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„Was?...Oh. Wie geht es dir?", ich lächelte, „Ich weiß nicht, das ist alles eine seltsame Situation. Wir haben uns ja auch lange nicht gesehen.", „Willst du ihn denn besuchen? Nach all dem was passiert ist...". „Ganz ehrlich, ich war bereits bei ihm", antwortete ich ihm zögerlich, „Krass! Und?". Ich seufzte, „Viel hat sich ja nicht geändert, das Haus sieht genauso aus wie ich es verlassen habe. Und meine Eltern sind auch wie ich sie verlassen habe. Josie und Jeff hab ich nicht gesehen.", „Und wie geht es deinem Vater? Was genau hat er denn?", „Speiseröhrenkrebs, schon ziemlich weit fortgeschritten und mit keiner Aussicht auf Besserung.", „Ach fuck!", murmelte er nach ein paar Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. „Es ist zwar echt scheiße wie er immer zu dir war, aber das ist auch nicht schön.", ich stimmte ihm zu. Dann wechselten wir schnell das Thema, es war einfach zu deprimierend darüber zu sprechen. Chuck erzählte das sie übermorgen schon wieder kamen und er mich dann so gegen Nachmittag oder Abend abholen würde. Dann erzählte er ein wenig über sein Weihnachten und quatschten noch etwas über die Tour, schließlich verabschiedeten wir uns voneinander und legten auf.

Etwa Fünf Minuten lag ich total entspannt auf dem riesigen Bett bis es klopfte, „Ja?", bat ich die Person herein, während ich mich umständlich auf den Bauch rollte und zur Tür schielte. Es war wie nicht anders zu erwarten Joey.

„Na?", fragte er grinsend, „Na?", fragte ich zurück. „Hast du Lust noch wo hin zu fahren?", ich stützte mich auf die Unterarme und sah ihn misstrauisch an, „Wohin?". „Ist eine Überraschung", „Neee! Überraschung gibts nicht!", ich streckte ihm die Zunge raus, „Frech", merkte er an, ehe er auf mich zu kam. „Los komm zieh dir was bequemes an, du wirst es nicht bereuen". Ich haderte mit mir und sagte dann schließlich Ja.
Ich war ja so vorhersehbar.

Joey startete den Motor und steuerte nach dem Wohngebiet auf den Freeway, wir blieben einige Zeit auf der Straße. Irgendwann kam eine langgezogene rechts Kurve und zu unserer linken Tat sich die Bay auf und wir fuhren an Emeryville vorbei. Am Anfang von Berkley fuhr er ab und Richtung Wasser. Nach ein paar Minuten konnte ich zu unserer rechten einige Segelschiffe erkennen die nicht unbedingt günstig aussahen.

Wir stellten das Auto auf einem Parkplatz der sich auf der Landzunge befand und laut den Schildern zum Yachtclub Berkley gehörte. „Du gehst jetzt aber nicht mit mir Segeln oder?", er lachte, „Nein, wir haben hier kein Boot mehr liegen", „Und die Betonung liegt auf kein Boot mehr oder was?", witzelte ich. Er nickte nur, „Na komm schon", er zog mich Richtung Ufer. Die Sonne ging gerade unter und tauchte alles ringsherum in die warmen Strahlen der golden Hour. „Wollen wir auf den Pier gehen?", schlug ich vor und wir spazierten Richtung Sonnenuntergang.

Total kitschig!

Aber irgendwie auch schön.

Lange gingen wir schweigend nebeneinander her und waren in Gedanken, bis wir das Ende des Piers erreichten. Unschlüssig blieben wir stehen, er sah auf mich runter und ich schielte zu ihm hoch, wenn wir uns jetzt küssten konnte ich mich nicht mehr ernst nehmen. Das war dann wirklich zu kitschig!

Also drehte ich mich demonstrativ weg und sah sehr konzentriert der Sonne dabei zu wie sie langsam im Meer versank, „Schön oder?", murmelte er. Seine Stimme klang ganz nah, ich schielte zu ihm rüber ohne meinen Kopf zu bewegen. Bildete ich mir das nur ein, oder war er immer näher gekommen?

„Ja, das stimmt", antwortete ich und strich mir nervös eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Was ist los? Du wirkst so distanziert", ich wusste selber nicht was auf einmal los war, irgendwie ging mir das alles zu schnell. Erst konnten wir uns gar nicht ausstehen und jetzt auf einmal schauten wir uns den Sonnenuntergang an und waren kurz davor uns zu küssen. Klar wir hatten ja auch schon vorher miteinander geschlafen, aber das hier hatte mehr Tiefgang und davor hatte ich Angst.

„Es ist nichts, ich genieße einfach den Moment", versuchte ich es runterzuspielen. Was eigentlich ziemlich dumm war, denn Joey hatte warum auch immer ziemlich feine Antennen für so etwas.

Als die Sonne untergegangen war schlenderten wir zurück über das Holz des Pieres, wir hatten uns nicht geküsst, Joey hatte wohl gespürt das es nicht der richtige Zeitpunkt war. Jetzt wo es dunkel war konnte man das leuchten der Stadt viel besser sehen. Von dem Punkt hatte ich die Stadt noch nie gesehen. Ich blieb stehen und betrachtete kurz die vielen Lichter. Joey legte seine Hände auf meine Hüften und stand dicht hinter mir, aber die Vorstellung davon, die so eine Unruhe und Nervosität gebracht hatte, war wie verpufft. Ich fand es eher beruhigend.

Eine Weile standen wir einfach so da, meine anfängliche Anspannung war weg und ich fühlte mich sogar richtig wohl mit ihm. Sollte ich ihn küssen?

Ich beschloss nicht länger drüber nachzudenken und es einfach zu tun.

Also drehte ich mich um, sah ihn in die braunen Augen und küsste ihn schließlich.

Der Kuss war erst zögerlich, wurde dann aber immer leidenschaftlicher. Er hatte eine Hand an meine Taille gelegt und ein lag sanft in meinem Nacken und zog mich an ihn.

Später als wir im Auto saßen und zurück fuhren legte er seine Hand auf meinen Oberschenkel und ich meine Hand auf seine.

Wir kamen erst spät bei der Villa der Armstrongs an. Jake war wohl oben in seinem Zimmer und Adrienne und Billie saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher, wir hätten uns total entspannt die Treppe hoch schleichen können, wenn da nicht die blöden Hunde gewesen wären. Sie bellten so laut, das es wahrscheinlich selbst die Nachbarn hörten. Aus dem hochschleichen wurde wohl erstmal nichts.

Hit the Road JackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt