Kapitel 9: Ängste

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Wir trugen die Matratze in mein Zimmer. Ich öffnete die Tür und sprang kreischend weg. Da Luke jetzt plötzlich ihr Gewicht allein tragen musste, kippte er mitsamt der Matte auf den Boden. " Was ist denn jetzt los? ", fragte er erschrocken.

" Da sitzt eine dicke, fette, haarige Spinne im weg", jammerte ich.

Luke brach in schallendes Lachen aus. Er schaffte es nicht mal mehr, von der Matratze aufzustehen, so sehr schüttelte es ihn.

Ich fand das überhaupt nicht lustig. Ich hasste Spinnen. Die waren so eklig. " Mach sie weg, mach sie weg, mach sie weg.  Biiitteeee. Ich bin dir dann auch zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet, aber bitte mach sie da weg."

" Warum saugst du sie nicht einfach mit dem Staubsauger auf?"

Ich war so schockiert, dass ich sogar kurz vergaß, vor ekel zu zittern. "NEIN! Dann schlaf ich lieber im Wohnzimmer und hoffe, dass sie bis morgen weg ist. Aber ich kann sie doch nicht einfach töten, nur weil ich sie eklig finde."

Er seufzte und stand auf. Im Zimmer konnte ich ihn "komm her kleine Spinne " oder so was ähnliches murmeln hören. Kurz darauf kam er wieder raus, das Tier auf der Handfläche sitzen. Schnell floh ich den Flur entlang und schloss mich im Bad ein, bis ich hörte,  wie er die Haustür wieder schloss. Vorsichtig schlich ich wieder in mein Zimmer zurück.

Ich zog mir zum schlafen ein abgewetztes altes T-Shirt und eine weite Jogginghose an, während Luke im Bad verschwunden war. Ich knipste meine Nachttischlampe an und setzte mich aufs Bett. "Mach das Licht aus", wieß ich Luke an, als er aus dem Bad kam. Er löschte das Licht und lief zur Matratze. Dort zog er sich den Pulli aus und schlüpfte aus seiner Hose. Er sah ziemlich gut aus, nur in Boxershorts. Seine Haut war braun gebrannt und er hatte viele Muskeln, aber nicht so viele, dass es schon wieder hässlich war. Luke sah zu mir herüber. Ich sah schnell weg, doch ich konnte nicht verhindern, dass ich rot wurde. Ich hörte ein belustigtes glucksen von ihm, aber ich wagte es nicht, nochmal zu ihm zu sehen. Kaum legte er sich hin, machte ich das Licht aus.

Es war stockdunkel. Ein Donnern zerriss die Stille. Luke keuchte leise. "Luke?", fragte ich vorsichtig.

" Ja?"

" Ich wollt nur wissen obs dir gut geht..." Ich wunderte mich, warum ich flüsterte.  Es war eigentlich nicht nötig, aber irgendwie passte es zur Dunkelheit.

" Ja alles klar. Ich..." Er zögerte.  Dann setzte er noch einmal neu an. "Ich fürchte mich nur vor Gewitter."

Oh. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber er war ja auch nur ein Mensch und jeder hatte vor etwas Angst. Er vor Gewitter, ich vor dem Schlaf. " Willst du mir das erklären?", fragte ich sanft.

"Es ist eine...Erinnerung." Er sprach leise und ich musst mich anstrengen, um ihn zu verstehen. " Ich war drei, da hat bei einem besonders heftigen Gewitter der Blitz bei uns eingeschlagen. Das Dach hat angefangen zu brennen und einige Ziegel sind heruntergekommen. Niemand wurde verletzt, aber das Bild hat sich in meinem Kopf festgesetzt."

Ganz leise fing ich an zu summen. Es war eine Melodie aus König der Löwen die ich auch Jannis immer vorsang, wenn er nicht schlafen konnte und ich hörte erst auf, als ich an Lukes ruhigem Atem hören konnte, dass er schlief. Dann legte ich den Kopf auf mein Kissen und sank in den schlimmsten Traum meines bisherigen Lebens.

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