Seine Motivation verging in dem Moment, als er das neue Seil um sich befestigt hatte und wieder eineinhalb Meter über Jimin in der Luft baumelte.Taehyung seufzte. Er balancierte auf dem komplizierten Gitterwerk aus Balken und Sparren und schaute zu Jungkook herab.
Schattenjäger mussten wissen, wie man sicher kletterte; viele Dämonen waren auf ihren mehrgliedrigen Beinen ziemlich schnell und konnten wie Spinnen an Gebäudefassaden hinaufkrabbeln. Aber es war mindestens genauso wichtig zu lernen, wie man aus großer Höhe fiel und sicher landete.
"Du schaffst das schon irgendwann.", rief Taehyung jetzt.
"Ach ja? Da bin ich mir nicht so sicher."
"Man wird nicht an einem Tag zum weltbesten Schattenjäger.", versicherte Jimin ihm.
Taehyung der allmählich die Geduld verlor, sprang vom höchsten Balken, vollführte einen eleganten Salto in der Luft und landete geräuschlos in der Hocke. Dann richtete er sich auf und zwinkerte Jungkook zu.
"Du kannst das, sobald du es wirklich willst.", sagte er zu ihm, der noch immer am Seilende baumelte und aus Frust ungeschickt versuchte nach Taehyung zu treten.
"Können wir nicht das Kämpfen trainieren?", schmollte Jungkook und strampelte in der Luft herum, wodurch er sich um seine eigene Achse drehte.
"Erst, wenn du den Salto beherrschst. Das sind wichtige Grundlagen zum Kämpfen.", erklärte Jimin.
Doch Jungkooks Arme waren vom ganzen Klettern und festhalten schon so müde, dass er keine Kraft mehr hatte die Strickleiter nochmal hochzuklettern.
"Ich bin müde.", sagte er und bekam zwei amüsierte Blicke.
"Wir haben gerade mal zwei Stunden trainiert.", sagte Taehyung.
"Aber wir können eine Pause machen.", warf Jimin ein. Freudig klatschte Jungkook sich in die Hände.
Als sie Jungkook von dem Seil befreit hatten marschierte er zu einer Bank auf dessen Sitzfläche ein kleines Handtuch lag, mit dem er sich den Schweiß von der Stirn wischte.
Taehyung gähnte und streckte die Arme wie eine Katze bis weit über seinen Kopf. "Okay, ich gehe kurz in die Küche. Jetzt wo wir wieder Lebensmittel haben, ist das ein guter Ort zum Abhängen. Bis gleich, ihr Turteltäubchen." Damit rauschte er aus dem Fechtsaal und hinterließ eine schwere nach Rosenwasser duftende Luftwolke.
Jimin warf Jungkook einen Blick zu. Er hatte in der Zwischenzeit damit begonnen, seine Kampfmontur abzulegen, die wie ein Schutzschild über seiner normalen Kleidung saß und mit mehreren Schnallen befestigt war. "Hast du nicht auch Hunger?", fragte er.
Jungkook schüttelte seinen Kopf, während er sich an der Wand anlehnte.
"Okay." Jimin legte die obere Hälfte seiner Montur auf die Holzbank. Darunter trug er ein dünnes T-Shirt, durch dessen Gewebe Jungkook seine schwarzen Runenmale sehen konnte, wie Tusche, die durch feuchtes Papier dringt.
Jimin stand direkt vor ihm, bewegte sich dicht an ihn heran. Im Schein des Sonnenlichts legte Jungkook ihm die Hände auf die Brust, spürte die harte Muskulatur unter seinem T-Shirt und den schnellen Rhythmus seines Herzschlags. Seine Augen funkelten.
Dann küsste Jimin ihn und zog ihn noch fester an sich. Sein Körper presste ihn gegen die Wand, sodass das Holz kalt gegen seinen Rücken drückte.
Jimins Hände umfassten seine Taille und schoben sich unter sein T-Shirt. Jungkook liebte die Art und Weise, wie Jimin ihn hielt. Behutsam, aber nicht zu sanft ... nicht so sanft, dass er jemals das Gefühl bekam, er hätte sich besser im Griff als Jungkook selbst.
Denn weder Jimin noch er konnten ihre Gefühle füreinander kontrollieren und das gefiel ihm. Und es gefiel ihm auch, wie Jimins Herz aufgeregt gegen seines wummerte und wie er leise gegen seine geöffneten Lippen murmelte, sobald er seinen Kuss erwiderte.
Schweigend hielt er sich einen Moment an Jimin fest. Jungkook konnte die Anspannung von Jimin Körper spüren und verkrampfte sich ebenfalls. Dies war mehr als nur körperliche Erregtheit: Jimin bebte förmlich. Er zitterte am ganzen Körper, als er sein Gesicht in Jungkooks Halsbeuge vergrub.
"Jimin.", flüsterte er.
"Da bin ich wieder!" Taehyung kam in den Raum stolziert. Als er Jungkook und Jimin an der Wand entdeckte zog er eine Augenbraue hoch. "Ah, wieder am Rumknutschen. Ich dachte ihr wolltet eine Pause machen."
"Niemand hat dich aufgefordert, ohne anzuklopfen, hier hereinzuplatzen, Taehyung." Jimin rührte sich nicht von der Stelle und drehte lediglich den Kopf zur Seite, um Taehyung mit einer Mischung aus Verdruss und Zuneigung zu mustern.
"Jimin.", setzte Jungkook an, während Taehyung auf sie zu trat.
In dem Moment gab er ihn plötzlich frei und trat einen Schritt zurück. Seine Wangen glühten immernoch und seine Augen funkelten fiebrig.
"Das hier ist der Fechtsaal. Also ein öffentlicher Raum.", bemerkte Taehyung.
Jungkook wünschte sich, der Raum wäre nicht so hell erleuchtet, damit man sein eigenes glühendes Gesicht nicht sehen konnte. Ihm fiel auf, dass Jimin Taehyung mit einem leicht ungeduldigen Blick betrachtete, so als wäre er verärgert.
Peinlich berührt sagte Jungkook: "Ich zieh mich mal um."
"Ich dachte wir wollten noch trainiern.", stieß Taehyung hervor, der auf Jimins Kopfschütteln hin verstummte.
Jungkook marschierte zu der Tür, die in den kleinen Umkleidebereich neben dem Fechtsaal führte. Ein schlichter Raum mit hellen, holzverkleideten Wänden, einem Spiegel, einer Dusche und mehreren Kleiderhaken.
Ein Stapel Handtücher lag ordentlich gefaltet auf einer Holzbank in der Nähe der Tür.
Jungkook sprang rasch unter die Dusche, trocknete sich kurz ab und streifte sich dann seine normale Kleidung über: eine dunkle Jeans, seinen Strickpullover und die schwarzen Stiefel, die zur Schattenjägermontur gehörten.
Beim Blick in den Spiegel fielen ihm seine noch immer geröteten Wangen auf, doch sein Puls hatte sich beruhigt, als er die Tür zum Fechtsaal hinter sich geschlossen hatte.
Als er schließlich in den Fechtsaal zurückkehrte, hatten Taehyung und Jimin sich einem anderen Gesprächsthema zugewandt.
"Ich kann nicht glauben, dass du die Idee hast in dieses Museum zu fahren.", bemerkte Jimin, während er Turnmatten und die Übungsausrüstung fort räumte.
Taehyung lehnte an der Wand und spielte mit seiner Stele. "Wieso nicht? Das ist schließlich ein Fall der uns Nephilim betrifft."
"Ein Fall um den Celiné sich gerade kümmert."
Geschlagen warf Taehyung die Hände in die Luft. "Ich dachte nur, dass wir mal wieder auf Mission gehen könnten."
"Aber wir sind doch gerade erst aus Idris zurückgekehrt.", protestierte Jungkook.
Jimin grinste ihn breit an. "Ich habe eine bessere Idee."
"Welche?"
"Wir gehen heute Nacht auf ein Abenteuer."
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Metanoia || Jikook
Fanfiction2012, Seoul Niemals wird er den Tag vergessen, an dem seine Eltern gestorben sind. Der 17-Jährige Taehyung war damals noch ein Kind und es herrschte ein furchtbarer Krieg, in dem die Schattenjäger, Erzfeinde der Dämonen, fast völlig ausgelöscht wurd...