Szene Z

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Der erste Tag an einer neuen Schule. So begannen doch immer die ganzen Serien. Ein Mädchen zieht um und muss auf eine andere Schule gehen. Am ersten Tag begegnet sie sofort ihrem Traumtypen und am Schluss kommen die beiden zusammen. Happy End.
Bei dem Gedanken an dieses Klischee entfuhr Ellie ein bitteres Schnauben. Wenn sie ehrlich war, würde sie sich freuen, wenn ihr in den nächsten Jahren größere Dramen erspart blieben. 

Es war sechs Uhr fünfundzwanzig. Sie hatte noch eine Stunde Zeit, bis sie das Haus verlassen musste. Eine Stunde, um sich in Bettie zu verwandeln. Die Erinnerungen an den Nachmittag vor dem Unfall spukten in ihrem Kopf herum. Die letzten fröhlichen Stunden ihres alten Lebens. Ellie konnte sich noch genau daran erinnern, wie Isabella gestaunt hatte, als sie mit glatten Haaren vor ihrer Freundin gestanden hatte. Wie ein neuer Mensch. Und genau das hatte Ellie jetzt vor. Ihre Haare waren noch feucht vom Duschen. Das Glätteeisen lag bereit. In der letzten Woche hatte Ellie fleißig geübt, Strähne für Strähne, einer bestimmten Systematik folgend.

Niemand durfte auf die Idee kommen, wer hinter dem neuen Mädchen steckte. Ellie wusste genau, dass ein paar Jugendliche aus dem LJO auch auf das Anne-Frank-Gymnasium gingen. Doch mit ein bisschen mehr Schminke und einem neuen Kleidungsstil würde niemand mehr die bemitleidenswerte Ellie erkennen, die gerade erst Mutter und Bruder verloren hatte. Sie war jetzt Bettie: glücklich, ohne Probleme, zielgerichtet in die Zukunft schauend. Vielleicht würde sie sich ein neues Hobby suchen. Wenn sie die anderen Jugendlichen aus ihrem Jahrgang beobachtete, würde sie schon herausfinden, was andere so in ihrer Freizeit so trieben. Es konnte ja nicht so schwer sein, normal zu sein.

"Ellie, magst du noch etwas frühstücken?", rief Thomas von unten aus der Küche.

"Ich komme!", rief Ellie und sprintete die Treppe hinunter.

Seit dem Umzug hatte sich das Verhältnis zwischen Vater und Tochter wesentlich verbessert. Die gemeinsame Aufgabe, ein neues Leben aufzubauen, hatte die beiden zusammengeschweißt und seit Ellies Krankenhausaufenthalts achteten sie mehr aufeinander. Die Angst, einander zu verlieren war einfach zu groß. Manchmal hatte Ellie das Gefühl, ihr Vater reagierte ein bisschen zu fürsorglich, aber das würde sich mit der Zeit legen, da war sie sich sicher.

Die neue Wohnung war perfekt. Ellie hatte ihr eigenes kleines Reich unter dem Dach, sogar mit eigenem kleinen Badezimmer. Im ersten Stock hatte sich Thomas ausgebreitet und im Erdgeschoss befanden sich eine Küche und ein kleines Wohnzimmer. Die Wohnung bot eigentlich mehr Platz, als die beiden benötigten, aber sie hatten sich dafür entschieden und es war gut so.

Mit einem dankbaren Lächeln nahm Ellie am Esstisch gegenüber ihres Vaters Platz und freute sich über die frischen Brötchen, die er vom Bäcker geholt hatte.

"Und, bereit für den ersten Tag?", fragte Thomas und schaute seine Tochter prüfend an. "Was hast du eigentlich mit deinen Haaren und deinem Gesicht gemacht?"

Ellie zuckte mit den Schultern und antwortete kauend: "Ich werde es schon schaffen, mach dir mal keine Sorgen. Es ist ja alles mit der Schulleitung abgeklärt, außerdem war die Nachprüfung wirklich gut, ich werde also keine Schwierigkeiten haben, mitzuhalten. Und was meine Haare angeht, gewöhn dich lieber dran, das ist jetzt mein neuer Style."

"Dein neuer Style, so so...", brummte Thomas. Manchmal verstand er die Generation seiner Tochter einfach nicht. Die Jeans mit den Löchern war eigentlich so gar nicht Ellies Geschmack. Fror sie nicht? Aber gut, vielleicht musste sie gerade einfach eine Phase durchleben, dazu hatte sie früher ja nicht die Freiheit gehabt. 

"Hast du dein Fahrradreifen gestern aufgepumpt? Hast du deine Sachen und deinen Stundenplan? Ich hab dir ein Schulbrot geschmiert, das liegt neben dem Kühlschrank."

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