13.

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„Warte Jack!".

„Was!?", fragte ich gefährlich ruhig, „Es tut mir leid", „Was denn?", ich lehnte mich auf den Griff meines Koffers. „Das du hier überhaupt aufgetaucht bist ohne mir das zu sagen? Oder das du behauptet hast, dass wir zusammen sind? Oder das du mich küssen wolltest?". Er senkte den Kopf, „Alles, ich dachte es ist okay und du würdest dich darüber freuen". Ich schnaubte nur, „Sehe ich so aus?", „Hey, das finde ich jetzt echt unfair!", verteidigte er sich, „Tja, dann hast du halt pech und überleg dir vorher auf wen du stehst. Keine Ahnung was dir Chuck über mich gesagt hat, aber aus uns wird nichts. Kapisch!?". Er nickte traurig, etwas tat er mir ja schon leid, aber anders würde er es nicht verstehen. Immer noch leicht angepisst verließ ich das Hotel und quetschte mich an den Securitys vorbei. Naja ich wollte es eher, denn bevor ich in den Bus steigen konnte, stellte sich mir einer dieser Kühlschränke in den Weg. „Ich muss da rein", erklärte ich ihm ruhig, er schüttelte den Kopf, „Aber ich gehöre zur Vorband", versuchte ich zu erklären. „Das ist ja mal ne ganz neue Masche", langsam verlor ich die Geduld, doch bevor ich ihn irgendwelche Beleidigungen an den Kopf werfen konnte, sagte eine Stimme hinter mir das er mich durch lassen sollte. Natürlich drehte ich mich direkt um, es war Billie und auf dem Gesicht des Sicherheitstypen, das zuerst so überlegen war, spiegelte sich jetzt etwas Unsicherheit ab und er ließ uns passieren. „Warum nicht direkt?", sagte ich im Vorbeigehen nur Kopfschüttelnd.

Im Bus war es recht kalt, was auch kein Wunder war, denn er stand die ganze Nacht draußen rum und es war ziemlich kalt geworden, schließlich war es mitte Oktober. Die fahrt zur Halle war verhältnismäßig kurz und die Bühne stand bereits. Also hieß es für Rico, Markus und mich eigentlich nur noch schnell alles aufbauen und verkabeln, was Markus Hauptaufgabe war. Nach dem wir fertig waren machte Green Day den Soundcheck und dann sollten eigentlich Negative Love drann sein, aber keiner der Jungs hatte Isaac gesehen und er war auch nicht auf dem Handy erreichbar. „Wollt ihr dann nicht später, wenn Isaac wieder da ist?", schlug ich vor, doch Cuck, der darüber ziemlich sauer zu sein schien schüttelte den Kopf,„Nein, du übernimmst jetzt!", seine Stimme war sehr bestimmend, so als ob er keine Wiederrede duldete. „Was? Warte, wie jetzt?", ich sah ihn verwirrt an, „Kannst du bitte kurz für den Soundcheck das Schlagzeug übernehmen?". Er sah mich mit großen Augen an, „Nein Chuck, der Blick funktio...Okay", er war vor mir auf die Knie gegangen, „Aber nur dieses eine Mal!". Gesagt getan, ich setzte mich hinter die Drums und nahm mit zitternden Fingern die Sticks in die Hand. Lange war es her, dass ich richtig gespielt hatte. „Oh man, ihr Arschlöcher schuldet mir was", augenrollend begannen ich, die einzelnen Trommeln und Becken einzustellen und über Handzeichen mit dem Mischer auf die Kanäle zu verteilen. Als nächstes sollten wir ein Lied anspielen, ich war mehr als verunsichert, ich hasste es vor anderen zu spielen, was auch der Grund dafür war, dass ich nie vorher in einer Band war. Außerdem wusste ich nicht genau wie Isaac das immer spielte. Ich hatte die Songs schon tausendmal gehört, so schwer konnte es nicht sein. „Jack, glaubst du, du bekommst Lonely Boy hin?", ich dachte kurz nach, während ich mir mit den Drumsticks den Rücken kratzte. „Ich versuche es einfach mal", Jimmy begann mit dem Intro und ich bekam sogar den Einstieg recht gut hin.

Mehr schlecht als recht brachte ich dann das Lied hinter mich. „So schlecht war das jetzt gar nicht mal", versuchte Jimmy mein Spiel schön zureden. „Es war okay", murmelte ich und legte die Sticks zurück auf die Snare. „Tschuldigung Leute, aber Lisa ging es nicht gut, fangen wir jetzt mit...", er brach ab, als er mich sah. „Aha sehe, ihr habt also schon einen Ersatz gefunden", sagte er Tonlos und sah verletzt in die Runde, dann drehte er sich um und ging. „Ich rede mit ihm", Chuck war der erste der sich lößte und dem riesen hinterher rannte. Der rest von uns stand unsicher rum bis ich vorschlug was essen zu gehen.

„Guck mal ich bin ein Vampire", ich drehte mich lachend mit zwei Pommes in den Mundwinkeln zu den anderen um. Wir saßen zu dritt in einem Mc Donald in der Nähe der Halle und die Stimmung war ausgelassen. „Wie findet ihr meinen Bart?", Jimmy klemmte sich die labbrige Pommes zwischen Nase und Mund und strich mit einer eleganten Geste über die Enden. Spaghetti beobachte immernoch die kleinen Gurkenscheiben aus seinem Big Mac, die am Fenster runterrutschten. Gott weiß woher er das Gras vorhin hatte aber wir waren alle drei total Breit. „Ey...wann müssen wir eigentlich zurück?", fragte ich immernoch grinsend.
„Keine Ahnung", Spaghetti grinste ebenfalls und kuschelte sich an meine Schulter, „Alter was machst du da?". Er lächelte seelig und strich über meinen Pullover, „Der is voll weich", wir lachten alle drei laut los. „Ich weiß es", sagte Jimmy irgendwann mit einer allwissenden Miene und wir sahen ihn gespannt an, „Uuuum drölf". Ich ließ meinen Kopf nach vorne auf den Tisch fallen, „Aua! Der war sau schlecht! Aber jetzt mal im Ernst. Aua!". Ich hob wieder meinen Kopf. „Fuuuuck!", ich sah Jimmy, der mir gegenüber saß verständnislos an, „Scheiße du blutest!". Ängstlich riss ich die Augen auf, „Jetzt ohne Scheiß!?", Spaghetti nickte. „Ich ruf Chuck an!", Jimmys Stimme überschlug sich und ich versuchte nicht zu hyperventilieren. Spaghetti schaute auf die Gurken an der Scheibe, denn er konnte kein Blut sehen.

Etwas später erschien dann ein etwas angepisster Chuck, „Sag mal habt ihr den Arsch offen oder was ist falsch mit euch!? Wir sind in zwanzig Minuten drann". Ich sah ihn leidend an, „Chuck ich blute!", jetzt sah er richtig sauer aus. Das ist Ketchup ihr Amateure!", „Oh", murmelte Jimmy. „Los kommt jetzt, wir haben keine Zeit mehr!", er ging vorraus und wir folgten ihm, nach einer Sekunde in der wir erstmal realisierten wie dumm wir eigentlich waren, aus dem Schnellrestaurant in Richtung Halle.

Nüchtern sah ich nach dem Konzert in den weitläufigen leeren Innenraum, der Halle. Die Fans waren weg und hatten ein Schlachtfeld aus leeren, zertretenen Plastikbechern, Konfetti und etlichen anderen undiffinierbaren Dingen zurückgelassen. Mir war es vorher nie aufgefallen wie schmutzig es nach einem Konzert war. Ein paar Reinigungskräfte begannen mit den Aufräumarbeiten. Mit denen wollte ich sicher nicht tauschen. Gedankenverloren rollte ich ein Kabel nach dem anderen auf und schmiss sie anschließend in eins der Cases. Markus stellte sich neben mich, „Sei froh das Rico nicht mitbekommen hat wie High du vorhin warst", ich zuckte mit den Schultern, „Hat er ja nicht", murmelte ich und schloss den Deckel des Case. „Ich mein ja nur. Sei was das angeht bei ihm vorsichtig. Was Drogen betrifft versteht er keinen Spaß", ich nickte und schob das Case zu den anderen, „Mach ich ja auch nicht oft".

„Feierabendbier?", ich sah Markus fragend an als sich die Klappe des Trucks schloss. „Feierabendbier!", grinste er und wir gingen gemeinsam zurück in die Halle.

Hit the Road JackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt