~Kapitel 32~

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Als ich das nächste Mal die Augen öffne, ist das erste was ich höre ein regelmäßiges Piepen und das erste was ich sehe, ist was weißes.

Wo bin ich? Langsam neige ich meinen Kopf nach links. Dort sitzt jemand auf einem Stuhl. Es ist Liam. Er stützt seinen Kopf auf seiner Hand ab und es sieht so aus, als würde er schlafen. Mir kommen die Erinnerungen hoch. Der Gang. Die fünf Männer, die auf uns geschossen haben. Die Kugel, die mich in den Bauch getroffen hat.

Habe ich überlebt? Sonst wäre ich wohl nicht hier. Aber wie bin ich hierher gekommen? Ich schiebe meine Arme unter die Decke, da mir kalt ist. Ich trage nicht mehr die Sachen vom Militär. Ich habe so einen Kittel vom Krankenhaus an.

Durch das Rascheln der Decke hebt Liam verschlafen seinen Kopf. Er hat tiefe Augenringe und sieht echt kaputt aus. Seine Augen werden größer, als er sieht, dass ich wach bin: „Charlie..."

Eine Träne kullert aus seinem Augenwinkel: „Du bist wach. Wie geht es dir?"

Ich schaffe es ihn leicht anzulächeln: „Es geht. Und dir?" Wenn man von den Schmerzen an meinem Bauch und dem Arm absieht, geht es mir tatsächlich ganz gut. Es ist auszuhalten.

„Mir geht es soweit gut. Tut dir noch was weh?", fragt er gefühlvoll.

„Am unangenehmsten ist es am Bauch, aber sonst geht es eigentlich." Liam fährt sich durch seine schwarzen Haare, die zerzaust in alle Richtungen abstehen. Er trägt ein grünes T-Shirt und die Hose von der Uniform. Am Arm hat er einen Verband.

„Du hast echt Glück gehabt, dass die Kugel keine inneren Verletzungen hinterlassen hat", sagt er abwesend. Ich nicke nur. Fühle mich als wären tausend Mann über mich gelaufen. „Wir sollten den Arzt rufen, dass du wach bist." Er steht auf und drückt auf die Klingel. Dann lässt er sich erschöpft auf den Stuhl fallen.

„Was ist mit Matt?", frage ich. Mir kommt den Sinn, was ich zu ihm gesagt habe und vor allem, was er geantwortet hat. Hat er es ernst gemeint? Oder war es einfach nur so aus dem Handeln heraus gesagt?

„Es geht ihm gut. Er wird bestimmt heute Abend vorbeikommen. Bis vor einer Stunde war er hier. Dann hat Hensley ihn gebeten zum Stützpunkt zu kommen." Wäre ich mal früher aufgewacht. Die Tür des Zimmers öffnet sich und ein Arzt kommt herein. Ich kenne ihn. Es ist derselbe der auch Liam behandelt hat.

„Guten Tag, Charlie. Ich duze dich jetzt einfach mal. Ich denke das ist okay. Wie geht es dir?"

Er stellt sich neben mich und wartet meine Antwort ab.

„Ganz okay."

Er zieht skeptisch eine Augenbraue in die Höhe: „Wie dein Bruder. Der hat das auch immer gesagt." Er wirft Liam einen vielsagenden Blick zu, den er mit einem Grinsen erwidert.

„Was tut dir am meisten weh?" Er setzt sich auf den freien Stuhl neben dem Bett.

„Die Wunde am Bauch brennt."

Er nickt: „Okay. Wir haben dir Schmerzmittel gegeben, um es erträglicher zu machen. Die nächsten zwei Tage wird es auch noch weh tun, aber danach wird es besser. Du hattest gute erste Hilfe." Matt hat gute Arbeit geleistet. Trotzdem bekomme ich diese Bilder nicht aus meinem Kopf. Die drei Männer, die leblos an der Wand lehnten. Nick, der erschossen wurde. Die Männer, die mir das angetan haben. Werde ich das jemals verarbeiten können?

„Hast du sonst noch Beschwerden?", fragt er nach.

„Ich denke, dass der psychische Schaden größer ist als der physische", antworte ich.

Der Arzt mustert mich: „Wenn du möchtest, kannst du hier zu einem Psychologen gehen und mit ihm reden. Er wird dir bestimmt helfen können. Er ist sehr gut."

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