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Ziellos streifte Taehyung durch die Straßen Seouls. Es hatte aufgehört zu schneien und die Flocken auf den Wiesen waren längst geschmolzen und hinterließen eine wässrige Spur.

Die gläsernen Hochhäuser reflektierten die Sonnenstrahlen, die durch die grauen Wolken brachen und blendeten Taehyung die Sicht, der seinen Kopf senkte und es vermied zu den riesigen, auffälligen Gebäuden hoch zu schauen.

Sein Schädel schmerzte von den ganzen Gedanken die ihm in seinem Kopf herumschwirrten.

Er fragte sich für eine Millisekunde ob Jimin nicht doch recht hatte. Immerhin war seine Denkweise nicht falsch, aber irgendetwas hinderte ihn daran selbst so zu denken.

Natürlich erinnerte er sich noch gut an die Geschichte von Helen Blackthorn.

Sie war eine loyale Kämpferin. Sie hatte in Irland gekämpft, an der Zitadelle der Eisernen Schwestern und in Alicante, um ihre Familie und die Nephilim zu schützen.

Doch nach dem Dunklen Krieg hatten die Ratsmitglieder sie auf unbestimmte Zeit auf die Wrangelinsel verbannt, auch wenn man es nicht offiziell so formuliert hätte. Diese winzige Insel im Arktischen Ozean war der Zentrale Standort für alle Schutzschilde der Welt und außerdem eine trostlose Eiswüste, wie Taehyung gehört hatte.

Offiziell widmeten sich Helen und ihre Freundin dem Studium der Schutzschilde, die nach dem Dunklen Krieg wieder errichtet werden mussten.

Inoffiziell wurde Helen für die Umstände ihrer Geburt bestraft.

Der Rat war zu dem Schluss gekommen, dass man ihr nicht trauen konnte, trotz ihres Muts im Dunklen Krieg, trotz ihrer makellosen Vergangenheit.

Die Ratsmitglieder vertraten die Meinung, dass Helen keine richtige Schattenjägerin war, und das obwohl sie Runenmale problemlos vertrug.

Er wusste wieso Jimin sie erwähnt hatte. Sie hatten eines Abends ein Gespräch zwischen der Institutsleiterin und Jimins Mutter aufgefangen, die sich darüber beklagten, wie der Rat ein so junges Mädchen so behandeln konnte.

Taehyung hatte ihnen lauthals beigepflichtet und gemeint, es sei eine Schande, dass der Rat nicht einsehe, dass trotz ihrer Mutter das Blut Raziels in ihren Adern floss.

Helen war eine echte Kriegerin, laut den Geschichten, die man sich zu dem Zeitpunkt erzählt hatte.

Damals hatte er Helen bewundert und wirklich als echte Schattenjägerin angesehen, doch heute war er sich dem nicht mehr sicher.

Die Feenwesen waren hinterlistig und grausam.

Und ihre Kinder könnten noch zu viel brutaleren Dingen fähig sein. Man konnte ihnen nicht zu hundertprozent vertrauen. Feenwesen können nicht lügen. Halbfeenwesen schon.

Ihm fiel die Geschichte von den Blackthorns ein, die ihm vor nicht allzu langer Zeit erzählt wurde und nun im Lehrprogramm der Akademie jedes Jahr aufs Neue weitergegeben wurde, um ihnen zu zeigen wie gefährlich die Feenwesen waren, obwohl das nach dem Dunklen Krieg eigentlich hätte klar sein sollen.

Das Ganze ereignete sich noch lange vor dem Kalten Krieg, als die Feenwesen noch an das Abkommen gebunden waren. Allerdings hielt es sie nicht davon ab, gegen dessen Vereinbarungen zu verstoßen, solange sie glaubten, damit ungestraft davon kommen zu können.

Ein Schattenjägerkind war verschleppt worden, woraufhin man zehn Akademieschüler in Begleitung eines Lehrers losschickte, um das Mädchen zu retten.

Darunter waren zwei junge Schattenjäger: Andrew und Arthur Blackthorn.

Die Mission wäre ein glatter Erfolg geworden, hätte nicht eine junge Elfe dafür gesorgt, dass sich Andrews Hand in einem Dornbusch verfing.

Ohne nachzudenken, saugte er das Blut auf, das aus einer kleinen Wunde quoll, und nahm damit auch etwas von dem Pflanzensaft auf.

Metanoia || JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt