~Kapitel 24~

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Beim Abendessen sitzen Liam und ich wieder alleine am Tisch. Carolina und Matt müssen mal wieder zu so einer Besprechung und Emely sitzt bei Julian. Heute habe ich die meiste Zeit des Tages mit meinem Bruder verbracht. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schön es ist ihn wieder bei mir zu haben. Am Anfang hätte ich mir nicht erträumen lassen, dass es möglich seie wieder eine gute Beziehung zwischen mir und Liam aufzubauen. Doch es geht. Es ist möglich, dass es so ist wie früher. Aber das wird sich auch nicht von dem einen auf den anderen Tag ergeben. Das braucht Zeit, damit es wieder so wird wie man es gewohnt war.

Ich habe darüber nachgedacht. Über die Idee mit Liam in eine Wohnung zu ziehen. Auf der einen Seite finde ich es gut, denn um ehrlich zu sein, habe ich mich bei uns schon länger nicht mehr richtig wohl gefühlt. Das könnte einerseits daran liegen, dass ich gespürt habe, dass etwas nicht stimmt. Dagegen kann es auch sein, dass ich mit diesem Ort nie wirklich vertraut geworden bin. Ich weiß nicht warum. Könnte auch an meinen Eltern liegen. Aber trotzdem bin ich dort groß geworden. Kann man das Haus, indem man aufgewachsen ist, einfach hinter sich lassen? Es stecken so viele Erinnerungen in diesem Haus. Wiederum sind diese Erinnerungen falsch, da sie mit den falschen Menschen stattgefunden haben.

Es fühlt sich an wie eine Zwickmühle. Jedes Argument dafür, hat gleichzeitig ein Gegenargument. Wie soll man da eine Entscheidung treffen? Unmöglich. Entscheidungen treffen ist mir schon immer schwer gefallen. Ich bin nie mit mir selbst einer Meinung. Hört sich seltsam an, ist aber so. Es ist als hätte ich zwei Personen in mir. Die eine streitet immer gegen etwas und die andere ist aber dafür. Bei dem Gedanken muss ich an meine Kindheit denken, wenn ich Märchen geschaut habe. Da gab es dann immer auf einer Schulter den Teufel und auf der anderen einen Engel. Die beiden haben sich gestritten. So ist es bei mir im Moment auch. Halt nur ohne Teufel und Engel.

Durch eine schnipsende Hand vor meinem Gesicht werde ich wieder in die Realität geholt. Ich blinzele ein paar Mal und sehe zu meinem Bruder der mich doof angrinst: „Früher war es auch immer so. Du hast an was gedacht. Ich habe geschnipst und du warst wieder da." Ich habe gar nicht mitbekommen, dass ich so in meinen Gedanken vertieft war.

„An was hast du gedacht?", fragt er neugierig. Ich nehme einen Schluck meines Wassers, bevor ich ihm antworte: „An deine Idee." Er zieht die Augenbrauen zusammen, als wüsste er nicht, was ich meine. „Mit dem Umziehen", ergänze ich.

Er nickt wissend: „Ah." „Sind wir fertig?", fragt er.

Ich sehe auf das Tablett: „Mit was?" Ein Lachen entfährt seiner Kehle: „Mit Essen?"

Ich rücke mit dem Stuhl zurück: „Ja." Ich stehe auf und bringe das Tablett weg.

An der Tür wartet Liam auf mich: „Gehen wir in diesen Aufenthaltsraum?"

Ich denke nach: „Nein, ich nicht. Ich will auf mein Zimmer."

Als wäre es selbstverständlich sagt er: „Okay. Ich komme mit." Ich halte ihm die Tür auf: „Du musst nicht mit mir kommen."

Er zuckt die Schultern, als wäre ihm das egal: „Ich komme trotzdem mit."

Wir kommen in meinem Zimmer an. Ich schließe die Tür auf und gehe rein. Liam lässt sich auf mein Bett fallen und nimmt mein Handy in die Hand, da es darauf liegt. Ich habe immer noch nicht drauf gesehen. Ich will auch ehrlich gesagt gar nicht wissen, was sich darauf befindet. Doch irgendwann muss ich es tun. Also lasse ich mich neben ihn fallen. Er hat den Bildschirm angeschaltet und hält es mir hin: „Du hast immer noch nicht auf die Nachrichten von Teresa geantwortet?! Selbst nicht von Davis oder Lizzy?!"

Ich reiße es ihm aus der Hand: „Gib her!" Ich entsperre das Smartphone und gehe auf WhatsApp. Fünf Nachrichten von Teresa. Drei von Lizzy. Zwei von Davis. Zusätzlich einen Anruf von Lizzy. Sechs von Teresa.

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