~Kapitel 6~

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Vor uns erstreckt sich ein Raum, der mit drei Betten, einem Tisch, zwei Schränken, einer Pflanze und einem Regal, in dem ein kleiner Fernseher steht, eingerichtet ist. Die Wände sind weiß und an der hinteren Wand ist ein großes Fenster, durch das das Zimmer erhellt wird. Es wirkt weder erdrückend, noch dunkel, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ganz im Gegenteil. Ich kann mir gut vorstellen, mich hier wohl zu fühlen.

Mein Blick schweift zu einer Frau oder einem Mädchen, die auf einem der Betten sitzt und uns freundlich anlächelt: „Guten Tag."

Sie hat braune schulterlange Haare, die locker zu einem Zopf zusammen gebunden sind. Vorne hängen auf jeder Seite zwei dünne Strähnen heraus, die sich an ihr schmales Gesicht anpassen, dass einen mehr als freundlichen Ausdruck an sich hat. Würde ich sie auf der Straße sehen, dann würde ich nie denken, dass sie beim Militär arbeitet. So täuscht man sich in Menschen.

Ist es nicht erstaunlich, dass man bei manchen Menschen allein anhand ihres Äußeren viel von ihnen aussagen kann und bei manchen aber nicht? Wenn man das Beispiel eines Mannes nimmt, der gepflegt durch die Stadt läuft und sich sein teurer Anzug perfekt an seinen Körper schmiegt, dann weiß man, dass der Mann höchstwahrscheinlich in einem Büro arbeitet und sehr viel Wert auf sein Äußeres legt. Ein Beispiel für das Gegenteil ist, die zierliche Frau, die von Außen nie so wirken würde, als würde sie in einem Kampf um ihr Leben kämpfen müssen.

Sie hält mir ihre Hand hin. Ich gehe weiter herein und nehme die mir entgegengestreckte Hand entgegen: „Ich bin Carolina."

„Ich heiße Charlie. Freut mich." Emely gibt ihr ebenfalls die Hand, während ihre langen Haaren in Locken über den Rücken fallen. Auch von ihr würde ich nie behaupten, dass sie sich mal im Militär blicken lässt.

Matthew lehnt sich lässig in den Türrahmen und entgegnet: „Bis 12:30Uhr haben Sie Zeit sich etwas umzusehen und sich einzufinden. Dann gibt es Mittagessen und um 14:00 Uhr beginnen wir mit dem Training. Wir treffen uns auf dem Platz, wo Sie vorhin angekommen sind. Zeigst du ihnen wo die Kantine ist?" Letzteres wendet er sich an Carolina.

Diese stimmt zu: „Natürlich." Matthew nickt dankend, bevor er sich umdreht und uns wortlos dort zurücklässt.

Carolina lächelt uns freundlich an: „Einen Monat bleibt ihr hier, richtig?"

Emely antwortet: „Ja."

„Wie lange sind Sie schon hier?", stellt sie die Frage, die mir auch schon in den Sinn gekommen ist. Besonders alt sieht sie nicht gerade aus.

„Ich bin schon ein Jahr hier. Meine Ausbildung habe ich an einem anderen Stützpunkt gemacht und dann bin ich hier stationiert worden. Aber ihr könnt ruhig du zu mir sagen", erwidert sie.

Emely setzt sich auf das vordere Bett: „Matthew Bradshaw wollte, dass wir ihn Siezen, deswegen habe ich gedacht, dass das jeder hier will."

Ich tue es Emely gleich und begebe ich auf das hintere Bett, wo ich meine Uniform vorfinde. Sie ist wie jede andere in Tarnfarben. Vorne steht mein Name drauf. Ich schiebe sie beiseite und setze mich auf das Bett mit dem grünen Bettbezug.

Carolina winkt ab: „Matthew vermeidet näheren Kontakt. Deswegen wird er wollen, dass ihr ihn siezt. Dann baut man in der Regel nicht immer so schnell eine Nähe auf. Wisst ihr, wie ich das meine? Nehmt es ihm nicht übel. Er ist echt in Ordnung."

Ich nicke verstehend. Zugegebenermaßen hätte ich das Duzen auch bevorzugt, aber ich akzeptiere es, wenn es ihm lieber ist.

Emely faltet ihre Uniform auseinander und wechselt somit das Thema: „Sollen wir die echt den ganzen Tag tragen?"

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