Kapitel 1: Morgenstund hat Gold im Mund

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~~~Dieses Kapitel widme ich @lunaliving. Danke für Lob, Anregung und Begeisterung. ~~~

Ich schreckte hoch. Langsam wischte ich meine Hände an der Bettdecke ab und fuhr mir mit den Fingern durch die Haare. Schon wieder der selbe Traum. Oder nicht ganz der Selbe. Die Opfer waren immer andere und auch die Mordwaffen änderten sich von Zeit zu Zeit. Aber letztendlich war es doch immer das Gleiche. Immer war ich die, die ohne jeden Grund einen anderen tötete. Oder hatte ich doch einen Grund? Ich wusste es nicht mehr.

Langsam streckte ich meine Füße aus und stand auf. Ich spürte das Holz unter meinen Zehen und tastete mich vorwärts zum Klo. Erst dort wagte ich es, das Licht anzuschalten. Dann blickte ich in den Spiegel. In meine dunkel umschatteten Augen. In letzter Zeit hatte ich zu wenig geschlafen. Und auch heute war an Schlaf nicht mehr zu denken, keine Frage. Ich spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht, putzte meine Zähne und kämmte meine Haare. Dann schlich ich in mein Zimmer zurück und zog mich um. Weil es erst halb Vier war und ich noch gute zwei Stunden bis zum Weckerklingeln hatte, räumte ich mein Zimmer auf und machte meine Hausaufgaben, zu denen ich gestern vor lauter Müdigkeit nicht mehr gekommen war. Loren hatte mich schlafend über den Lateinaufgaben gefunden und sofort ins Bett geschickt. Ich sah auf die Uhr. Immernoch fast eine Stunde. Ich drehte meine Haare zwischen den Fingern, klopfte mit den Händen auf meine Schenkel und versuchte mit der Zunge meine Nase zu berühren. Noch 40 Minuten. Ich malte Spiralen auf meinen Block. Noch 29 Minuten. Die Spiralen wurden langsam zu einer blauen Fläche. Noch 22 Minuten. Meine Tintenpatrone ging alle und ich kramte neue aus meinem Schrank. 17 Minuten. Ich seufzte leise, packte meine Schultasche zusammen und stand auf. 15 Minuten. Endlich. Ich lief nach unten und deckte den Tisch zum Essen. Von oben hörte ich Lorens Wecker. Laut schlurfend kam sie heruntergetappt, nicht ohne ausgiebig zu gähnen.

" Was machst du denn schon hier unten?" Sie sah mich verdutzt an. Aber ich wusste natürlich, dass sie nicht überrascht war. In letzter Zeit war ich immer vor ihr aufgestanden.

" Bist du schon lange wach?", fragte sie vorsichtig.

" Nee", log ich beiläufig, während ich mein Brötchen halbe schnitt. "Erst seit 'ner Viertelstunde."

"Achso. Na dann." Ich konnte die Erleichterung in ihrer Stimme hören. Ich wusste, dass sie sich sehr viele Sorgen um mich machte, seit ich nicht mehr so richtig schlief. Deshalb tat ich inzwischen ja auch so als schliefe ich normal.

Aber manchmal merkte sie es dennoch. Zum Beispiel an Tagen wie gestern, wenn ich über meinen Hausaufgaben einschlief.

Ich biss in mein Brötchen und genoss den Geschmack von Nussnougatcreme. Das Essen verlief bei uns immer schweigend. Wir waren einfach beide viel zu müde um uns zu unterhalten. Wenn ich nicht morgrns zur Schule müsste, würde Loren nie so früh aufstehen. Ich hatte ihr angeboten, weiter zu schlafen, aber sie bestand darauf, dass ich nicht allein früstückte.

Bevor ich dann ging, half ich Loren noch beim Spülen und Einräumen der Spülmaschiene. Ich räumteden Tisch ab und stellte alles zum Spülen bereit. Dann schnappte ich meinen Schulranzen, gab Loren noch einen Abschiedskuss auf beide Wangen und wünschte ihr einen guten Traum, denn ich wusste ja, dass sie nochmal ins Bett gehen würde, wenn ich weg war, und lief zur Garage.

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