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Nach dem Frühstück ging ich erstmal duschen, dann zog ich mir was frisches an und ging wieder runter. „Ähm Billie?", ich stand vor dem riesigen Sofa und sah auf den in eine Zeitung vertieften Billie hinab, „Mhhhh?", kam es hinter der Zeitung hervor. „Kann ich noch ein bisschen Schlagzeug üben?", ich musste mich etwas abreagieren und einen klaren Kopf bekommen, „Ja natürlich, du weißt ja wo alles ist. Oder soll ich dir nochmal mit der Anlage helfen?", ich nickte. „Danke, das wäre nett", er sah mich schief an, „Warum bist du auf einmal so nett?", er musterte mich kritisch, „Was hast du angestellt?", Ich schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände, „Ich hab gar nichts gemacht", immer noch gespielt misstrauisch stand er auf und ging Richtung Keller. Wenn er wüsste was sein Sohn und ich gemacht hatten, wäre er alles andere als amused, aber das war nicht der Grund warum ich mich so neutral verhielt, ich fühlte mich total unwohl an Weihnachten hier bei einer fremden Familie zu sein. Auf der einen Seite wollte ich niemanden das Fest ruinieren und auf der anderen, fragte ich mich immer warum meine Familie nicht so war.

Billie hatte mir die Anlage eingerichtet und jetzt konnte ich mich auf dem Schlagzeug austoben. Zum Warm spielen entschied ich mich für Smells Like Teen Spirit, ich liebte bei dem Lied den Einstig des Schlagzeugs. Ich fühlte mich direkt besser als ich die ersten Tackte gespielt hatte. Als nächstes folgten ein paar Songs die ich am Vortag geübt hatte. Es klappte super und ich kam nur noch selten bei den Stücken raus. Nach drei Stunden Arbeit ging die Tür vom Keller auf und Billie stand in der Tür, ich stoppte direkt mein Spiel und nahm die Kopfhörer runter. „Das hört sich doch immer besser an", kommentierte er mein spielen, ich lächelte kurz, „Ich wollte dir eigentlich nur Bescheid sagen das wir in einer Stunde zu meiner Mutter los fahren. Machst du dich fertig?". Nickend stand ich auf und legte die Kopfhörer und Sticks zurück an ihren Platz. Billie schaltete die Anlage noch eben aus und dann folgte ich ihm die Treppe nach oben.

Eine gute Stunde später saßen wir alle in Billies Auto und fuhren zu dem Familienessen. Ich war eingequetscht zwischen Jake und Joey und fühlte mich wie die Sardine in der Dose, natürlich musste ja die kleinste in die Mitte. Auf einmal begann mein Handy zu klingeln, ich fischte es aus meiner hinteren Hosentasche was gar nicht so leicht war, da ich wie gesagt nicht viel Platz hatte. Das Display zeigte eine unterdrückte Nummer an, was das anging war ich sehr vorsichtig geworden, ich vermutete Jeff am anderen Ende der Leitung und drückte Reflexartig auf auflegen. „Warum hast du den Anruf weggedrückt?", fragte Jake direkt, „Weil ich bei unterdrückter Nummer nie dran gehe.". Für nach Weihnachten nahm ich mir direkt vor eine neue Nummer zu beschaffen.

Die Fahrt kam mir so unendlich vor und ich war froh als wir vor einem kleinen Einfamilienhaus stehen blieben, etwas herunter gekommen sah es schon aus, aber sehr gemütlich. Nach Jake und Joey kletterte ich aus dem Wagen und blieb aber mit meinem Fuß in der Anschnallgurtschlaufe von Beifahrersitz hängen. Ich wäre wahrscheinlich sehr unsanft auf dem Asphalt gelandet, aber Joey hatte mich irgendwie aufgegangen. Wir sahen uns für einen kurzen Moment an, „Danke" murmelte ich schließlich und richtete mich, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen auf. „Kein Ding", kam es verzögert von ihm, aber da hatte ich Joey schon den Rücken gekehrt.

Die Einrichtung war herzlich und sah nicht so teuer aus wie bei den Armstrongs zu Hause. Im recht kleinen Wohnzimmer war ein sehr langer Tisch aufgebaut auf dem schon sehr viel Essen stand, ich dachte wir würden nur mit Billies Mutter was essen und dann wieder fahren, aber im Garten tummelten sich sehr viele weitere Leute. Billie umarmte eine kleinere ältere Dame, „Mom, schön dich zu sehen!", dann folgte Adie, Jake, Joey und schließlich blieb sie bei mir stehen, „Ich bin Ollie und du bist bestimmt die neue Freundin von Joey?", fragte sie mich mit einem sehr herzlichen Lächeln, „Ich...ähm...", das brachte mich jetzt total aus dem Konzept, ich war nur selten Sprachlos, aber sie hatte es geschafft. „Mom, das ist Jack, sie ist mit uns auf Tour und wegen einem Wasserrohrbruch in ihrer Wohnung ist sie über Weihnachten bei uns", half mir Billie aus der Situation, „Ach du armes Ding. Bei uns ist jeder Willkommen", sie schloss mich ebenfalls in eine Umarmung und ich bedankte mich, dann gingen wir in den Garten. Die Armstrongs steuerten direkt auf die anderen zu und begrüßten sich herzlich. Das war dann wohl der Rest der Familie. Etwas fehl am Platz stand ich am Rande des Geschehens und versuchte nicht unangenehm auf zu fallen, ein falsches Grinsen ins Gesicht gemeißelt beobachtete ich das ganze. „Das ist Jack, sie ist mit uns auf Tour und wohnt momentan bei uns", stellte mich Billie direkt vor, „Und das sind", sagte er nun an mich gewandt, meine Geschwister „Anna, Alan, Marci, Hollie und David", „Hallo", grüßte ich etwas schüchtern in die Runde. Das ganze war etwas viel für mich und ich fühlte mich dezent fehl am Platz, aber ich wurde nett aufgenommen.

Nach der ziemlich holprigen Begrüßung setzten wir uns an den langen, aus mehreren zusammen gestellten einzelnen Tischen und natürlich saß mir Joey gegenüber. Rechts und links von mir saßen irgendwelche Cousins von ihm. Als alle Tischreden gehalten und Gebete gesprochen worden waren konnten wir uns endlich essen holen. Im Wohnzimmer hatte Ollie ein Buffet aufgebaut und jeder konnte sich etwas nehmen. Das Essen war klasse, nur während des Essens vielen mir Joeys Blicke auf, die er mir zu warf. Doch ich ignorierte sie, das zwischen uns war nur ein Fehler und noch war es nicht zu spät die Reißleine zu ziehen.

Hit the Road JackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt