Szene 16

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Ich glaube, ich habe mich in Felix verliebt. Das war definitiv so nicht geplant und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich glücklich darüber sein soll. Vor allem aber bin ich mir nicht sicher, ob er genauso für mich empfindet. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es so ist, manchmal denke ich, dass ich für ihn immer noch nur die kleine Schwester bin.

Keiner von uns hat auch nur ein Wort darüber verloren, dass wir praktisch die ganze Nacht aneinander gekuschelt geschlafen haben. Ehrlich gesagt ist es mir heute fast peinlich, dass ich gestern so aufdringlich war.

„Ellie, schau mal wo wir sind.", sagt Felix und reißt mich aus meinen Gedanken.

Ich schiebe meine Tasse Kaffee an die Seite, beuge mich zu ihm herüber und betrachte den Bildschirm seines Smartphones. Der blaue Punkt auf Google Maps zeigt an, dass wir uns in Österreich, wieder kurz vor der deutschen Grenze befinden. Auf dem kleinen Bildschirm kann ich die Städte Reutte und Garmisch-Partenkirchen erkennen. Wow. Das war mal wieder eine Glanzleistung.

„Wie viel Umweg ist das jetzt?", frage ich kauend. Das Frühstück ist köstlich, ich kann einfach nicht aufhören mit Essen.

Felix zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht anderthalb Stunden?"

Das geht ja noch.
Er wischt mit seinem Finger auf der Karte hin und her, als suche er nach einem besseren Weg, als den, den Google uns anzeigt.

„Ah, ich habs doch gewusst.", sagt er auf einmal.

„Was?", frage ich irritiert.

Doch Felix gibt mir keine Antwort mehr. Er scheint vollkommen vertieft.

Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen zusammen und begleichen unsere Rechnung. Trotz meiner Proteste besteht Felix darauf, alles zu zahlen. Sein Argument, ich könne ja nichts für diese verlängerte Reise, halte ich nicht für stichfest, aber es hat sowieso keinen Sinn, mit ihm darüber zu diskutieren.

„Wir könnten ja bei einem Supermarkt vorbeifahren und etwas Proviant kaufen.", schlage ich vor, als wir wieder im Auto sitzen. „Außerdem würde ich mich freuen, wenn ich noch irgendwo Unterwäsche besorgen könnte.", füge ich leise hinzu und werde rot. Unsere Reise scheint noch länger zu dauern und ich kann nicht eine Woche die gleiche Unterhose tragen.

„Ja, das können wir machen. Ich hatte eh vor, einen kleinen Umweg zu fahren, wenn es dir nichts ausmacht.", antwortet er, ohne auf meine veränderte Gesichtsverfärbung einzugehen.

„Was für einen Umweg?", frage ich neugierig.

Doch Felix grinst nur frech. „Lass dich einfach überraschen."

Eine halbe Stunde später taucht vor uns das Ortschild von Garmisch-Partenkirchen auf. Es ist deutlich kühler geworden. Anscheinend hat das Unwetter gestern Abend für einen ordentlichen Wetterumschwung gesorgt. Der Himmel ist immer noch bewölkt und die Temperaturen sind um bestimmt zehn Grad gesunken. Ich fröstele ein wenig, aber eine Jacke habe ich natürlich nicht dabei. Für diesen kleinen Roadtrip sind wir nämlich echt schlecht ausgestattet und dazu ziemlich schlecht organisiert. Aber solange die Stimmung nicht kippt, ist mir das egal.

Weitere zehn Minuten später haben wir einen Parkplatz in der Stadt gefunden und stehen in der Damenabteilung einer örtlichen Modekette. Felix scheint sich deutlich unwohl zu fühlen, als ich suchend zwischen Höschen und BHs umherlaufe und erklärt mir schließlich, ich würde das schon alleine schaffen. Wenn ich ehrlich bin, macht es das Unterwäschekaufen auch wesentlich leichter, wenn er mir nicht ständig über die Schulter schaut. Ich finde zusätzlich noch eine Jacke, Socken und ein T-Shirt. Mit den Sachen unter dem Arm will ich gerade zur Kasse gehen, da fällt mir ein blaues Kleid ins Auge.

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