Ich war schon ganz schrumpelig an den Fingern als ich aus dem Wasser stieg. Eine kühle Böhe fegte durch den Garten, so, dass ich am ganzen Körper Gänsehaut bekam und anfing zu zittern. Gerade als Joey mit einem Handtuch um die Hüfte aus dem Haus marschiert kam und mich frech angrinste. „Schon fertig?", fragte er mit hochgezogenen Brauen ich zeigte ihm als Antwort meine verschrumpelten Finger. „Willst du mit in die Sauna? Da ist es was wärmer als hier draußen". Ich nickte und folgte ihm in das kleine Holzhaus. „Deinen Bikini müsstest du allerdings ausziehen", riet er mir. „Wieso das denn?", fragte ich mit einem etwas zickigen Unterton. Er hob abwehrend die Hände, „Du kannst ihn auch anbehalten.", er zeigte auf die kleinen Bändchen des Kleidungsstück, an deren Enden sich kleine Metallperlen reihten. „Da sind nur neunzig Grad drin und ich hab schon die Erfahrung mit einer Kette gemacht. Das tut höllisch weh. Das Metall heizt sich da drin ja mit auf", das leuchtete sogar ein, war er doch nicht so dumm wie er aus sah. Ich begann also unter dem Handtuch umständlich den, ohnehin schon knappen, Bikini auszuziehen.
Es dauerte etwas bis ich fertig war und hinter Joey in das warme Räumchen eintrat. Die Hitze schlug mir entgegen und ich wusste jetzt schon das ich es nicht lange aushalten würde. Er hatte sich nach ganz oben gesetzt und wirkte sehr entspannt. Ich band mir meine Haare zu einem Dutt hoch damit sie nicht auf meiner jetzt schon schweißnassen Haut klebten. Wir schwiegen uns an und versuchten die Hitze auszuhalten.
„Ich war vorhin bei mir zu Hause", sagte ich irgendwann in die Stille hinein. „In deiner Wohnung?", fragte er mit gerunzelter Stirn, „Nein, da wo ich aufgewachsen bin". Sollte ich ihn von meinem Dad erzählen? Naja war jetzt auch irgendwie zu spät. „Mein Dad ist ja krank und liegt im Sterben.", ich konnte das Fragezeichen in seinem Gesicht förmlich sehen. „Warum bist du dann hier?". Ich zuckte mit den Schultern, „Lange und komplizierte Geschichte", „Ich hab Zeit für lange und komplizierte Geschichten. Was für Krebs hat dein Dad denn?", „Er hat Krebs in der Speiseröhre". „Die ganzen Anrufe, war das deine Familie?", ich nickte und fuhr mir durch die feuchten Haare, „Seit November machen die den totalen Telefonterror und versuchen mich dazu zu bringen, dass ich ihn besuche.", ich machte eine Pause, „Hat ja auch funktioniert", fügte ich noch hinzu. „Warum bist du denn nicht viel früher zu ihm? Oder kommt das in der langen und komplizierten Geschichte vor?". Ich lachte und schlug dann vor, „Ich Versuchs mal mit der Kurzfassung".
Joey nickte, „Also, meine Familie und ich waren schon immer etwas, sagen wir verschieden. Vor allem mit meinem Bruder war es immer sehr schwierig um es nett auszudrücken. Die einzigen die ich wirklich mochte und die immer zu mir standen, waren meine Verwandten aus Deutschland. Mein Onkel und meine Tante. Gerade mit meinem Onkel hatte ich ein sehr gutes Verhältnis bis...", mir viel es schwer es auszusprechen, „Naja bis er bei einem Autounfall gestorben ist. Er war bei der Army und sogar in Afghanistan, er hat die ganze Scheiße überlebt und dann kommt er wegen Glatteis von der Straße ab und stirbt. Das ist jetzt vier Jahre her.". Joey drückte meine Hand um sein Beileid auszudrücken, „Das ganze war der Auslöser das ich dann an dem Weihnachten Hals über Kopf abgehauen bin. Es ist total eskaliert und ich konnte einfach nicht mehr. Ich habe ein Zeit bei verschiedenen Freunden gewohnt, neben der Schule gearbeitet und als ich dann endlich achtzehn war, hatte ich meine erste Wohnung. Die Schule hab ich dann leider trotzdem abgebrochen. In der Phase wo mein Onkel gestorben ist, hatte ich ein kleines Drogenproblem mit etlichen Abstürzen. Wenn Chuck, Jimmy, Spaghetti und Issac nicht gewesen wären, wäre ich heute ganz woanders.".
Joey hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört und Schluckte. „Krass", sagte er, das war erstmal das einzige was er sagte, „Lass uns raus gehen", war das nächste. Tolle Reaktion, aber gut was will man dazu noch bitte sagen?
Wir verließen die Holzhütte und standen in Handtücher gewickelt neben einander, eine kühle Brise strich mir über die Beine und sorgte für eine Gänsehaut am ganzen Körper. „Lass uns duschen gehen", schlug ich vor und wir betraten das Haus.
Ich huschte mit der einen Hand den Bikini festhaltend und mit der anderen mein Handtuch umklammert in das Gästezimmer. Ich duschte mich ab, föhnte mir die Haare und schlüpfte in etwas gemütliches, dann lief ich die Treppe wieder runter ins Wohnzimmer wo Joey bereits in einer Jogginghose und einem Weihnachtswollpullover auf dem Sofa wartete. Vor ihm auf dem Couchtisch standen zwei dampfende Tassen Kakao und ich setzte mich mit etwas Abstand neben ihn. „Das mit deinem Vater tut mir leid", fuhr er das Gespräch von vorhin fort, „Muss es nicht, das ist Karma.". Ich versuchte nicht zu kalt zu klingen, aber das war es was ich empfand, „Bist du dir da sicher? Er ist immerhin dein Vater". Er legte eine Hand beschwichtigend auf mein Bein, doch ich blieb bei meiner Meinung. „Das letze Mal als er für mich ein Vater war ist lange her", erklärte ich mich, „Es ist einfach zu viel passiert. Er hat zu viel getan...oder eben nicht getan, das kann ich ihn nicht verzeihen.". „Was ist denn für dich so schlimm das du diese Meinung von deinem Vater hast?", ich schluckte und griff nach der Tasse Kakao.
„Mein Bruder und ich kamen noch nie gut klar, ein bisschen Streit zwischen Geschwistern ist ja normal, aber das was mein Bruder gemacht hat, hat diese Grenze überschritten. Schlicht und einfach gesagt häusliche Gewalt. Und meine Eltern haben dabei zu gesehen und es als „Kleine Machtkämpfe" unter Geschwistern verbucht", ich trank einen Schluck aus meiner Tasse und genoss den Schokoladen Geschmack auf der Zunge. „Hast du nie mit deinen Eltern gesprochen?", er sah mich traurig an, „Natürlich", „Wie gesagt die haben es abgetan, „Das ist doch dein Bruder der meint das nicht so", „Ich hab keine Zeit für eure Streitigkeiten" oder mein persönliches Highlight war „Dann Wehr dich doch". Das war das einzige was die dazu gesagt haben.", ich schwieg, das Thema nahm mich immer noch sehr mit, Ich hatte schon viel aufgearbeitet, aber eben noch nicht alles. „Schlimm war auch als meine kleine Schwester dazu kam, mein Bruder liebt dieses kleine Biest so sehr, er hat sie immer vor allen beschützt. Wenn wir zu dritt auf dem Spielplatz waren und meine Schwester von jemandem geärgert wurde war mein Bruder sofort zur Stelle, bei mir hat er einfach mitgemacht. Was mein Bruder getan hat ist einfach grausam, aber das mein Vater das alles zugelassen hat finde ich noch schlimmer.".
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Hit the Road Jack
RandomAuf Tour mit Green Day, kann es schöners geben? Für Jack aufjedenfall.