Kapitel 17

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Kapitel 17


Aurelia Bergmann

Die indirekte Beleuchtung hinter seinem Bett tauchte sein Schlafzimmer in schummriges Licht. Keiner der Beiden bemerkte mich, während ich für einen Moment in der Tür stehen blieb und nicht wusste, was ich denken sollte.

Es war nicht so, als hätte ihr Anblick mich kalt gelassen. Rahel kniete vor ihm, während er sie von hinten nahm. Eine Hand in ihrem langen, dunkeln Haar, die andere an ihrer Hüfte. Raphael drückte sie in die Matratze und kurz fragte ich mich, ob er ihr nicht fast schon weh tat, so fest, wie er stieß. Die ausgeprägte Muskelpartie seines Rückens spielte bei jeder seiner Bewegungen, eine gewisse Anspannung in seinem Körper. Seine Haut schimmerte golden im warmen Licht, durchzogen von der schwarzen Farbe seiner vielen Tattoos.

Ein Anblick der mich für seinen Moment fesselte, als wäre es Stroboskope blitzen Bilder vor meinem geistigen Auge auf, wie ich diejenige war, die vor ihm kniete, die Finger fest in den Laken vergraben. Ich schüttelte den Kopf. Unsinn. Und trotzdem kroch es durch meinen Körper, sammelte sich in meiner Mitte und ich konnte mich weder wegdrehen.

Als hätte er meinen Blick auf sich gespürt wand Raphael in diesem Moment seinen Kopf herum. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte auf jeden Fall nicht, dass seine Mine so völlig unberührt schien. Er fickte Rahel weiter, ohne den kühlen Ausdruck auf seinem Gesicht zu verlieren, als sie lauter wurde, aufschrie, als wäre sie gekommen.

Er sah mir in die Augen, unsere Blicke verhakten sich ineinander. Meine Knie wurden merkwürdig weich, ich lehnte mich an den Rahmen seiner Tür, um Halt zu haben. Ragucci verzog seine vollen Lippen zu einem kleinen Grinsen, nahm den Blick nicht von mir. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust, als wäre mir die Situation gleichgültig, während mein Herz schneller schlug, mein Körper angespannt war und die Erregung begann, in meiner Mitte zu verweilen. Ich drückte die Schenkel zusammen.

Es störte ihn wahrscheinlich tatsächlich wenig, dass ich ihn und Rahel so sah. Vielleicht wieder eine Provokation seinerseits. Er hielt meinen Blick, als sein Körper sich für den Bruchteil von Sekunden anspannte und er derjenige war, der kam. Kein Laut auf seinen Lippen, keine Entspannung der Miene. Einzig ein kurzes Flimmern seiner Lider, feste Stöße in den Körper vor ihm und die Anspannung seiner Muskeln.

Es war ihm egal, wer dort vor ihm kniete, wurde mir bewusst. Es war ihm egal, ob es Rahel war oder irgendeine andere Frau, die in sein Schönheitsideal war.

Ich verschwand aus dem Raum, noch ehe er von Rahel abließ. Mit einem Gefühl in der Brust, welches ich nicht definieren konnte tappte ich die Treppe hinunter. John und Joshi schnarchten hörbar im Gästezimmer- aber ich hätte so oder so nicht zu ihnen zurück gehen können.

Nicht mit dem feuchten String und dem merkwürdigen Gefühl. Barfuß und noch immer nur in dem viel zu großen Loony Tunes – Shirt bekleidet begab ich mich in Raphaels Küche. Es war völlig still, nur der Kühlschrank surrte. Ich schaltete das kleine Licht über dem Herd auf die erste Stufe. Ich wollte es gedimmt und nicht hell beleuchtet. Zögerlich sah ich mich um, keine Ahnung, was ich tun sollte. Rumsitzen und warten, bis ich in der Lage war, mit der Bahn nach Hause zu fahren. Ohne mich zu verabschieden. Wie oft war ich aus dieser verdammten Wohnung schon geflüchtete? Und wie oft war ich zurückgekommen?

Eigentlich rauchte ich seit vier Jahren schon nicht mehr, doch die Schachtel Kippen auf Raguccis Tresen lachte mich in diesem Moment an.

Ich griff dreist danach. Er hatte genug Kohle, eine Kippe würde ihm nicht das Genick brechen. Ich fischte zusätzlich ein Feuerzeug aus der Schachtel hervor, nahm den Aschenbecher mit und ging herüber zum Küchenfenster. Ich öffnete es, schwang mich auf die Fensterbank. Die kühle Nachtluft war angenehm auf meiner Haut, ich starrte auf das nächtliche Berlin. Fast fünf Uhr am Morgen, die Stadt wurde langsam wieder belebter. Die ersten Menschen schlichen zur Frühschicht, die letzten der Partymeuten torkelten zurück nach Hause. Ich liebte diese Stadt.

In between  /RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt