Casting

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Ich atmete tief durch und öffnete meine Augen. Vor mir saßen an einem Tisch zwei Frauen und zwei Männer, die mich ansahen. Vor ihnen stand noch zusätzlich eine Kamera. Ich saß ein paar Meter von ihnen entfernt, legte meine rote Casting Mappe auf meinen Schoß und lächelte ihnen schüchtern entgegen. Die ältere Frau notierte sich kurz etwas und nickte mir dann lächelnd zu. Okay. Dann war es jetzt wohl soweit. Das Casting begann. Jetzt liefen meine fünf Minuten. "Ich bin Karol Sevilla und ich spreche für die Rolle der Lucia vor. Ich komme aus Mexiko, ich bin 18 Jahre alt und meine Wahlfächer sind Musik und Theater." "Kannst du skaten?", fragte mich die jüngere Frau. Ich nickte nur. "Und tanzen?" Wieder nickte ich: "Ja und singen auch." "Wir würden jetzt gerne eine der kurzen Szenen mit dir durchgehen. Ich lese meinen Teil vor und du sprichst deinen auswendig gelernten Teil. Mach zusätzlich das was du willst und für richtig hältst. Fühl dich frei.", sagte der jüngere Mann zu mir. Ich nickte und legte die rote Mappe neben dem Stuhl auf den Boden. "Und bitte.", sagte der ältere Mann laut. Ich bückte mich und tat so als wenn ich meine Schnürsenkel binden würde. "Erstes mal auf der Skate Bahn?", las der Mann vor. "Nein. Ich kenne den Ort schon. Aber trotzdem... Meine Knie...", sagte ich. Der Mann las weiter vor: "Hier. Diese Creme wird dir helfen. Meine Mutter sagt, sie hilft dir zu 60 Prozent. Sie regeneriert geschädigte Zellen. Du kannst sie behalten. Du wirst sie mehr brauchen als ich." Gespielt verwirrt sah ich den Mann an und tat so, als wenn er mir eine Creme gegeben hätte. Ich sah kurz zu meiner Hand und tat dann so, als würde ich sie neben mich legen. "Danke, aber ich brauche sie nicht. Ich habe mich an die Stürze gewöhnt." Der jüngere Mann legte den Zettel wieder vor sich auf den Tisch und nickte mir zufrieden zu. Die ältere Frau schob ihre Brille hoch: "Wir würden jetzt gerne noch eine Szene mit dir durchgehen und zwar mit jemanden, der die Rolle schon bekommen hat." Ich nickte und sah zur Tür. Ein etwas älterer Mann kam herein, nahm einen Stuhl und zog ihn neben mich, wo er sich niederließ. Er zwinkerte mir freundlich zu: "Du wirst es bestimmt super machen." "Danke.", entgegnete ich. "Bitte!", rief wieder der ältere Mann. "Du weißt, ich liebe es zu skaten! Und hier ist alles ganz anders. Das ist alles verrückt!", sagte ich aufgebraucht. Der Mann legte tröstend seine Hand auf mein Knie. "Ich weiß Schatz, ich verstehe dich. Du musst aber stark sein. Es wird alles gut." Ich spürte, wie Tränen über meine Wangen liefen: "Das ist was ich am meisten vermissen werde... Immer wenn ich dich brauche... Bist du hier an meiner Seite... Mit deiner Unterstützung und Beratung. Ich werde dich so sehr vermissen." Er nahm seine Hand von meinem Knie und ich umarmte ihn. Er erwiderte die Umarmung, während ich meinen Tränen freien Lauf ließ. Der junge Mann unterbrach uns und bedankte sich für die Szene. Der Mann und ich lösten uns von einander und hastig wischte ich mir über die Wangen. "Gut gespielt. War mir eine Freude.", sagte er lächelnd und ging in schnellen Schritten aus dem Raum. "Danke für's kommen. Wenn du die Rolle bekommen hast, rufen wir dich an.", sagte die jüngere Frau zu mir, als sie von dem Zettel hoch sah. Ich nickte, verabschiedete mich und stand auf. Ich hob noch schnell meine rote Mappe auf und verließ dann ebenfalls den Raum. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, lehnte ich mich mit geschlossen Augen gegen sie. Ich seufzte erleichtert und öffnete meine Augen wieder. Diese fünf Minuten haben sich wie eine halbe Ewigkeit angefühlt.

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Sechsundfünfzigstes Kapitel!
Endlich mal wieder ein Kapitel von mir. Und mit diesem Kapitel: Fröhliche Weihnachten euch allen. Ich hoffe ihr genießt die Zeit mit eurer Familie.🎅🏻❤

Xoxo
Vicky

Ein neues Leben // Abgeschlossen✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt