, mir ist so langweilig. So sehr, dass ich Sam schreibe. In der Hoffnung, dass seine Klausur schon durch ist.

Was machst du gerade so schönes?

Schnell kommt eine Antwort, die ich lächelnd lese.

War mit Laurel gerade Mittag essen

Wenn er mit Laurel essen geht, dann ist das meistens hier in der Nähe. Sie liebt den Thailänder hier um die Ecke. Dann wird es wohl Zeit für mich ihm jetzt zu gestehen, dass ich nicht in der Schule bin.

Dann kannst mich ja besuchen kommen. Zimmer 216.

Frech grinse ich vor mich hin und warte darauf, dass er ins Zimmer gestürmt kommt und mich zur Schnecke macht. Ich brauche etwas Aufregung, sonst gehe ich hier noch die Wand hoch. Fachmännisch wurde ich doch wieder zusammengeflickt, da kann ich doch wieder gehen. Was soll ich hier?

Keine zehn Minuten später wird mein Wunsch nach Aufregung erfüllt. Leise krachend geht die Tür auf und Sam rauscht herein. Ich strahle zu ihm, als hätte ich ihm nicht vorenthalten, dass ich etwas verletzt worden bin. Außerdem freue ich mich wirklich ihn zu sehen.
"Sag mal, wer hat dir ins Hirn geschissen?" fährt er mich ungehalten an. Seine Augenbrauen sind skeptisch zusammen gezogen und er mustert mich genau. Besonders mein ramponiertes Gesicht. Ich bekomme jedoch keine Chance mich zu rechtfertigen. Er ist noch nicht fertig.
"Wieso musste ich das von Laurel erfahren? Hast du sie noch alle?"
"Wie war deine Klausur?" Ich übergehe seine Frage einfach.
"Darum geht es doch gar nicht." Sam ist sichtlich irritiert, warum ich lieber nach seine Klausur fragen.
"Also war sie gut?"
"Ja sehr. Aber das ist jetzt egal. Ich will wissen, warum du mir so etwas nicht sagst." Er ist wirklich sauer. Zu recht. Aber ich hatte schließlich auch gut gemeinte Hintergedanken, die ich ihm leise erkläre.
"Wegen der Klausur. Du solltest dich nur darauf konzentrieren."

Kurz atmet er tief ein, ehe er etwas brummt, dass ich nicht verstehe. Doch sein Blick wird deutlich weicher. Schließlich klettert er zu mir in das schmale Bett und küsst mich endlich. Das habe ich schon wieder vermisst.

"Erzählst du mir jetzt, was passiert ist und weswegen du hier bist?" fragt er ruhig, aber die Sorge blitzt schon wieder in seinen Augen auf. Kommentarlos zeige ich ihm einfach das Foto, welches mir Hannah gestern gebracht hat.

Zum Glück hat Mama es noch nicht gesehen. Ich wüsste nicht, wie ich mich dann verhalten sollte. Sicher weiß sie, dass wir Sex haben. Das ist auch nicht das Geheimnis. Mein Gott, das macht jeder. Aber sie muss es nicht sehen. Dass sollte niemand, aber bei Mom ist da irgendwie eine Grenze. Es ist mir einfach unangenehm.

Erschrocken schnappt Sam kurz nach Luft.
"Wo kommt das her?" fragt er leise, während er mich mit großen Augen ansieht. Seufzend beginne ich zu erzählen.
"Damit war mein Schließfach gepflastert."
"Mit dem Foto?" unterbricht er mich schnell.
"Es waren viele verschiedene, aber alle von dem Abend."
"Wo ist der Rest?" Sam's Atmung wird flacher und er schnappt fast nach Luft. Er bekommt beinahe Panik. Verständlich. Die eigene Privatsphäre wurde nicht nur verletzt, sondern auch noch in der Schule öffentlich ausgehängt, sodass es jeder sehen konnte. Ich will mir auch gar nicht vorstellen, wer das alles gesehen haben könnte.
"Bei der Polizei. Der Direktor meinte, er müsse das melden. Ich hätte auch drauf verzichten können." Leise seufze ich und schaue zu Sam, welcher sich mittlerweile an mich gekuschelt hat. Er hätte es auch besser gefunden, wenn es nicht bei der Polizei wäre. Schließlich sind es nochmal ein paar Personen mehr, die das ansehen werden.

SeelenverwandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt