Szene O

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Es war nun schon drei Monate her, dass Francesco Guadagnini seine Meisterprüfung im Geigenbau bestanden hatte. Irgendwann würde er den Familienbetrieb übernehmen, doch bis es soweit war, stand er noch unter der ständigen Aufsicht seines Vaters. Ludovico Guadagnini hatte die Geigenbauwerkstatt ebenfalls von seinem Vater übernommen und dieser von seinem. Die Werkstatt lag im Erdgeschoss eines alten Hauses in der Innenstadt von Turin. Im ersten Stock wohnte die Familie Guadagnini und auf dem Dachboden lagerte Fichtenholz, das dort bereits seit mehreren Jahren trocknete. Es war gutes Holz mit engen Ringen. Je schlechter es dem Baum geht, desto besser geht es der Geige, pflegte sein Vater stets zu sagen. Doch es gab nur noch weniges, was er seinem Sohn noch beibringen konnte.

Mit seinen 25 Jahren hatte dieser relativ spät die Meisterprüfung abgelegt. Das sollte aber nicht bedeuten, dass er von seinem Handwerk nichts verstand. Im Gegenteil. Er war sogar einer der Besten gewesen, denn die Jahre an Erfahrung hatten ihm einen entscheidenden Vorteil gebracht. Und natürlich auch die kleinen Geheimnisse des Familienbetriebs. Wichtig waren nämlich die Zusammensetzung des Lacks und die Dicke der Decke. Es handelte sich hierbei natürlich nur um Kleinigkeiten, doch diese konnten viel ausmachen.

Ständig hatte Francesco den prüfenden Blick seines Vaters im Nacken, der kontrollierte, ob er mit der geforderten Präzision arbeitete, die von den Kunden gewünscht wurde. Die Familie verkaufte ihre Instrumente hauptsächlich an den italienischen Adel, manche wurden aber auch auf der Handelsstraße über die Alpen nach Österreich oder bis in die kleinen Fürstentümer nördlich davon exportiert. Es erfüllte Francesco mit großem Stolz, in einer solch bedeutenden Werkstatt zu arbeiten.

Mit großen Pinselstrichen fuhr er über die fast vollendete Violine. Sie war ein Meisterwerk. Lediglich vier Wochen hatte er gebraucht, um das Instrument fertig zu bauen. Tagelang hatte er unter höchster Konzentration geschnitzt, gehobelt, gemessen, eingepasst und abgeglichen. Francesco atmete tief den süßlichen Geruch des Lacks ein, der ihm so vertraut war. Diese Mischung war ein wenig dunkler geworden, aus irgendeinem Grund. Es war die letzte Lackschicht. Danach würde die Geige nur noch für einige Zeit in dem sonnendurchfluteten großen Fenster trocknen, das einen guten Blick auf die Straße bot und gleichzeitig mit den fertigen Instrumenten Kunden anlockte.

Francesco schreckte auf, als die kleine Glocke an der Tür ertönte. Ein junger Mann betrat den Raum. Er wirkte recht wohlhabend, schien aber eindeutig aus dem Norden zu kommen.

„Guten Tag.", sagte er in gebrochenem Italienisch. „Ich bin auf der Suche nach einer Violine für meine Verlobte."

Francesco nickte und erklärte dem Kunden ausführlich, welche Instrumente noch zum Verkauf standen. Der Mann verfolgte aufmerksam die Erklärungen des Meisters und betrachtete die Violinen, die im Regal lagen. Schließlich fiel sein Blick auf die Geige auf Francescos Werkbank.

„Was ist mit dieser?", fragte er. „Sie sieht irgendwie anders aus. So dunkel."

„Das liegt daran, dass der Lack noch nicht trocken ist.", antwortete Francesco. „Diese Violine hat zwar noch keinen Käufer, es wird aber noch mindestens vier Wochen dauern, bis sie zum Verkauf freigegeben wird."

Für einen Moment zögerte der Mann. Doch schließlich machte sich ein entschlossener Ausdruck auf seinem Gesicht breit.
„Ich werde sie nehmen.", sagte er.


Katharina gab einen Entzückensschrei von sich, als sie die Violine aus ihrem Koffer hob.

„Sie ist wunderschön.", sagte sie und schenkte ihrem Mann ein strahlendes Lächeln.
Vorsichtig strich sie über die Geigendecke und zupfte an der tiefsten Saite. Dann holte sie den Bogen hervor, legte das Instrument an und ließ den ersten Ton erklingen.

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