Kapitel 11
Aurelia Bergmann
„Ich wollte nicht gehen.", log ich, mein Blick sehnsüchtig auf die nur fünf Meter entfernte Wohnungstür, vermied es, ihm in die Augen zu sehen. Er musste nicht auch noch mitbekommen, dass ich im Erdboden versinken wollte. Wollte mir nicht noch mehr Blöße geben.
„Nicht?" Ich schüttelte den Kopf ging ein paar Meter über den Flur in Richtung des kleinen Gästebades. „Wollte mich schnell fertig machen.", sagte ich mit dem Blick weiterhin an ihm vorbei.
Prüfend sah er mich an.
„Hast du geheult?", fragte er aus dem Nichts. Er machte einen Schritt auf mich zu, „Deine Augen sind rot.", stellte er fest. Scheiße, war ich erbärmlich. Und er unendlich feinfühlig.
„Sehe morgens immer so aus. Hausstauballergie.", log ich, stieß die Tür zum Bad au, verschwand in dem kleinen Raum und schloss hinter mir ab.
Kurz überlegte ich. Ich würde Zeit schinden, bis er vertieft in sein Frühstück war und dann abhauen. Auf Nimmerwiedersehen. Aus meiner Tasche holte ich meine Zahnbürste und Zahnpasta, ein wenig Make up. Langsam versuchte ich, mich halbwegs herzurichten. Die Klamotten waren die Selben wie am Vorabend, das Make up dezenter. Meine Haare flocht ich zu einem Bauernzopf und als ich fertig mit allem war, saß ich noch fünf Minuten auf dem Klodeckel und dachte über mein Leben nach.
Vielleicht sollte ich es nochmal mit Diät versuchen- es war nicht so, dass ich unsportlich war, im Gegenteil. Ich war durchaus fit. Doch das sah man auf der Waage nicht. Ich war auch selbst schuld, da ich es nicht schaffte, auf eine Vernünftige Ernährung zu achten und da mein Stoffwechsel eine glatte Null war setzte jeder Latte Macchiato an. An manchen Tagen vergaß ich zu essen, da ich so viel Unterwegs war. Schob mir um zweiundzwanzig Uhr Pizza in den Ofen, weil mir einfiel, irgendwann mal essn zu müssen. Ich war selbst schuld an der Situation, auf die Ernährung achten, öfter zum Sport. Ragucci schaffte das scheinbar auch, der stand extra früh auf, zum Training zu fahren.
Vielleicht verschwanden die Kilos, wenn ich mich endlich mehr anstrengte und disziplinierter war. Vielleicht wäre ich dann zufriedener mit mir selbst, vielleicht würde es mich dann nicht mehr so aus der Fassung bringen, wenn mich jemand wie Raphael nackt sah. Wenn ich es schaffte, mich selbst anzunehmen. Doch das fiel mir schwer, seit ich denken konnte- so frech ich sei konnte, genauso unsicher war ich.
Kurz verbarg ich mein Gesicht in den Händen, vermied den Blick in den Spiegel, als ich meine Tasche nahm und zur Tür ging. Leise schloss ich auf, öffnete die Tür einen Spalt und lauscht. Ich hörte Musik aus der Küche und, wie Raphael herumhantierte. Zügig schlich ich aus dem Bad, auf Zehenspitzen tappte ich an der Küche vorbei, warf einen kurzen Blick hinein. Raphael stand mit dem Rücken zu mir an seinem Kaffeevollautomaten, auf dem Herd brutzelte eine Pfanne voller Rührei. Es roch gut und mein Magen meldete sich. Wie war das mit Diät?
An der Garderobe bückte ich mich, um nach meinen Schuhen zu greifen- doch ich griff ins Leere. Meine schwarzen Stieflletten hatten am Vorabend noch neben Raguccis weiß- roten Nikes gestanden. Jetzt standen nur noch seine da. Mir kam ein Gedanke hoch. Dieser Elendige...
Kurz sah ich mich um, meine Schuhe blieben verschwunden. Auf Socken raus in den Regen- ein schönerer Gedanke, als Raphael nochmal unter die Augen treten zu müssen aber eine beschissene Lösung. Ich drückte meine Lippen aufeinander, stellte meine Tasche neben die Gardegrobe und ging unsicher in die Küche. Raphael stand am Herd, rührte noch einmal in seiner Pfanne, ehe er diese anhob und sie zum Tresen herüber trug
Meine Schuh standen fein säuberlich nebeneinander fünf Meter von mir entfernt neben eben diesem. Ich sagte doch- dieser Elendige. Ich hatte sie mit Sicherheit nicht dorthin gestellt.
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In between /RAF Camora
FanfictionAurelia ist eine einfache, junge Frau und sucht nicht mehr, als einen weiteren Job als sie auf Raphael Ragucci trifft. Nach und nach erfährt sie, wer dieser große, athletische Mann, der so selten die Miene verzieht, tatsächlich ist. Und weiß nich...