~Kapitel 52~

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So vergehen die Tage. Heute ist Donnerstag. Heute vor einer Woche ist Liam abgereist und er ist nicht wiedergekommen. Jeden Tag habe ich ihn erwartet, doch er kam nicht. Gemeldet hat er sich auch nicht. Matt erzählt mir nichts von dem Angriff. Das einzigste was er sagt ist, dass er nichts weiß. Nicht gerade informativ. Ich rechne mit allem. Wieso sollte er sich sonst nicht melden?

Es ist schlimm. Mit jeder Nacht werden die Albträume schlimmer. Immer ist es ein anderer Traum. Der Hintergrund ist der gleiche. Irgendjemand stirbt. Matt startet schon sich Gedanken um mich zu machen, weil ich jede Nacht weinend oder schreiend in meinem Bett liege. Da hilft es auch nicht, dass er neben mir liegt. Er gibt mir zwar Ruhe und ist für mich da, aber er kann auch nichts daran ändern, dass Liam nicht hier ist.

Ich habe verdammte Angst Liam zu verlieren. Er ist mein Bruder und wir sind zusammen durch dick und dünn gegangen. Klar haben wir uns gestritten, aber ihm habe ich immer vergeben, weil er einfach alles für mich ist.

Auch Lizzy beginnt sich zu wundern, warum Nick sich nicht bei ihr meldet oder warum er nicht mehr zur Schule kommt. Ich fühle mich jedes Mal schuldig, wenn sie mich fragt, ob ich nichts von ihm gehört hätte. Dreimal musste ich sie schon aufhalten nicht zu ihm nach Hause zu fahren, weil sie ihn sehen wollte. Ein weiteres Mal würde mir keine Ausrede einfallen. Dafür bin ich zu sehr mit mir beschäftigt.

„Charlie... Du hörst mir gar nicht zu", nörgelt Lizzy neben mir. Wir haben gerade Mittagspause und sitzen zusammen in der Kantine. Ich hebe meinen Kopf und sehe in ihr Gesicht. „Tschuldigung", murmele ich. „Was ist los?", fragt sie. „Nichts. Ich bin wohl einfach nur müde", rede ich mich raus. Sie gibt sich zu meinem Glück mit der Antwort zufrieden. „Was hast du gesagt?" Ich sehe sie an und stochere nebenbei in meinem Essen herum.

„Ich habe dir erzählt, dass Nick und ich das nächste Wochenende zusammen in dem Ferienhaus von meiner Tante verbringen wollten. Aber wenn er so schlimm krank ist, wird das bestimmt nichts." Ich nicke trübe: „Das wäre schade." „Naja. Wie läuft es eigentlich mit Matt?", erkundigt sie sich. „Sehr gut. Er ist so süß. Du glaubst gar nicht, wie glücklich wir sind", schwärme ich. „Das ist schön", lächelt sie mich an.

Plötzlich klingelt mein Handy. Sofort krame ich es aus der Tasche in der Hoffnung, dass es Liam ist. „Hallo?", sage ich aufgeregt. „Hey, Süße", ertönt es von der anderen Seite der Leitung. Matt. „Hey, Matt. Was gibt's?" „Du hörst dich nicht gerade glücklich an", bemerkt er. „Dachte es wäre Liam", sage ich traurig. „Es wird bestimmt alles gut. Charlie, was ich fragen wollte, meinst du, du kannst heute mit zu einer Freundin gehen? Es tut mir verdammt leid, aber ich kann dich erst später holen."

Auch das noch. Ich sehe zu Lizzy: „Lizzy, kann ich heute vielleicht mit zu dir kommen?" Sie nickt: „Klar." „Ich gehe mit zu Lizzy", sage ich zu Matt. Er atmet erleichtert aus: „Super. Sag ihr, sie kann morgen gerne mit zu uns kommen. Ich will deine beste Freundin schließlich auch mal kennenlernen." Ich muss lächeln: „Sage ich ihr. Bis später. Ich schicke dir die Adresse." „Ja, bis später, Prinzessin. Habe dich lieb." „Ich dich auch."

Dann lege ich auf und stecke mein Handy wieder weg. Lizzy mustert mich besorgt: „War das Matt?" Ich nicke: „Ja. Danke, dass ich mit zu dir kommen kann." Sie winkt ab: „Ist doch selbstverständlich. Aber sag mal, warum dachtest du es seie Liam? Wo ist er?" Mist. Jetzt habe ich mich in Scheiße geritten. Sie wird auf die Idee kommen, dass Nick ebenfalls bei dem Angriff dabei ist, wenn sie weiß, dass Liam auch deswegen weg ist.

Ich zögere: „Er ist für ein paar Tage weggefahren. Lass uns über was anderes reden." „Habt ihr euch gestritten?", fragt sie einfach weiter. „Nein, es ist alles gut", streite ich das Thema ab. Ich stehe auf, um mein Tablett wegzubringen.

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