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Das Konzert der Jungs war klasse, wie immer. Chuck war eine ziemliche Rampensau und brachte die Green Day Fans zum toben. Als die Jungs fertig waren räumten die anderen Techniker und ich schnell die Instrumente und das Banner von der Bühne. Dann wurde alles für Green Day zurecht gerückt, meine Aufgabe war es, die Sachen schon mal zum Bus zu bringen. Der Kram von Negative Love kamen nämlich in einen Extra Anhänger der am Nightliner montiert war. Ich war mittlerweile ein Naturtalent im Einladen des Equipments und deshalb recht schnell fertig. Jetzt hatte ich noch genau zwei Stunden Zeit bis Green Day fertig war und so beschloss ich zurück in den Künstlerbereich zu gehen.

Der Backstageraum war wie ausgestorben, die anderen mussten wohl alle an der Bühne sein. Also pflanzte ich mich auf das Sofa, steckte meine Kopfhörer rein, begann Tetris zu spielen und genoss die traute Zweisamkeit mit meinem Handy. In kanpp zwei Stunden sollte ich Markus dabei helfen die Sachen von Green Day abzubauen. Eigentlich war ich nur für unseren kram zuständig, aber nach langem hin und her hatte ich nach dem Angebot einer Gehaltserhöhung zähneknirschend zugestimmt.

Nach einer sehr langen Weile, in der ich drei Mal am Buffet war und fünf Cola Dosen leer getrunken hatte, öffnete sich die Tür und die Anderen kamen lautstark lachend und sich unterhaltend rein, was für mich hieß, dass ich jetzt arbeiten musste. Also machte ich mich auf den Weg zur Bühne. Rico erwartete mich bereits und gab mir die Aufgabe, erst alles zu entkabeln, dann abzubauen und in die Cases zu räumen. Es waren noch sehr viele Fans da, die sich sehr euphorisch und lautstark über das Konzert unterhielten. Ich begann an den Monitoren mit dem entkabeln. „Oh mein Gott, er hat mich angesehen!", kreischte ein junges Mädchen die in einer kleinen Gruppe, nah am Wellenbrecher stand. Ich rollte nur mit den Augen und steckte mir einen Kopfhörer ins Ohr. Das geschnatter war ja nicht auszuhalten. Wie alt war die bitte? Höchstens vierzehn! Und wenn ich davon ausging das sie diesen Billie oder irgendwen anders von Green Day meinte, die ich alle mal auf Ende dreißig oder Anfang vierzig schätzte, war das schon etwas pervers. Gab es eigentlich einen Begriff, der ausdrückte das man auf ältere stand? Ich notierte mir es in Gedanken auf meine nicht vorhandene To-Do Liste. Gleich unter den Punkt herauszufinden wie die einzelnen Bandmittglieder Green Days hießen.

„Hey!", rief Jemand, ich sah kurz auf, bezweifelte aber, dass ich gemeint war, „Ja du!", ich sah in Richtung des Rufenden. Ein Mädchen, nein, besagte Vierzehnjährige, welche jetzt aufgeregt winkend halb über dem Wellenbrecher hing. Ich sah sie fragend an, „Kannst du mir eine Setliste geben?". Meine Reaktion auf ihre gestellte Frage, war ein Blick, der die Frage ob sie nicht alle Tassen im Schrank hatte mehr als verdeutlichte und ein Kopfschütteln, sie meckerte etwas, verzog sich aber recht schnell, als sie merkte, dass hier wirklich nichts zu hohlen war und ich machte weiter meine Arbeit.

Nach dem ich zusammen mit einem Typen namens Tommy die Gitarren verstaut hatte, begann ich mit ihm das Schlagzeug abzubauen. Als alles fertig verladen war, begab ich mich zurück in den Backstageraum zu den anderen, Rico würde uns dann gleich abholen, wenn es weiter ging und wir zum Bus sollten.

Im Backstagebereich ging es so ziemlich drunter und drüber, das mir die Putzfrauen, die das Disaster weg machen würden, mir schon echt leid taten. Chuck und Alessandro lieferten sich mit Billie und dem Schlagzeuger eine Kuchen Schlacht, der Rest der Anwesenden versuchte nicht unter Beschuss zu geraten. Ich stand einfach nur fassungslos im Türrahmen bis ich von dem Schlagzeuger auch eine Ladung abbekam. Doch anstatt zurück zu werfen, sah ich ihn einfach nur wütend an und kratzte den Kuchen von meinem Shirt. „War das Nötig!?", fragte ich den, mich entschuldigend anlächelnden Schlagzeuger. „Es tut mir leid", sagte er immer noch lachend, was mich ziemlich auf die Palme brachte und mein vorhandenes Rockstarklischee für mich mehr als nur bestätigte. „Das will ich auch hoffen!", knurrte ich ihn an und murmelte gleich noch eine Beileidigung hinterher. „Komm runter Jack, es ist nur Kuchen und er hat sich entschuldigt", versuchte mich ein sehr angetrunkener Chuck zu beruhigen, ich lächelte daraufhin nur verbissen, blieb aber still und setzte mich zu Isaac auf das Sofa.

Gelangweilt besah ich mir die restlichen, wahrscheinlich ebenfalls angetrunkenen Personen im Raum und begann mich zu fragen warum zur Hölle ich das hier jetzt alles mit machte und warum ich nicht betrunken war. „Und hat dir die Show gefallen?", der Sänger hatte sich zusammen mit einem Bier neben mich fallen lassen. Ich zuckte, nach einer kurzen Sekunde des Schreckens, durch das plötzliche Auftauchen meines neuen Sitznachbarn, nur mit den Schultern. „Weiß nicht, ich hab sie mir nicht angesehen", sagte ich wahrheitsgemäß. Er zog eine Braue hoch, „Im Ernst?", ich nickte und stellte etwas belustigt klar, „Nicht jeder ist ein Fan von euch". „Aua, das tat weh, ich dachte jeder liebt uns", gab er ironisch zurück, was mich ehrlichgesagt etwas sprachlos machte. „Vielen dank, dass du mir die Augen geöffnet hast", hängte er noch lachend drann und nahm einen Schluck von seinem Bier. „Und was macht dich zum „Nicht-Fan" dieser...meiner grandiosen Band?", jetzt grinste ich und stand mit den Worten, „Geht dich nichts an", auf und ging, mit einem Umweg zum Kühlschrank um mir ein Bier zu holen, zu Chuck. „Du, ich geh schon mal in den Bus, bin sehr müde. Hast du meine Jacke gesehen?", er deutet zurück zum Sofa, wo immer noch Isaac und dieser Billie saßen. Also ging ich wiederwillig und etwas genervt zurück, nach ein paar Sekunden des Suchens, entdeckte ich schließlich meine Jacke.

„Sorry, will dich echt nicht, beim alleine Bier trinken stören, aber du sitzt auf meiner Jacke. Könntest du sie mir geben?", ich sah Billie zuckersüß an. „Wie heißt das Zauberwort?", ich rollte mit den Augen, was sollte der Scheiß denn jetzt!? „Bist du mein Vater oder was?", „Wenn ich dein Vater wäre, dann würdest du das mit dem Zauberwort drauf haben", ich stöhnte, „Oh man gib mir doch einfach die scheiß Jacke und dann bist du mich los", er schüttelte den Kopf, „Also? Ich höre", sagte er grinsend und ich ballte meine Fäuste, versuchte dann aber, durch einen tiefen Atemzug, den Wunsch ihm hier und jetzt die Fresse einzuschlagen zu wiederstehen. „Bitte?", sagte ich bemüht ruhig. „Jetzt sag es noch mal als ganzen Satz", „Sag mal willst du mich verarschen!?", er schüttelte ungerührt den Kopf, „Okay! Könntest du mir bitte meine Jacke geben!? Zufrieden!?", motzte ich ihn an. Er nickte, „Siehst du, war doch gar nicht so schwer oder?", er erhob sich kurz und holte meine Jacke unter seinem Gesäß hervor. „So bitte. Sogar angewärmt", ich sah ihn angeekelt an und nahm die Jacke ohne einen weiteren Kommentar mit meinen Fingerspitzen entgegen, jedoch nicht ohne mir die Notiz im Hinterkopf zu machen, die Jacke bei Gelegenheit zu waschen. Als ich mich umdrehte um zu gehen lief ich fast in einen dunkel haarigen Jungen mit Locken. Konnte aber noch geschickt ausweichen, in dem ich zurseite sprang, voll über den kleinen Tisch stolperte und unsanft auf dem Boden landete. Die Bierflasche zerbrach auf dem Betonboden und ich hörte Gelächter. Beim Sturz hatte ich mir mein rechtes Knie aufgeschlagen und meine Handballen brannten ein wenig. „Oh man, Sorry!", der Junge stand neben mir und wollte mir die Hand geben doch ich schlug sie ärgerlich weg, „Passt schon, lass mich in Ruhe". Damit machte ich mich etwas humpelnd auf dem Weg zum Nightliner.

Scheiß Tour!

Hit the Road JackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt