Kapitel 16

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Kapitel 16

Aurelia Bergmann

Wir trafen Raphael und Rahel gute anderthalb Stunden später vor dem Pearl wieder. Er sah ein wenig zerknautscht aus, als er sich bei seinen Freunden für seine Eskapaden im Restaurant entschuldigte. Rahel hingehen schaute missmutig drein, grummelte ein „Sorry" in meine Richtung von dem ich wusste, dass es nicht ernst gemeint war. Ob er es wohl war, der ihr gesagt hatte, sie solle sich bei mir entschuldigen?

Zu mir sagte er nichts weiter, schenkte mir nur ein knappes Lächeln. Aber wenn ich ehrlich war, pfiff ich darauf. Ich hatte Spaß gehabt, in der Zeit, in der er und Rahel nicht da gewesen waren. Böse gucken konnte die ganze Truppe und ein Auftreten, das entgegenkommende Leute die Straßenseite wechseln ließ auch- aber insgeheim waren sie wirklich umgänglich.

Ich mochte John, der neben mir stand, sich einen Joint angezündet hatte, den er brüderlich mit Joshi teilte. Er war absolut nicht der Typ Mann, der mich irgendwie sexuell anzog. Aber einer, der mich menschlich anzog. Er war locker, ein klein wenig asi vielleicht aber wirklich nett.

Seit einer knappen Stunde schon zogen wir es durch, uns permanent im jeweiligen Dialekt unserer Heimatstädte zu unterhalten – John quasselte in feinstem Platt, Agic, Sale und Abudi in einem Wienerisch, bei dem ich froh war, es nicht täglich hören zu müssen und ich ließ meiner Berliner Schnauze freien Lauf. Gerade bei den Wienern passte dieser Dialekt so wenig zum Erscheinungsbild, dass allein drei Worte von Sale mir die Lachtränen in die Augen trieben.

Joshi, Shaho und Hamudi spießten herum und hielten sich raus aus unseren Albernheiten, während Raphael uns ansah, als wären wir nicht mehr ganz dicht, als er kapierte, was wir machten. Dennoch ließ er sich zu einem Lachen hinreißen, spielte das ganze sogar für drei Sätze mit, ehe er sich wieder seiner ernsten Mine besann und seinen Arm um seine Freundin legte, die missmutig dreinschaute. Wir betraten den Club, vorbei an den Türstehern.

Die typische Musik, die typischen Lichter empfingen uns drinnen. Es war inzwischen spät geworden, das Pearl war gut gefüllt. Der Laden war mir vertraut, schließlich stand ich hier regelmäßig hinter dem Tresen. Wusste von den Männern aber keiner und so erntete ich erstaune Blicke, als mein Boss Fabio mich vertraut begrüßte und sich leicht verwirrt über meine Begleitung wunderte.

Fabio war einer derjenigen, die Partys im Club veranstalten, nebenbei war er Rapper- gefühlt schon eine Ewigkeit. Dennoch war B.S.H. nicht das Genre, welches ich mich fasziniertealso kannte ich entsprechend wenig seiner Songs.

„Willst du dich heute mal bedienen lassen, oder was?" Schwarz gekleidet, wie immer, dunkles Haar, Dreitagebart stand er dort und sah uns an, lachte, ehe er Raphael und John begrüßte.

„Wollte deinen langweiligen Laden mal aufmischen.", witzelte ich. Fabio brachte uns zu dem reservierten Tisch in der VIP – Lounge. Eigentlich bediente ich dort und für einen Moment fühlte sich der Seitenwechsel merkwürdig an.

„Der langweilige Laden füllt dein Konto ganz gut.", gab Fabiolachednd zurück. „Wenn ihr was braucht und deine neue Kollegin nicht schnell genug ist- du weißt wo alles steht. Die Jungs sind Ehrengäste.", wies er mich an. Ich schmunzelte. Obwohl ich privat dort war konnte er sich sein Chefgehabe nicht ganz verkneifen. Doch er war anders als Raphael. Er wollte gute Arbeit sehen aber er war immer fair zu uns- und niemals herablassend. Selbst, wenn er Sprüche klopfte wusste man, dass er es nicht ernst meinte.

„Du kennst Reli?", mischte sich dann Raphael ein. Rahel an seiner Hand verzog das Gesicht und warf mir einen vernichtenden Blick zu. Scheiße, was war mit dieser Frau nur los? Ich verstand es wirklich nicht. Hatte ich nicht geglaubt, sie hätte sich halbwegs ein bekommen? Als wäre ich irgendeine Konkurrenz für sie.

In between  /RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt