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Jimin legte seine Stele auf der Armlehne des Sofas ab und fuhr mit dem Finger über die Iratze die er auf Jungkooks Arm aufgetragen hatte.

"Wie geht es dir?", fragte er.

"Besser. Danke." Jungkook hatte seine Arme ausgestreckt und beobachtete nun, wie die Blutergüsse verblassten und sich die Schnittwunde langsam schloss.

Jimin und er waren in einer Art Salon, vermutete Jungkook. Mehrere Tische füllten den Raum, dessen Wände von Bücherregalen gesäumt waren, und ein großes Ledersofa stand schräg vor einem offenen Kamin, in dem ein Feuer brannte und den Raum in warmes Licht tauchte.

Regentropfen prallten am Fenster ab und schienen in den warmen Raum eindringen zu wollen, um sich vor der Kälte zu schützen.

"Hey." Jimins braune Augen betrachteten prüfend Jungskooks Gesicht. "Alles in Ordnung mit dir?"

Ja, wollte er erwidern, doch die Antwort blieb ihm in der Kehle stecken.

Rein körperlich fehlte ihm nichts. Die Runen hatten seine Prellung und den Schnitt geheilt.

Er war wohlauf.

Taehyung war verschwunden, zumindest im Augenblick. Aber Jungkook fühlte sich noch immer innerlich zerrissen und bitter und wütend und traurig, so unendlich traurig.

Er sehnte sich in der Sekunde nach seinen Eltern, im Moment schien ihm die Welt um ihn herum unsicherer und unbeständiger denn je.

Doch dieser Wunsch stimmte ihn nur umso trauriger, denn er wusste, er könnte niemals in Erfüllung gehen.

"Mir geht's prima." Jungkook ließ seine Arme sinken, stand auf und trat vor den Kamin. Er war sich bewusst, dass Jimin ihn vom Sofa aus beobachtete.

Langsam streckte er die Hände aus, als wollte er sich am Feuer aufwärmen, dabei war ihm überhaupt nicht kalt. Genau genommen spürte er jedes Mal, wenn er an Taehyung dachte, eine heiße Woge der Wut und Trauer in sich aufsteigen, die wie flüssiges Feuer durch seine Adern jagte.

Jungkooks Blick fiel auf seine zitternden Hände und er betrachtete sie mit einer seltsamen Distanziertheit und Gleichgültigkeit, als wären es die Hände eines Fremden.

"Taehyung hat mir angeboten mich zu verschonen, wenn ich das Institut verlasse.", sagte er.

Jimin atmete laut aus. "Nein. Er kann dir nichts antun. Nicht solange ich da bin."

"Wirst du es denn sein?", fragte Jungkook ohne sich zu ihm umzudrehen.

Er hörte das Ledersofa quietschen, als Jimin sein Gewicht verlagerte.

"Ja, werde ich. Er wird dir nicht mehr weh tun. Ich weiß, dass ich ihn überreden kann. Er braucht nur Zeit."

Jungkooks Blick fiel auf seine Schnittwunde, die verblasst war.

Zeit.

Jimin war immernoch davon überzeugt ihn umstimmen zu können.

"Vertraust du mir?", flüsterte Jimin.

Obwohl er sich nicht wirklich sicher sein konnte, sagte ihm sein Unterbewusstsein, dass es in Ordnung wäre sich auf Jimin zu verlassen.

"Jungkook, ich ..."

Er drehte sich zu Jimin um, als dieser verstummte. Er saß auf der Kante der Couch und fuhr sich mit einer Hand durch die zerzausten Haare, die Augen fest auf den Boden geheftet.

"Als ich in die Küche gekommen bin und dich dort gesehen habe und ihn, da hätte ich ihn am liebsten sofort geschlagen. Ich hätte ihn direkt konfrontieren sollen, aber ich hatte Angst. Angst meinen Parabatai zu verlieren. Aber ich hatte auch Angst um dich ..."

Metanoia || JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt