Szene 14

1.5K 116 34
                                    

Ich wache von dem Alarmton meines Handys auf. Trotz der tausend Gedanken und Gefühle bin ich gestern sofort eingeschlafen und fühle mich jetzt wieder wie von den Toten auferstanden.

Nach einer schnellen Dusche krame ich in meiner kleinen Tasche nach dem richtigen Outfit für unseren Schlachtplan. Ich finde eine enge, schwarze Jeans, die ich eigentlich mit der weiten, hellblauen Bluse hatte kombinieren wollen. Stattdessen fische ich ein mit Spitzen versetztes, eng anliegendes Unterhemd hervor. Für meinen Plan absolut perfekt. Ich versuche, meine Locken einigermaßen ansehnlich zu sortieren, was mir allerdings nur halb gelingt. Nachdem auch die Schminke sitzt, sehe ich irgendwie verwegen aus, als hätte ich eine wichtige Mission vor mir. Ich muss zugeben, dass ich mir gefalle. Schnell ziehe ich eine Sweatshirtjacke über und verlasse mein Zimmer.

Als ich aus dem Fahrstuhl trete, bin ich nicht überrascht, Felix wartend im Eingangsbereich vorzufinden. Er hat sein graues T-Shirt, das ich gestern peinlicherweise vollgeheult habe, durch das dunkelblaue Langarmshirt ausgetauscht, was er vor einigen Wochen bei unserem Zusammentreffen in der Musikschule getragen hat.

„Morgen.", murmele ich.

„Morgen.", kommt es von ihm zurück. „Bist du bereit?"

Ich nicke. Noch mehr bereit kann ich nicht werden, nicht, dass ich es in irgendeiner Weise wäre.

Auf dem Weg zum Auto holen wir uns einen Kaffee, mehr bringe ich momentan sowieso nicht herunter. Ich bin irgendwie total nervös und Felix Anwesenheit macht das Ganze nicht besser. Keiner von uns hat meine gestrige Weinattacke mehr erwähnt und das ist auch besser so.
Im Kofferraum des schon etwas klapprigen, schwarzen Golfs fische ich meine hohen Schuhe heraus. Sofort werden die Turnschuhe gegen die dunkelroten Sandaletten ausgetauscht. Dann streife ich meine Jacke ab und steige ins Auto. Ich bin abfahrbereit.
Felix folgt mir sofort und setzt sich auf den Fahrersitz. Als sein Blick auf mich fällt, verzieht er kritisch das Gesicht.

„So kannst du nicht gehen.", sagt er entschlossen.

Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Warum nicht?" Ich weiß, dass ich freizügiger angezogen bin als normal und die High Heels geben dem Ganzen den Rest. Aber genau das war doch der Plan.

„Meinst du nicht, dass man durch dein Top ein bisschen... zu viel sieht?", fragt Felix und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, dass er gerade rot anläuft. Innerlich muss ich schmunzeln. Ich habe ihn noch nie verlegen erlebt.

„Ich dachte, das ist genau das, was du wolltest?", frage ich zurück.

„Ja, aber vielleicht ziehst du doch besser deine Jacke über."

Ich rolle mit den Augen. Meine Güte, muss er ausgerechnet jetzt wieder seinen Beschützerwahn ausleben? Doch für den Moment streife ich mir meine Jacke über, damit er aufhört, sich aufzuregen und endlich losfährt.


Wir parken im gleichen Parkhaus wie gestern. Ehrlich gesagt komme ich mir total albern vor mit meinen roten Schuhen, doch eigentlich interessiert sich sowieso niemand für uns. Als wir wieder vor dem alten, imposanten Gebäude stehen, jagen erneut Adrenalinstöße durch meinen Körper. Ich bin nervöser als ich dachte.

Ohne zu zögern steigt Felix die Treppen zum Haupteingang hinauf und ich folge ihm hastig. Die Security-Männer an den beiden großen Flügeltüren fordern wie gestern eine Taschenkontrolle. Ich öffne meine kleine Umhängetasche und lasse den stämmigen Mann mit Vollbart einen Blick hineinwerfen. Als er sich sicher ist, dass ich keine Bombe oder Ähnliches in das Gebäude hineinschmuggeln möchte, lässt er uns passieren. Wieder betreten wir die Halle, in der die verschiedensten Geigenbauer ihre Instrumente ausstellen. Doch heute ist es etwas ruhiger und erträglicher. Offensichtlich waren die meisten Interessenten gestern wegen der Auktion zu Besuch, außerdem ist es noch recht früh am Morgen.

An deiner SaiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt