~Kapitel 26~

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Ja, ich riskiere es. Nach zehn Minuten bin ich mir schlüssig. Matt hat mir schon so oft geholfen. Ich will ihm einen Gefallen tun. Ich bin mir sicher, dass ihm der Kontakt zu seiner Familie fehlt. Bei mir ist es ähnlich, denn ich hätte auch gerne Kontakt zu meinen leiblichen Eltern. Wer weiß, vielleicht habe ich ja sogar noch mehr Geschwister, von denen ich nichts weiß. So weit habe ich noch nicht gedacht. Haben meine leiblichen Eltern überhaupt noch Kontakt? Ich weiß, dass Mister Preston eine Frau hat. Ob diese Frau meine und Liams leibliche Mutter ist, ist mir nicht bekannt. Ich weiß auch nicht, was mir lieber wäre.

Aber zurück zum jetzigen Zeitpunkt. Ich will Matt einen Gefallen tun. Er soll nicht denken, dass seine Eltern oder nur seine Mutter keinen Kontakt mehr mit ihm wollen. Das muss schrecklich sein. Ich kenne das Gefühl. Mein Blick klebt auf dem Bildschirm. Der Kontakt seiner Mutter ist geöffnet. Ich habe Glück, dass er sie mit Mum eingespeichert hat. Sonst wäre es schwierig geworden ihre Nummer herauszufinden. Entschlossen drücke ich auf Anrufen.

Wie soll ich mich vorstellen und wie soll ich ihr erklären, dass sie zum Stützpunkt kommen soll? Tja, da hätte ich mir mal früher Gedanken machen sollen. Gerade als ich auflegen will, um mir alles im Kopf genaustens vorzustellen, fängt auf der anderen Seite der Leitung ein weibliche Stimme an zu sprechen: „Hallo?" Stille.

„Bi- bist d- du es, Ma- Matthew?", stottert die Stimme. Sie hat seine Nummer also auch eingespeichert. Dann würde ich schonmal sagen, dass das ein guter Schritt ist. Warum sollte sie seine Nummer haben, wenn sie keinen Kontakt mit ihm will? Leider muss ich sie enttäuschen.

„Guten Tag, Miss Bradshaw. Nein, ich bin leider nicht Ihr Sohn." Sie macht einen enttäuschenden Laut und murmelt etwas, dass sich anhört wie „Wäre auch zu schön gewesen".

„Ich bin eine Freundin von Matthew und möchte für ihn eine Überraschung planen. Dabei dachte an Sie. Ich denke, dass Matt sich freuen würde, wenn er Sie wiedersehen könnte", fahre ich fort.

Sie schluckt hörbar: „Ich denke nicht, dass er uns wiedersehen will. Wir haben seit Jahren nicht miteinander gesprochen. Er muss sauer sein, dass ich ihn damals nicht gehen gelassen habe." Zum Ende wird sie immer leiser. Sie tut mir leid, dass sie so über ihn denkt.

„Er hat mir ein Bild gezeigt. Da waren seine Eltern drauf und er. Es war bei der Einschulung und wissen Sie, was er gesagt hat?" Ich mache eine Pause. Es kommt ein Schluchzer von der anderen Seite der Leitung. Sie weint. „Er sagte, dass er sich wünsche, es wäre alles wieder so wie früher. Er vermisst Sie. Er traut sich nicht Sie anzurufen, weil er denkt, dass Sie ihm sein Verschwinden damals nicht verziehen haben. Deswegen rufe ich Sie an", beende ich meine Rede, die mir besser gelungen ist, als ich es erwartet hatte.

„Er will wirklich wieder Kontakt..." Es hört sich so an, als würde sie mit sich selbst reden.

Ich umklammere das Handy fester: „Möchten Sie zum Stützpunkt kommen, um ihn wiederzusehen?" Ich bete innerlich, dass sie Ja sagt. Es ist ruhig in der Leitung.

Ich befürchte schon, dass sie aufgelegt hat, als sie sich dann räuspert: „Ja. Ich würde mich freuen." Mein Griff um das Handy lockert sich.

Ich lächele: „Okay, cool. Wann passt es Ihnen denn?" Ich überlege, wann es für uns am besten wäre. Abends schätze ich, wäre es gut. Dann haben wir kein Training mehr.  Vielleicht kann ich es so einrichten, dass wir sie bei unserem Spaziergang sehen.

„Wie wäre es, wenn sie morgen Abend so um 19:00 Uhr kommen?", schlage ich vor.

„Ja, das ist okay", antwortet sie. Ihre Stimme ist noch immer zittrig, so aufgeregt ist sie.

Inexcusable Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt