Kapitel 35

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Kapitel 35

Aurelia Bergmann

„Du scheiß Verräter."

Von hinten umfasste ich Abudis breite Schultern- so breit, dass ich beinahe nicht mit meinen Armen um ihn herum reichte. Er saß auf der Terrasse, auf einem der Gartenstühle und frühstückte. Ich stieß meinen Kopf leicht an seine Schläfe, hörte, wie er lachte.

„Keine Gewalt, Mädchen. Du hattest doch einen Schlafplatz.", sagte er und ich schmunzelte. Er wusste genau, was ich gemeint hatte.

„Ragucci macht sich noch breiter als du.", gab ich zurück. „Ich hab trotz Tablette noch etwas Kopfweh, weil ich so unbequem gelegen habe.", behauptete ich. Raphael, der nach mir auf die Terrasse getreten war und hinter mir stand stieß mich an.

„Dein Kopf dröhnt noch immer, weil du stockbesoffen warst.", erinnerte er mich lachend. Ich seufzte, sah mich kurz um. Ein paar der Jungs dümpelte bereits im Pool herum, bei Abudi am Tisch saßen noch Shaho und die hübsche Brünette, die Abudi in der vergangenen Nacht abgeschleppt hatte. Er ließ sie also tatsächlich zum Frühstück bleiben.

„Hi. Ich bin Aurelia. Ich weiß leider nicht mehr ob wir uns vorgestellt haben." Ich lächelte sie an und sie lächelte durchaus sympathisch zurück.

„Christina.", ließ sie mich wissen. „Wir haben gestern kurz gesprochen." Ihr Akzent war österreichisch und ließ mich lächeln. Ich setzte mich, Raphael nahm neben mir Platz, angelte dabei nach der Kaffeekanne und ohne zu fragen füllte er erst meine Tasse und dann seine eigene.

„Sorry, falls ich mich daneben benommen habe.", sagte ich in die Runde und spürte, dass meine Wangen rot anliefen. „Normalerweise trinke ich nicht so viel, dass es so endet."

„Meine Frau dankt dir für deine Rücksicht." Shaho lachte und ich wollte unter den Gartentisch rutschen um mich zu verkriechen. Das Ganze war mir unangenehm. Vor Raphael aber auch vor allem von Shaho. Schön blamiert hatte ich mich wohl, einfach, weil ich mich hatte gehen lassen. Mit John und Marten. Ich hoffte, dass die Beiden ebenfalls mit Kater in der Ecke lagen.

Raphael füllte mir noch Organgensanft in mein Glas- sehr lieb von ihm. Ich hasste es, Wasser auf einen vom Alkohol angegriffenen Magen zu trinken. Kurz sahen wir uns an, er lächelte knapp. Irgendwo war ich ihm dankbar, dass er sich um mich gekümmert und auf mich aufgepasst hatte. Ich erinnerte mich nur an Bruchteile. Aber ich traute ihm. Dass ich mich stur gestellt hatte war nicht seine Schuld gewesen. Und er hatte die Situation nicht ausgenutzt.

Die anderen hatten Brötchen aufgebacken- tatsächlich hatte ich inzwischen Hunger, machte mir ein Brot und trank mein Glas Saft in einem Zug leer, während Raphael sich halb ernst bei Abudi und Christina dafür entschuldigte, sie in der Nacht gestört zu haben um meine Sachen aus dem Zimmer zu holen.

„Bruder, nochmal und ich erschlage dich.", gab Abudi grimmig zurück, während die arme Christina peinlich berührt auf den Tisch blickte. Sie war schlanker als ich, etwas größer, trotzdem hatte ich ihr Klamotten von mir geliehen. Beziehungsweise Abudi hatte es ihr geliehen, nachdem er gefragt hatte.

„Ihr wart aber auch ziemlich lange im Bett.", meinte Shaho dann nebenbei. Er scrollte auf seinem Smartphone, warf Raphael und mir einen Seitenblick zu, ein verstohlenes Grinsen auf den Lippen. Als hätten wir es abgesprochen zuckten Raphael und ich gleichzeitig die Schultern.

Wach waren wir sicherlich schon anderthalb Stunden- das zweite Mal überhaupt, dass er morgens nicht abgehauen war. Trotz allem- es war beinahe schön gewesen, in seinem Arm aufzuwachen. Weil er so anders war, weil er an sich gearbeitet hatte und seine Besserung wirklich ernst zu meinen schien. Eine ganze Weile waren wir zusammen liegen geblieben, hatten geredet, ein wenig gekuschelt und ich hatte mich wirklich wohl gefühlt bei ihm. Keine Küsse, kein anfassen- wir haben einfach nur zusammen gelegen.

In between  /RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt