Ein Feuerwerk explodierte in mir, während die Zeit stehenblieb. Im ersten Moment war ich vor Überraschung erstarrt, dann beugte ich mich noch näher zu Kilian und umfasste sein Gesicht mit meiner Hand. Im selben Moment strich er mit dem Daumen über meine Wange. Ich erschauderte. Mich überkamen so viele Gefühle auf einmal. Es war, als würde plötzlich eine Leere in mir gefüllt werden, die schon immer da gewesen war. Ich fühlte mich als... als ein Ganzes. Nichts hatte sich bisher so richtig angefühlt wie das hier. Dann war der Moment vorbei, als eine Stimme ertönte: „Hoheit!" Schnell fuhren wir auseinander. Ein Wachmann kam auf uns zu. Verstohlen sah ich ihn an, doch er verzog keine Miene als er durch die Glastür über den Balkon schritt. Entweder der Mann hatte uns nicht zusammen gesehen oder es war ihm egal. Trotzdem schoss mir die Röte ins Gesicht, darum senkte ich schnell den Blick. „Was gibt es denn?" wollte der Prinz neben mir mit einem unterdrückten Knurren wissen. Der Wachmann verbeugte sich, als er uns erreicht hatte. „Der König wünscht Eure Anwesenheit beim Entzünden der Festkerzen." Mit einem genervten Stöhnen fuhr sich der Prinz durch die Haare. „Kann das nicht warten? Ich war gerade beschäftigt." Nun beäugte mich der Mann doch mit einem musternden Blick. Dann wandte er sich wieder seinem Prinzen zu. „Es tut mir Leid, aber der König hat ausdrücklich darum gebeten, dass Ihr an seiner Seite seid."
Nun war es ein ergebener Seufzer, der neben mir erklang. „Gut, sag meinem Bruder ich bin in einer Minute bei ihm." Mit einem Nicken verbeugte sich der der Wachmann und verschwand dann. Der Prinz wandte sich unterdessen an mich. Mit einem Strahlen in den Augen sah er mich an. „Ich muss leider los, aber wir reden morgen, okay?" Mehr als ein Nicken und ein Lächeln brachte ich nicht zustande. Erleichtert darüber, dass ich ihm nicht böse war, verabschiedete er sich von mir indem er meine Hand drückte und „Bis morgen dann, Küchenjunge!" flüsterte, bevor er wieder hineinging. Ich wartete ein paar Sekunden, bevor ich ihm folgte. Im Saal herrschte ein reges Treiben, von Kilian war bereits keine Spur mehr zu sehen. Eilig machte ich mich daran durch die Menge das Ende des Saals zu erreichen. Als ich endlich durch die großen Türen den Flur erreichte, hielt ich es nicht mehr aus und rannte durch das Schloss. Da alle auf dem Fest waren, begegnete ich niemandem . Nicht einmal Bedienstete waren unterwegs. Während ich rannte, fühlte es sich an als würde ich fliegen. Meine Gedanken rasten so schnell wie meine Füße, aber es fühlte sich gut an. Er hat mich geküsst, er hat mich geküsst, er hat mich geküsst... Kurz kam mir der Gedanke, in den Garten zu laufen, doch ich verwarf ihn und lief weiter. Da der Ball heute noch weiterging, würde ich wohl kaum die erhoffte Privatsphäre erhalten. Als ich schließlich an meine Kammer kam hielt ich an und blieb ein paar Momente vor der Tür stehen. Zum einen, um meine Gedanken zu ordnen und zum anderen, um mein Keuchen unter Kontrolle zu bekommen, damit ich die schlafende Sofie nicht wecken würde.
Als ich wieder einigermaßen ruhig war, öffnete ich ganz vorsichtig die Tür. Verwirrt blieb ich stehen, als Licht im Zimmer schien und Sofie hellwach auf meinem Bett saß. Wollte sie etwa die ganze Zeit auf mich warten? „Da bist du ja!" Strahlend sah sie mich an und stand auf, jedoch umarmte sie mich nicht so wie erwartet, sondern blieb dort stehen. Das war seltsam, doch ich beachtete diesen Fakt nicht weiter sondern setzte mich neben sie auf mein Bett. „Und? Wie war es? Hast du mit jemandem getanzt? Hast du die Königsfanmilie gesehen? Hast du mit ihnen gesprochen? Was hatte die Königinmutter an? Und Elias? Und der Prinz? Ich will alle Details wissen!" Gerade setzte ich grinsend zum Schreiben an, als mir ein wichtiges Detail in ihrer Fragerei auffiel. Grinsend fragte ich:
Seit wann nennst du den König denn Elias? Was habe ich verpasst?
Augenblicklich wurde sie rot. „Das tut jetzt nichts zur Sache." Grinsend erwiderte ich beiläufig: Hm, ich schätze dann ist es auch nicht so wichtig, was ich dir von deinem 'Elias ' ausrichten sollte.
Augenblicklich wuchsen ihre Augen auf die doppelte Größe. „Was?! Ihr habt über mich gesprochen? Was hat er gesagt? Was hast du gesagt? Komm schooon, erzähl!" Da ich mich beherrschen musste, nicht laut loszulachen, begann ich ihr alles zu erzählen. Von den Menschen auf dem Ball, davon dass ich ihn nicht gefunden hatte (an der Stelle hatte Sofie mir mitfühlend den Arm gedrückt), vom Auftritt der Königsfamilie und schließlich die Worte des Königs, die ich meiner besten Freundin überbringen sollte. Es endete damit, dass sie vor Glück seufzend auf ihr Bett glitt und verträumt die Augen schloss. Ich hatte mich unterdessen umgezogen und war gerade dabei die letzte Haarnadel zu entfernen. Nachdem ich das erledigt hatte, griff ich unter mein Bett und holte die Reisetasche hervor. Sofie beobachtete mich, wie ich darin herumkramte und schließlich erleichtert das Medaillon herauszog. Seufzend umklammerte ich es und drückte es fest an meine Brust. Ich war viel zu lange getrennt davon. Schnell streifte ich mir die Kette über und genoss das vertraute Gefühl an meinem Hals. Zufrieden lehnte ich mich zurück.
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Sound of Silence
FantasyDie siebzehnjährige Tia reist aus ihrer Heimat in ein fremdes Land, um dort eine Arbeit am Königshof zu finden. Das neue Leben ist fremd und völlig ungewohnt. Sie kann sich zunächst nur schwer einleben, vor allem durch ihr besonderes Handicap. Zusät...