„Was möchtest du denn?", fragte Joey als wir das kleine unscheinbare Café betraten. Es roch nach Kaffe und irgendwie auch nach alten Büchern. Die Einrichtung war wild durcheinander gemischt, aber trotzdem passte alles irgendwie zusammen. Ich liebete solche Cafés und würde sie immer einem Starbucksladen, den Joey zuerst ausgesucht hatte vorziehen. „Lass uns doch erstmal hinsetzen", schlug ich vor, „Ich dachte wir holen uns was für to-go", antwortete Joey monoton. Ich lächeltel gequält, „Kannst du ja machen, ich setze mich aber dadrüben hin", ohne ein weiters Wort zusagen marschierte ich auf einen der freien Tische zu, den ich, seit wir eingetreten waren anziehnd fand, er stand ziemlich nah an einem Kamien und hatte zwei einladende Ohrensessel. Eigentlich eine blöde Idee, da ich eigentlich keinen Bock auf Joey hatte, aber auch nicht auf die anderen. Seufzend ließ ich mich auf den einen der beiden Sessel fallen und zog erstmal meine Bundeswehrjacke aus. Der Ohrensessel war noch bequemer als ich es mir vorgestellt hatte. Joey setzte sich nach ein paar Sekunden in den anderen Sessel und ich begann die Karte zu durchstöbern, dabei wusste ich eigentlich schon was ich wollte, konnte ja trotzdem nicht schaden.
„Hallo", begrüßte uns der junge Kellner, „Wisst ihr schon was ihr nehmt?", „Einen Kaffee. Schwarz.", murmelte Joey abwesend und mit einer Laune wie bei Oma unterm Rock. Der Junge nickte und notierte sich den Wunsch auf einem kleinen Blöckchen, „Und du?". „Mhhh also ich würde den Tee hier probieren", lächelte ich ihn an und zeigte mit meinem Finger auf die Karte, er nickte. „Den kann ich nur empfelen", sagte er charmant, griff ohne den Blickkontakt abzubrechen nach der Karte und mit einem „Kommt sofort" machte er sich auf den Rückweg.
„Oh man", war das erste was Joey von sich gab nachdem er weg war. „Was?", „Der Typ ist ein Spast", „Nur weil er seine Laune nicht wie deine, bei Oma unterm Rock ist?", die Antwort war ein genervtes augenverdrehen. „Also", begann er dann nach ein paar Sekunden, „Was hast du jetzt in der Apotheke gemacht?". „Pille danach", sagte ich tonlos und strich mir eine der Haarsträhnen aus dem Gesicht die sich durch den kühlen Novemberwind gelößt hatten, er nickte nur. „Und ein Test", er sah auf, „Naja um ganz sicher zugehen das nichts ist", wieder nickte er, konnte er auch mal was sagen? „Wann hattest du denn zuletzt deine Tage?", ich wurde etwas rot, „Weiß ich ehrlichgesagt nicht genau, ich müsste die aber glaube ich bald bekommen", irgendwie war mir das unangenehm, ich kannte diesen Typen nicht mal. „Und was machen wir wenn der Test positiv ist?", fragte er nach längerem Schweigen. Unsere Getränke waren inzwischen gekommen und standen nun dampfend zwischen uns, ich zuckte ratlos mit den Schultern und rührte mit dem Löffel in meinem Tee rum. „Ich weiß es nicht, aber es wäre sehr ungünstig wenn ein positives Ergebnis rauskommen würde", „Ein wenig sehr ungünstig", ein Seufzer, „Scheiße man!", er vergrub den Kopf in seinen Händen. Ich sah ihn mitleidig an, „Naja sieh es positiv, du trägst das Blag wenigstens nicht aus und hast damit nichts zutun", ich grinste schräg. „Natürlich hab ich was damit zutun!", sagte er entrüstet und ich nahm einen Schluck Tee, der wirklich verdammt gut schmeckte. „Ich bin ja auch dafür verantwortlich!", er nahm ebenfalls einen Schluck und ich konnte sehen das seine Hände zitterten. „Wir sind beide gleich Schuld, aber das wird schon irgendwie und die Schuldfrage ist doch gerade eigentlich ziemlich egal, hauptsache da ist nichts", woher kam diese positive Ader aufeinmal? Doch bevor er etwas sagen konnte klingelte mein Handy, eine unbekannte Nummer, stirnrunzelnd nahm ich ab, „Sekunde", sagte ich an Joey gewandt, „Hallo?".
„Jack?", fragte die vertraute raue Stimme am anderen Ende, die ich gerade aber schwer einordnen konnte. „Jeff?", fragte ich mit einer Mischung aus Erstaunung und Entsetzen, „Ja, Jack. Bitte leg nicht auf!", meine Miene verfinsterte mich und ich umklammerte fester das Telefon. Joey sah mich fragend an, doch ich winkte nur ab. „Und warum sollte ich nicht? Was willst du?", fragte ich mit Verachtung in der Stimme, „Dad ist krank", sagte er ruhig, „Und was soll ich jetzt machen? Gebt ihm was von Ratiopharm dann passt das. Woher hast du überhaupt meine Nummer?", „Von Liam", ich würde ihn umbringen! „Aha", sagte ich nur. „Und mit ein bisschen Hustensaft ist es nicht getan, Dad ist wirklich krank, sonst würde ich nicht anrufen", ich stand auf, „Bin gleich wieder da", sagte ich in Joeys Richtung und ging aus dem warmen Café. „Also was hat er?", fragte ich genervt, nach dem sich die Tür des Cafés geschlossen hatte und zog meinen Sweater fröstelnd fester um mich, „Er hat Krebs", sagte er tonlos. Normalerweise hatte ich auf alles eine Antwort aber jetzt fehlten mir die Worte. „Wo?", fragte ich nach einer kurzen Verabeitung der Information, „Speiseröhre", seine Stimme schien erstickt und es hörte sich fast so an als ob er weinen würde, in mir stiegen aber auch die Tränen hoch, „Scheiße", murmelte ich nur. „Kommst du nach Hause?", fragte er nach einer Pause des Schweigens. „Nein", sagte ich scharf, und wachte wie aus einer Trance auf, „Selbst wenn der Krebs unheilbar wäre würde ich nicht kommen! Ich bin nicht ohne Grund damals ausgezogen!", „Aber...", ich unterbrach ihn, „Nichts aber! Wenn er will das ich da bin, soll er selber anrufen und sich entschuldigen!", „Du bist so Stur! Dein Vater hat eine tödliche Krankheit und du denkst nur...", ich legte einfach auf. Er konnte mich mal! Ich atmete nochmal durch, dann ging ich zurück zu Joey und meinem Tee.
„Wer war das?", „Niemand", er sah mich ungläubig an, „Und wegen „Niemand" regst du dich so auf?", ich schnaubte, „Es geht dich nichts an okay?", „War es dein Freund?", fragte er nekisch. „Verdammt es war mein Bruder, okay! Zufrieden?", ich sah aus dem Fenster an dem jetzt ein paar Regentropfen runter liefen. Völlig durch den Wind griff ich nach der Tasse, bekam sie aber nicht richtig zu fassen und fegte sie vom Tisch. Klirrend ging sie zu Bogen und der Tee verteilte sich natürlich auf meiner Hose, hatte ich aber auch ein Glück heute! „Mist!", ich begann fluchend die Scherben aufzusammeln und natürlich schnitt ich mir auch noch prompt in die Handfläche, „Fuck!". Der nette Kellner von vorhin kam zu uns, „Setz und beruhig dich erstmal, ich mach das schon", er drückte mich zurück auf den Sessel, eine andere Kellnerin kam und untersuchte meine Hand, aber ich bekam das nur wie durch einen Schleier mit. Joey hatte seinen Sessel neben mich geschoben und einen Arm um mich gelegt. Mit einer Servierte wischte er meine Tränen weg.
Wann hatte ich angefangen zu weinen?
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Hit the Road Jack
RandomAuf Tour mit Green Day, kann es schöners geben? Für Jack aufjedenfall.